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Ein fremder Feind: Thriller (German Edition)

Ein fremder Feind: Thriller (German Edition)

Titel: Ein fremder Feind: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Isringhaus
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was Sie meinen«, entgegnete Göring betont leutselig.
    »Ich kenne diesen Mann«, zischte Himmler, ohne sich zu Hansen umzudrehen. »Er ist ein Abenteurer mit wirren Ideen. Warum trägt er die Uniform eines SS-Offiziers?«
    Göring produzierte ungerührt eine Rauchwolke.
    »Weil ich ihn dazu ernannt habe.«
    Himmler beugte sich ruckartig vor.
    »Was haben Sie sich denn dabei gedacht? Sie besudeln damit die ehrwürdigste Gemeinschaft des deutschen Volkes. Den ureigensten Orden des Führers. Die SS ist die Keimzelle eines neuen, rassisch reinen Deutschen Reiches. Solche Subjekte wie er haben darin nichts zu suchen.«
    Hansen hatte geahnt, dass ihn der Reichsführer-SS verachtete. Das war bei ihrer ersten Begegnung spürbar gewesen. Doch Göring ließ sich nicht einschüchtern. Er sah den von ihm erzeugten Rauchschwaden hinterher.
    »Bleiben Sie auf dem Teppich, Himmler. Und vergessen Sie nicht, mit wem Sie reden. Ich ernenne, wen ich will und wenn ich es für angemessen erachte. Obersturmführer Hansen hat sich große Verdienste erworben, was das Deutsche Reich betrifft.Dass vor zwei Tagen meine Burg überfallen wurde, haben Sie ja sicherlich gehört. Zwei der Angreifer hat Hansen im Alleingang ausgeschaltet. Meine Männer haben mir bestätigt, dass er ein Meisterschütze ist. Außerdem verfügt er aufgrund seiner Zeit am Amazonas über pflanzliche und tierische Extrakte, die einen Menschen gefügig machen, so dass man ihm die geheimsten Geheimnisse entlocken kann.«
    »Dann gehört er meinetwegen in irgendeine Forschungsabteilung, aber nicht in die SS«, sagte Himmler scharf. »Schauen Sie ihn sich doch an. So kann man hier nicht ernsthaft herumlaufen. Der Mann sieht aus wie ein Wilder. Er soll aber keine Horde von Primitivlingen anführen, sondern die Elite des Deutschen Reiches. Ich bin mir sicher, dass er keiner rassischen Untersuchung standhält. Wenn Sie ihn in die SS einpflanzen, ist das genauso, als ob Sie einen gesunden Menschen mit einer Krankheit infizieren.«
    Himmlers Impertinenz, mit Göring über ihn in dieser Weise zu reden, als sei er nicht anwesend, machte Hansen sprachlos vor Wut. Nur nicht den Kopf verlieren, dachte er.
    »Lassen Sie sich nicht von Äußerlichkeiten täuschen, Herr Reichsführer«, sagte Göring. »Von Ihnen habe ich wirklich mehr erwartet. Eine neue Frisur ist doch ein Klacks. Dann sieht Hansen so aus wie jeder andere deutsche Soldat. Er ist aber nicht wie jeder andere. Deshalb habe ich entschieden, ihm mit sofortiger Wirkung die Leitung der ›Söhne Odins‹ zu übertragen.«
    Himmler sprang von seinem Stuhl.
    »Das kommt nicht in Frage. Sie lassen mir keine andere Wahl, als den Führer zu informieren, Reichsfeldmarschall.«
    Göring blieb ruhig.
    »Bitte, tun Sie das. Aber der Führer hat mich ausdrücklich darum gebeten, den Spion aufzuspüren, den Ihre Abwehr seit geraumer Zeit unbehelligt gewähren lässt. Und Hansen ist derMann, der diese Aufgabe für mich erledigen wird. Ich glaube nicht, dass der Führer mir da widerspricht. Also setzen Sie sich wieder.«
    Der Reichsführer-SS schien unentschlossen. Göring hatte einen wunden Punkt getroffen. Hansen wagte es, das Wort zu ergreifen.
    »Ich verspreche Ihnen, den Verräter innerhalb kürzester Zeit auszuschalten. Machen Sie meine berufliche Zukunft davon abhängig. Wenn ich versage, lege ich mein Amt sofort nieder.«
    Himmler betrachtete ihn angewidert, setzte sich aber. Göring lächelte. Er hatte gewonnen.
    »Obersturmführer Hansen besitzt außerordentliche Talente, glauben Sie mir. Wir brauchen solche Leute wie ihn, Quereinsteiger, die anders an die Dinge herangehen. Wer sich so lange im Dschungel behauptet, muss über besondere Fähigkeiten verfügen. Sind wir uns einig?«
    »Ich habe meinen Protest formuliert«, sagte Himmler.
    »Und ich habe es zur Kenntnis genommen. Es würde mich freuen, wenn Sie Hansen noch heute dem Führungsstab der ›Söhne Odins‹ vorstellen. Solange der Verräter im OKW sein Unwesen treibt, dürfen wir keine Zeit verlieren.« Göring lehnte sich zurück und blies eine große Rauchwolke gen Zimmerdecke. »Herzlich willkommen in der SS, Obersturmführer Hansen.«
    Am späten Nachmittag wurde Hansen ins Gestapo-Hauptquartier an der Prinz-Albrecht-Straße gebeten. Die »Söhne Odins« belegten dort einen Flur in einem Seitenflügel. Im internen Sprachgebrauch galt die Abteilung als das »elfte Dezernat« – offiziell gliederte sich die Gestapo in zehn Dezernate. Den mystisch-martialischen Namen

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