Ein feuriger Gentleman: Roman (German Edition)
konnte.
Ihren gemeinsamen Triumph genoss sie auf mehr als nur auf einer Ebene.
Eine Schande, dass Mrs. Connimore sie ausgerechnet in dem Augenblick hatte holen lassen.
Der Gedanke erinnerte sie an Jacks Verletzung, die er geneigt schien, als unwichtig abzutun oder ihr wenigstens nicht viel Bedeutung beizumessen. Sie sah ihn wieder an. Wenn sie nicht zufällig das mit seiner Verletzung mit angehört hätte, hätte sie geschworen, er sei in bester Verfassung, gesund und munter. Selbst jetzt noch konnte sie die Vorstellung, dass er unter einer unheilbaren Erkrankung litt, die tödlich ausgehen würde, ehe er heiraten und einen Erben zeugen konnte, was wiederum Percys Anwesenheit erklären würde, nur als blanken Unsinn abtun.
Was sie mit der Frage zurückließ, ob seine Verwundung doch nicht so schwerwiegend war – das hatte er wenigstens Mrs. Connimore gegenüber angedeutet – und ob sie nicht irgendetwas mit seiner Entschlossenheit zu tun haben könnte, Percy als seinen Nachfolger zu wählen … und möglicherweise lehnte er auch deshalb eine Ehe ab.
Er blieb stehen. Aus ihren Gedanken gerissen, ging auch sie nicht weiter und schaute ihn an. Er hatte sich umgedreht, um den Bach zu betrachten. Sie folgte seinem Blick und stellte fest, dass sie neben dem tiefen Teich im Wäldchen standen, das die Ländereien des Herrensitzes von der Straße und der Brücke trennte. Die Bäume waren gerade erst ergrünt, ihr frisches Blattwerk bildete einen sehr wirksamen Sichtschutz. Das Sonnenlicht fiel durch sie und malte ein Fleckenmuster auf den braunen Erdboden um sie herum und auf den Weg.
Lautes Vogelzwitschern und das Flattern von Flügeln drang
durch die Baumkronen. Das Plätschern des Baches ging an der Stelle in ein Seufzen über, wo er in den tiefen Teich mündete und ruhiger weiterfloss.
»Das hier war mein Lieblingsort als Kind. Ich bin hierhergekommen, um zu angeln, wann immer ich konnte.«
»Allein?«
»Meistens.« Jack blickte zum anderen Ufer, wo die Bäume und Büsche bis zum Wasserrand wuchsen. »Das Dorf ist ein gutes Stück entfernt, und in der Nähe gibt es keinen Bauernhof. Um herzukommen, hätten die Burschen aus dem Dorf über Avening-Land gehen müssen, aber sie hatten Angst vor unserem Jagdaufseher Cruikshanks.«
Neben ihm schaute Boudicca auf die glatte Oberfläche des Teiches.
»Hier ist nur noch selten jemand.« Sie sah zu ihm auf und begegnete seinem Blick. »Ich gehe hier oft entlang. Es ist ein so lieblicher Ort, meistens ist man ungestört.«
Das war genau der Grund, weswegen er sie hergebracht hatte. Er hob die Brauen.
»Sie angeln?«
Ihre Brauen hoben sich noch ein Stück, wirkten noch hochnäsiger.
»Nicht hier, aber ich angele tatsächlich von Zeit zu Zeit.«
Er blinzelte.
»Eine weitere Beschäftigung, die nicht auf der Liste erforderlicher Fähigkeiten für die Tochter eines Marquis steht.«
Sie lachte und drehte sich wieder um.
»Ich habe drei ältere Brüder. Als wir noch Kinder waren, sind sie so oft wie möglich mit ihren Angelruten verschwunden.«
»Und ihre kleine Schwester ist ihnen gefolgt?«
Sie neigte den Kopf.
»Wann immer ich konnte, was häufiger war, als meine
Stiefmutter sich gewünscht hätte. Allerdings war sie einer der Hauptgründe, warum ich überhaupt entkommen wollte.«
»Sie sind nicht gut mit ihr ausgekommen?«
»Nein, aber nicht nur deswegen bin ich Angeln gegangen. Zu ihrer Entrüstung war ich nie sonderlich daran interessiert, eine ›echte kleine Dame‹ zu sein.« Sie drehte sich zu ihm, sah ihm in die Augen. »Und ich war nie klein. Nachdem ich mir ständig anhören musste, dass Angeln nur etwas für Jungen sei, wurde ich nur umso entschlossener, daran Spaß zu haben.«
Jack lächelte. Er fand es nicht schwer, sich eine wesentlich jüngere Boudicca vorzustellen, die entschlossen ihren eigenen Weg durchs Leben ging. Ihm fiel wieder ein, was James ihm über sie erzählt hatte. Es war leicht zu erkennen, dass der Wunsch, selbst über alles zu bestimmen, bei ihr schon früh recht ausgeprägt gewesen war.
Sie ging langsam den Weg entlang, nicht so forsch wie vorher. Er folgte ihr lautlos. Ein Sonnenstrahl fiel durch das Blätterdach und auf ihr Haar; es schimmerte herrlich und brachte den blutroten Granatton in ihrem vollen Chignon zum Leuchten.
Es juckte ihn in den Fingern, seine Hand unter die seidige Haarpracht zu schieben. Er sehnte sich danach, die herausfordernd entblößte zarte Haut in ihrem Nacken zu streicheln, als sie auf den
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