Ein Frauenheld entdeckt die Liebe
bemerkt.“
„Ach? Sie haben doch behauptet, ein Gentleman zu sein!“
„Ich habe geschwindelt.“
„Sie sind unerträglich!“ Es ärgerte Serena, dass sie schon wieder rot wurde, denn ihre Verlegenheit würde Nicholas gewiss zu weiteren Frechheiten zu ermutigen.
Sie ist bezaubernd, dachte er, vor allem, wenn sie so wie jetzt ein bisschen zerzaust aussieht.
Am liebsten hätte er die Hand ausgestreckt, um die blonde Locke, die sich aus Serenas Frisur gelöst hatte und ihr in den Nacken fiel, zu berühren. Nicht zum ersten Mal stellte er sich vor, wie verführerisch es aussehen würde, wenn ihr Haar ihr offen über Schultern und Brüste fiel, wenn die Brustknospen sich rosarot von der seidigen goldenen Pracht abheben würden, wenn …
Er zwang sich, seine Gedanken auf etwas anderes zu richten. Denn es wäre doch zu peinlich gewesen, wenn irgendwer bemerkt hätte, wie eng ihm seine Hose plötzlich war.
„Wollen wir einen kleinen Spaziergang machen?“, schlug er vor. „Etwas frische Luft wird uns guttun. Das Wetter ist wundervoll heute. Also holen Sie rasch Ihr Hütchen und Ihren Schal. Dann zeige ich Ihnen den Garten, in dem – wie ich Ihnen zu Ihrer Beruhigung versichern kann – um diese Jahreszeit noch keine Rosen blühen.“
Wenig später verließen sie das Haus. Tief einatmend wandte Serena das Gesicht der Sonne zu. „Es ist wirklich herrlich heute.“
„Wir könnten durch den Garten bis zum Fluss gehen. Dort gibt es sehr idyllische Flecken. Und da es nun seit fast einer Woche nicht geregnet hat, müsste der Weg eigentlich trocken sein.“
„Ich wünschte, Sie würden auch Madame LeClerc davon überzeugen. Die behauptet nämlich steif und fest, es hätte seit unserer Ankunft in England unentwegt geregnet.“
„Ach ja, die gute Madame LeClerc. Schnarcht sie immer noch so laut?“
Serena lachte. „Das weiß ich nicht, denn gestern Abend war ich so müde, dass ich sofort eingeschlafen bin. Vorher allerdings fand Madame noch Gelegenheit, mich heftig zu schelten. Sie meinte, mein Vater wäre entsetzt, wenn er wüsste, dass ich derart viel Zeit allein mit einem Gentleman verbringe.“
„Hat sie damit recht?“
„Wer weiß?“ Sie zuckte die Schultern. „Schließlich bin ich auf Papas Wunsch hier. Ich könnte mir allerdings vorstellen, dass er mein Verhalten als unklug bezeichnen würde.“
„Genau wie die meisten anderen Väter. Schließlich ist mein Ruf nicht der beste. Außerdem habe ich Sie schon zweimal geküsst. Und vielleicht habe ich noch Schlimmeres im Sinn.“
„Sie haben versprochen, sich keine Freiheiten herauszunehmen!“
„Ich habe versprochen, mir nur zu nehmen, was mir freiwillig angeboten wird.“
Unter dichten Wimpern hervor schaute Serena zu ihm auf. „Es wäre vielleicht doch besser, wenn ich Madame als Anstandsdame mitbrächte.“
Er lachte. „Gut, dass Sie sich bisher nicht dazu entschlossen haben. Ich könnte sonst womöglich zum Mörder werden.“
„Wenn ich ihre Launen noch lange ertragen muss, bringe ich Madame LeClerc vielleicht selbst um.“ Serena seufzte. „In Paris habe ich sie bewundert, weil sie eine großartige Schneiderin ist. Ihr Charakter allerdings nötigt mir keinerlei Bewunderung ab. Ich wünschte, ich wäre sie endlich los.“
„Wann wird dieser glückliche Umstand eintreten?“
„Erst wenn wir London erreicht haben. Ich muss diese Papiere dort zu einem Anwalt bringen.“
„Und dann? Wie sehen Ihre weiteren Pläne aus?“
„Ich fürchte, ich habe noch keine. Es wird Ihnen vielleicht merkwürdig erscheinen, doch im Moment fühle ich mich wie ein Schiff auf hoher See. Solange mein Papa lebte, lag ich – sozusagen – in einem sicheren Hafen. Und nun weiß ich nicht, wohin ich steuern soll.“
„Ein passendes Bild. Übrigens finde ich die Vorstellung, dass Sie Ihre Segel entfalten, äußerst reizvoll.“
Sie erwiderte nichts darauf. Und eine Zeit lang gingen sie schweigend nebeneinander her. Nicholas hatte ihr den Arm gereicht, und sie war sich der Nähe des attraktiven Gentleman nur allzu deutlich bewusst. Die Atmosphäre während der letzten beiden Tage war entspannt gewesen, auch wenn Nicholas immer wieder versucht hatte zu flirten. Ernsthafte Annäherungsversuche hatte es nicht gegeben – was sehr gut war, wie Serena sich immer wieder sagte. Doch ihr Körper wollte etwas anderes als ihr Verstand. Jedes Mal, wenn Nicholas sie berührte – sei es, weil er ihr etwas in die Hand gab oder weil er ihr so wie jetzt den Arm reichte
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