Ein Frauenheld entdeckt die Liebe
dort.“
„Ah, demnach ist das Burgund Ihre Heimat.“
Sie schüttelte den Kopf. „Nein, ich kenne die Gegend kaum. Mamas Familie war mit der Ehe nicht einverstanden. Deshalb haben meine Eltern sich bald eine andere Bleibe gesucht. Wir sind ziemlich häufig umgezogen. Eigentlich fühle ich mich nirgends wirklich zu Hause.“
„Gab es einen Grund für diese häufigen Ortswechsel?“
Das war eine ziemlich taktlose Frage, doch Serena war bereit, sie ehrlich zu beantworten. „Tatsächlich habe ich mir darüber nie Gedanken gemacht“, gestand sie. „Papa sagte, es sei gut fürs Geschäft. Aber vielleicht hat er auch einfach nur gern neue Orte und neue Menschen kennengelernt. Ein solches Leben hat durchaus seine Vorteile. Ich habe in wunderschönen Städten gewohnt. In Wien, Rom, Straßburg und zum Schluss, wie Sie ja wissen, in Paris. Heimisch bin ich allerdings nirgends geworden. Zwar habe ich viele Bekanntschaften geschlossen, aber keine wahren Freunde gefunden.“
„Darf ich fragen, was genau Ihr Vater getan hat?“
Sie zuckte die Schultern. „Er wollte nie, dass ich in seine Geschäfte verwickelt werde.“
„Nun, wie es scheint, hat er recht gut verdient. Sie können sich teuer und geschmackvoll kleiden, wie man sieht. Das Kleid, das Sie gestern trugen, war bezaubernd. Ich gehe doch recht in der Annahme, dass es aus dem Vermögen Ihres Vaters bezahlt wurde?“
Um seine Lippen spielte wieder dieses spöttische Lächeln, das ihr Herz schneller schlagen ließ, während es gleichzeitig ihren Zorn erregte. Er hegte also den Verdacht, dass sie sich aushalten ließ. Dieser Dummkopf! „Sie glauben, ich hätte einen reichen Beschützer?“, erkundigte sie sich. „Vielleicht einen dicken älteren Herrn, dem ich als Gegenleistung für seine großzügigen Geschenke gewisse Freiheiten gewähre?“
Nicholas verspürte einen schmerzhaften und völlig unerwarteten Stich in der Magengegend. Bei Jupiter, er war eifersüchtig! Das war wirklich absurd!
„Dieses Gespräch“, erklärte Serena, die seinen Stimmungsumschwung spürte, „ist einfach lächerlich. In meinem Keller – so sagt man doch? – werden Sie keine Leichen finden. Was halten Sie davon, endlich mit der Arbeit zu beginnen? Ich bin schließlich hier, weil ich diese Papiere brauche.“
„Gut, fangen wir an. Ich erwähnte ja schon, dass es mehrere Geheimgänge und versteckte Räume gibt. Die sollten wir wohl als Erstes untersuchen. Ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus, wenn Sie dabei etwas schmutzig werden. Da sich jahrelang niemand mehr dort aufgehalten hat, außer vielleicht einigen Spinnen und Mäusen, werden wir wohl eine Menge Staub und Dreck vorfinden.“
„Die Vorstellung schreckt mich nicht. Ich habe schon Schlimmeres gesehen. Außerdem hat Papa mir beigebracht, mich nicht albern wie ein kleines Mädchen zu benehmen. Ich werde Ihnen also nicht ohnmächtig in die Arme sinken, selbst wenn wir eine Ratte aufstöbern.“ Sie bemerkte, wie erstaunt Nicholas plötzlich dreinschaute, und fuhr amüsiert fort: „Um Himmels willen, Sie haben doch nicht etwa gehofft, ich könne in ihren Armen ohnmächtig werden? Das tut mir leid … Wenn es sehr wichtig für Sie ist, könnte ich natürlich so tun, als würde ich vor Angst das Bewusstsein verlieren.“
Er lachte. „Das wird nicht nötig sein. Ich will nicht leugnen, dass ich Sie gern in den Armen halten würde. Allerdings ziehe ich es vor, wenn Sie dann bei vollem Bewusstsein sind.“
„Tatsächlich?“ Sie erhob sich und strich ihren Rock glatt. „Bitte, machen Sie sich keine falschen Hoffnungen.“
Seine Augen blitzten auf, aber er erwiderte nichts.
Drei Stunden später schauten Nicholas und Serena sich an und begannen zu lachen. Spinnweben hatten sich in ihrem Haar verfangen, ihre Wangen waren voller Schmutzflecken und ihre Kleidung musste dringend gewaschen werden. Die Papiere allerdings hatten sie nicht gefunden.
Als Erstes hatten sie das Pfaffenloch in der Nähe des Kamins mit den in den Stein geschlagenen Rosen untersucht. Die Tür zu diesem Geheimzimmer befand sich in der Rückwand eines großen Schranks und klemmte entsetzlich. Die Mühe, sie zu öffnen, wurde nicht belohnt. Im Inneren des Verstecks gab es nichts außer Mäusedreck.
Es gab noch ein zweites Pfaffenloch. Dem widmeten sie sich als Nächstes. Man erreichte es durch eine Falltür, die sich öffnete, wenn man an einer Rose drehte, die in die Holzverkleidung der Wand eingelassen war. Nicholas bot an, allein hinabzusteigen,
Weitere Kostenlose Bücher