Ein feuriger Verehrer
durchorganisiert. Ich nehme an, dass alles, was auch immer sie im Schilde führen, auf das Sorgfältigste geplant ist. Sie wollten Ihre Aufmerksamkeit, und die haben sie bekommen. Außerdem wollten sie die Aufmerksamkeit der Mächtigen der Stadt, die ihnen ebenfalls inzwischen sicher ist. Ihre Politik jedoch ist für mich nicht schlüssig. Die vier Leute, deren Freilassung sie fordern, vertreten politisch völlig verschiedene Positionen. Deshalb ist das hier wahrscheinlich nur ein Test. Werden ihre Forderungen erfüllt? Ich glaube nicht, dass sie das tatsächlich erwarten.«
»Aber sie haben uns nicht die geringste Verhandlungsmöglichkeit gegeben.«
»Sie wollen nicht verhandeln. Ihr Ziel ist die vollkommene Kapitulation. Die gestrige Zerstörung des Gebäudes war nur eine Demonstration. Dabei wurde niemand verletzt. Sie können also sagen, wir geben euch die Chance, es dabei zu belassen, und gleichzeitig das Unmögliche verlangen.«
»Ich finde absolut keine Verbindung zwischen den vier Leuten auf der Liste.« Eve legte einen ihrer Stiefel auf das Knie des anderen Beins. Sie hatte in der letzten Nacht, während Roarke Cassandra auf der Spur gewesen war, Stunden mit der Suche nach einer solchen Verbindung zugebracht. »Wie Sie bereits sagten, kommen sie politisch aus völlig verschiedenen Lagern. Sie haben keine gemeinsamen Bekannten, sind nicht Mitglieder in irgendwelchen gleichen Clubs. Weder altersmäßig noch persönlich noch bezüglich der Verbrechen, die sie begangen haben, gibt es einen gemeinsamen Nenner. Ich denke also, sie haben diese Namen völlig wahllos rausgepickt. Im Grunde ist es ihnen egal, ob diese Leute freigelassen werden oder nicht. Das Ganze scheint mir ein Ablenkungsmanöver zu sein.«
»Das sehe ich genauso. Aber dadurch wird die Gefahr natürlich nicht geringer. Diese Gruppe nennt sich Cassandra und zieht eine Verbindung zum Olymp, die Symbolik ihrer Namensgebung ist also eindeutig. Macht und Prophetie, vor allem aber ein möglichst großer Abstand zwischen ihnen und normalen Sterblichen, wie wir alle es sind. Sie leben in dem Glauben, besitzen die Arroganz zu denken, sie – oder wer immer diese Leute anführt – wüssten mehr als wir und hätten deshalb die Fähigkeit, uns andere zu lenken. Vielleicht sogar durch gnadenlose, kalte Direktiven wie die alten Götter für uns alle zu sorgen. Sie benutzen uns wie Howard Bassi, wenn wir das Potential besitzen, ihnen von Nutzen zu sein. Und wenn sie mit uns fertig sind, werden wir nach Gutdünken von ihnen belohnt oder bestraft.«
»Und was ist mit dieser neuen Republik, diesem neuen Reich?«
»Natürlich ist es ihr Reich.« Mira kostete den Kaffee und freute sich, als sie entdeckte, dass es die wunderbare Mischung von Eves Gatten war. »Regiert von ihren Dogmen, ihren Regeln, ihren Leuten. Es ist der Ton der Botschaften, der mich mehr stört als der Inhalt. Er verrät eine gewisse Häme. ›Wir sind Cassandra‹«, fügte sie hinzu. »Ist das eine Gruppe oder eine einzelne Person, die sich für eine Gruppe hält? Wenn Letzteres der Fall ist, haben Sie es mit einem klugen und gleichzeitig gestörten Hirn zu tun. ›Wir sind loyal.‹ Wahrscheinlich gegenüber der Organisation und der Mission. Und der Terrorgruppe Apollo, von der Cassandra ihre Fähigkeiten hat.«
»›Wir haben ein langes Gedächtnis‹«, murmelte Eve. »Das müssen sie auch haben. Schließlich wurde Apollo vor über dreißig Jahren zerschlagen.«
»Auffällig sind die ständige Verwendung des Plurals und die kurzen Aussagesätze, gefolgt von politischem Jargon, Propaganda und Anschuldigungen gegen Dritte. Daran ist nichts neu oder auch nur ansatzweise originell. Es war alles schon mal da, und zwar weit früher als vor dreißig Jahren. Aber das heißt nicht, dass ihre Methoden und die Mittel, die sie zur Anwendung bringen, nicht höchst fortschrittlich sind. Ihre Phrasen mögen abgedroschen sein, aber die Art und Weise ihres Vorgehens und ebenso die eingesetzten Waffen sind offenbar hochmodern.
Sie haben sich an Sie gewandt«, fuhr die Psychologin fort, »weil sie Sie respektieren. Vielleicht sogar bewundern, weil sie in Ihnen eine tapfere Soldatin sehen. Und wenn sie gewinnen – und sie gehen davon aus, dass sie das werden –, wird der Sieg durch die Würde ihrer Gegnerin natürlich noch versüßt.«
»Ich brauche das Ziel.«
»Ja, ich weiß.« Mira schloss kurz die Augen. »Ein Symbol. Auch das Ziel muss würdig sein. Ein Ort des ausschweifenden Lebens, haben sie
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