Ein Freund aus alten Tagen
von dem Obdachlosen, der überfahren wurde? Von Sven Emanuel? Aber der war doch kein … kein Bolschewist, wie Sie es ausdrücken?«
Tilas starrte ihn wütend an. Meijtens erkannte, dass der Kriminalinspektor mehr gesagt hatte, als er eigentlich vorgehabt hatte, und dass Tilas ein Mann war, der die Beherrschung verlor, wenn er wütend wurde.
»Sie können jetzt gehen, aber glauben Sie ja nicht, ich lasse Sie so leicht davonkommen. Ich weiß, dass Sie uns Informationen vorenthalten. Ich werde Bertil anrufen und ihn fragen, was Sie da eigentlich treiben.«
Meijtens sah Speichelspritzer auf dem Tisch. Es gab nichts mehr zu sagen. Tilas machte eine Kopfbewegung in Richtung Tür.
»Ich werde einen der Beamten bitten, Sie hinauszubegleiten.«
Meijtens stand auf. Die Sache würde schlecht für ihn ausgehen, das wusste er. Als er schon die Hand auf die Türklinke gelegt hatte, fragte Tilas: »Kannten Salling und Lindman sich aus Uppsala?« Er klang jetzt ruhiger, aber nicht wirklich freundlich.
»Nein. Lindman hat dort studiert, Salling nicht. Er war in Stockholm.«
»Dann haben Sie sich also einen Überblick über Lindmans Freundeskreis in Uppsala verschafft?«
»Das wäre zu viel gesagt, aber ich habe mit einigen von ihnen gesprochen.«
Meijtens wartete gespannt auf die nächste Frage, aber Tilas war in Gedanken versunken und sah ihn nicht mehr.
Tilas wendete die fünf dicken Scheiben Fleischwurst, die in der Pfanne brutzelten. Er gab auf jede Scheibe einen Löffel Senf, verstrich ihn gleichmäßig mit einem Messer, holte einen Teller und eine Gabel aus dem Schrank und tat sich drei kalte gekochte Kartoffeln aus einer Schüssel im Kühlschrank auf. Als die Fleischwurstscheiben fertig waren, schaufelte er sie auf den Teller und nahm sich ein Glas und eine Dose gekühltes Bier. Anschließend balancierte er alles zum Couchtisch im Wohnzimmer.
Er hätte festhalten können, dass dieses Essensritual, das sich in den letzten zehn Jahren im Großen und Ganzen jeden Abend wiederholt hatte, in Bezug auf Zeitaufwand und Geschirrverschmutzung ein Wunder an Effektivität war, aber Inspektor Tilas hielt nicht viel davon, sich Gedanken über triviale Selbstverständlichkeiten zu machen.
Zum gleichen alltäglichen Ritual gehörte es, die Fernsehnachrichten einzuschalten und die Bierdose pünktlich zur Titelmelodie zu öffnen. Südafrika, neue Sanktionen gegen den Irak und Geschäfte zwischen Banken und Versicherungen. Tilas schob sich ein Stück Wurst in den Mund.
Er schaute den größten Teil der Nachrichten, allerdings eher, um sich beim Essen die Zeit zu vertreiben, weniger aus wirklichem Interesse. Sobald er seine Mahlzeit beendet hatte, schaltete er den Fernseher wieder aus.
Dann holte er das Fotoalbum aus seiner Aktentasche, wo es natürlich nicht hätte liegen dürfen, sondern daheim bei Olof Salling oder vielleicht auch in seinem Büro im Präsidium. Sie hatten es bereits auf Fingerabdrücke untersucht, außer Sallings jedoch keine gefunden.
Tilas schob den Teller von sich und legte das Album auf den Tisch. Es war recht dünn, alles in allem nicht mehr als zehn Seiten. Schwarz-Weiß-Aufnahmen von ernsten und gepflegten jungen Menschen. Jede Doppelseite schien, den Überschriften nach zu urteilen, einer bestimmten Veranstaltung gewidmet zu sein. Der Marsch gegen Atomwaffen England 1960. Die Sommerakademie in Kiew 1962. Und so weiter.
Offenbar stammten sämtliche Fotos von irgendwelchen linken politischen Spektakeln. Nun ja, das passte zu den Büchern und Statuetten, die Salling in seiner Wohnung stehen hatte. Aber das sagte ihm nichts.
Dann kam er zu den Seiten, die aufgeschlagen gewesen waren, als er das Album auf Sallings Couchtisch fand. Der Jugendkongress in Bukarest 1963 . Eines der Bilder hatte sofort seine Aufmerksamkeit erregt. Ein junger Mann in einem Anzug an einem Rednerpult. Er war groß und stattlich und trug die blonden Haare zurückgekämmt. Der Mann war ihm vage bekannt vorgekommen, was von dem kurzen Text bestätigt wurde, den Salling unter das Foto gekritzelt hatte: Erik Lindman hält eine Rede im Plenum.
Tilas spürte erneut, dass seine Wangen vor Wut rot anliefen. Es war natürlich kein Zufall gewesen, dass dieser Meijtens bei Salling herumgeschnüffelt hatte. Er ging irgendeiner Sache nach, die ihm ins Auge gefallen war, als er über Erik Lindman schrieb. Meijtens glaubte anscheinend, dass er ihm wichtige Informationen vorenthalten, ihn aber trotzdem anrufen und aushorchen konnte, wenn es ihm
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