Ein feuriger Gentleman: Roman (German Edition)
anfühlten, und zwang sich, weiterzusprechen. »Vielleicht kehren wir einfach grundsätzlich dazu
zurück, wie die Dinge gehandhabt wurden, bevor ich zurückkam. Sie haben alles so gut im Griff gehabt, dass ich es eindeutig in Ihren Händen belassen kann.«
Diese Hände mit der zarten Haut und den schmalen Fingern, die bis dahin unermüdlich Servietten zusammengelegt hatten, verharrten. Er stand fast Schulter an Schulter neben ihr, aber sie schaute nicht hoch, und er konnte keine Reaktion auf seine Worte in ihrem Profil erkennen.
Es war ihm gelungen, dass seine Äußerung ganz sachlich geklungen hatte.
Clarice zog das Schweigen in die Länge, während sie sich nur zu bewusst war, dass er sehr dicht neben ihr stand. Wenn sie nur an sich dachte, war sein Angebot in der Tat verlockend und sogar vernünftig. Wenn sie wieder die Verantwortung trug, würde das das Leben aller hier wieder einfacher machen, bequemer, so wie es vorher gewesen war … aber was war mit ihm?
Sie sah ihn an und merkte, dass sie ihn durchdringend anblickte. »Sie gehen wieder?«
Er hielt ihrem Blick stand.
»Nein.«
Sie nickte und wandte sich wieder der Serviette in ihrer Hand zu … dann zwang sie sich, ihm in die Augen zu sehen.
»Ich will Ihre Stellung nicht. Ich habe keinen wie auch immer gearteten Ehrgeiz, der Herr hier zu sein.«
Er blinzelte, seine Lider mit den unwahrscheinlich langen Wimpern senkten sich über die ausdrucksvollen haselnussbraunen Augen. Dann hob er sie wieder und erwiderte ihren Blick ebenso offen, ebenso ernst.
»Ich möchte Ihre Stellung auch nicht.« Seine Lippen zuckten; sie musste sich Mühe geben, sie nicht anzustarren. »Genau genommen, nach meinem kurzen Abenteuer mit den Damen der Pfarrgemeinde vermute ich sogar, dass, wenn ich Ihre Position
übernehmen würde, mich das binnen einer Woche in den Wahnsinn treiben würde.«
Sie konnte nicht verhindern, dass ihr Mund sich zu einem Lächeln verzog. Sie schaute nach unten und ließ die Serviette auf die Wäsche im Korb fallen.
»Vielleicht…« Er klang unentschieden – unsicher, wie sie reagieren würde. »Im Interesse von Avening könnten wir – Sie und ich – doch eine Übereinkunft treffen.«
Jetzt war sie an der Reihe, erstaunt zu blinzeln. Sie sah ihn an; seine Augen verrieten ihr, dass es ernst meinte, aber wie sie war er sich nicht sicher, wie so eine Übereinkunft – zwischen ihm und ihr – funktionieren würde. Dennoch hatte er ihre Gedanken laut ausgesprochen. Wenn sie es beide wollten, konnten sie vielleicht miteinander auskommen… irgendwie.
»Was hatten Sie im Sinn?« Sie gab sich keiner Illusion hin, wusste, dass er ein arroganter, befehlsgewohnter Herr ihres gesellschaftlichen Ranges war. Allerdings war er nicht so übel wie andere seines Standes, und schließlich war es sein Vorschlag. Sie war nicht bereit, sich aus Prinzip ins eigene Fleisch zu schneiden.
Er betrachtete sie; etwas an dem Ausdruck seiner Lippen, die kühle Geradlinigkeit seines Blickes, versicherte ihr, dass sie mit ihrem früheren Eindruck, dass er sie durchschaute, nicht ganz falschlag. Er schätzte ihre Stärke und wusste, wie eisern ihr Wille sein konnte.
Er hatte ihr ganz bewusst ein Angebot gemacht – und ging noch weiter.
Zum ersten Mal in ihrem Leben war ihr fast ein wenig schwindelig.
Seine Brauen hoben sich nachdenklich.
»Alles, was ich vorschlagen kann, ist, dass wir es drauf ankommen lassen und von Fall zu Fall entscheiden. Sie gehören kaum zu den Leuten, die stumm vor sich hin leiden.« Sein
schelmisch einnehmendes Lächeln blitzte auf. »Und ich auch nicht. Warum probieren wir es nicht einfach und befassen uns damit, wenn es so weit ist?«
Das war die einzig vernünftige Lösung. Sie nickte knapp, wie um ein Geschäft abzuschließen, und hielt ihm die Hand hin. »Einverstanden.«
Sein Blick senkte sich auf ihre Hand und wanderte wieder zu ihrem Gesicht hoch. Seine Finger schlossen sich um ihre. Er hielt sie fest und zog sie mit einer fast anmutigen Bewegung an sich.
Ehe sie nach Luft schnappen konnte, lag sie in seinen Armen, ihr Busen an seiner Brust; ihre Augen weiteten sich, als er den Kopf senkte.
»Einverstanden«, stimmte er zu. Seine Lippen verzogen sich zu einem vollkommen männlichen Lächeln, dann pressten sie sich auf ihre, nahmen sie gefangen.
Vollkommen gefangen. Sie begriff nicht, wie das geschehen konnte, wie er es anstellte, aber in dem Moment, als seine Arme sich um sie schlossen und seine Lippen ihre
Weitere Kostenlose Bücher