Ein Freund aus alten Tagen
und nach längerem Knutschen beschlossen, eine Spritztour mit der großen Motorjacht der Petrinis zu machen. Nachdem sie eine kurze Strecke gefahren waren, hatten sie versucht, in einem Bootshafen anzulegen, aber der Alkoholrausch und die völlige Unerfahrenheit des jungen Mannes im Umgang mit Booten hatten zu einem Frontalzusammenstoß mit einem vertäuten Segelboot geführt, bei dem ein großes Loch im Rumpf entstanden war.
Sie waren an Land geflohen, und der Junge hatte sich als bedeutend ängstlicher herausgestellt, als sie es jemals für möglich gehalten hätte. Nach einer wirren, betrunkenen Entschuldigung verschwand er vom Tatort und aus ihrem Leben.
Eine Stunde hatte sie gebraucht, um den Weg nach Hause zu finden, wo sie bereits von ihren aufgebrachten Eltern erwartet wurde. Mittlerweile hatte die Wirkung des Alkohols ein wenig nachgelassen, und sie bat bedingungslos und sehr zerknirscht um Entschuldigung. Ja, der Junge sei vorbeigekommen. Doch, sie hätten einiges zu viel getrunken. An diesem Punkt ihres Geständnisses war sie in Tränen ausgebrochen. Damit nicht genug, hatte sie geschluchzt. Sie seien in die Stadt gefahren, obwohl sie wusste, dass sie das gar nicht durfte. Sie hätten im Kungsträdgården herumgehangen und noch mehr Wodka aus einer Flasche getrunken, die er dabeigehabt hätte. Sie deutete an, dass das Ganze weiter gegangen sei, als sie gewollt habe, und deshalb habe sie sich von ihm losgerissen und sei fortgelaufen. Zwischen hysterischen Schluchzern hatte Natalie den Eltern ihre tiefe Reue gezeigt.
Daraufhin hatte ihre Mutter, normalerweise keine Freundin übertriebener Zärtlichkeiten, ihre Tochter in den Arm genommen und sie getröstet. Auch ihr Vater war ruhig geblieben. Er erzählte, dass noch etwas passiert sei. Irgendein Idiot habe die Tatsache ausgenutzt, dass das Haus leer stand, und das Boot gestohlen. Offenbar ein übler Streich, denn das Boot war in einem nahe gelegenen Bootshafen havariert gefunden worden. Natalie hatte geheult und gesagt, sie hätte zu Hause bleiben und aufpassen sollen, aber ihr Vater versicherte ihr, dass das nicht ihre Schuld gewesen sei. Sie brachten Natalie dazu, ihnen hoch und heilig zu versprechen, sich nicht mehr sinnlos zu betrinken und sich nie mehr mit diesem Jungen zu treffen. Beides konnte sie den Eltern guten Gewissens versichern, denn beides hatte sie sich nur eine Stunde zuvor selbst hoch und heilig geschworen. Intuitiv hatte sie gelernt, was viele Menschen niemals begreifen: Wenn du etwas verbergen willst, dann tu einfach so, als würdest du alles erzählen.
Natalie schmunzelte über die Erinnerung und hielt nachdenklich die Teetasse gegen ihr Kinn gepresst.
Ich habe eindeutig das Gefühl, dachte sie, dass du meine Ideen klaust, Johan Rooth.
36 Es war ein ganz normales Büro. Meijtens wusste nicht, was er erwartet hatte. Ein fensterloses Vernehmungszimmer und eine Lampe, die ihn blendete?
Es schien ein Raum zu sein, den derzeit niemand benutzte. Auf dem Schreibtisch lag eine dünne Staubschicht, die Regale waren leer, und es gab kein Telefon. Der einzige Gegenstand auf dem Tisch war ein Kassettenrekorder. Im Übrigen hatte man ihm klargemacht, dass es sich um keine regelrechte Vernehmung handelte.
Tilas schaltete den Kassettenrekorder ein und sprach ins Mikrofon: »30. Oktober 1990, 16 Uhr 30. Gespräch mit Tobias Meijtens.« Er ließ sich zurücksinken und blinzelte Meijtens an. »Dann fangen wir mal an. Was haben Sie bei dem verunglückten Olof Salling im Treppenhaus gemacht?«
»Wie gesagt, ich wollte mit ihm über linke Bewegungen in den Sechzigerjahren sprechen. Um Hintergrundinformationen zu bekommen. Er hatte sich bei mir gemeldet und gesagt, er verfüge über gewisse Informationen.«
Er sagte es mit einem Schulterzucken. Tilas zog einen Notizblock heraus und zeigte ihn Meijtens. In einer krakeligen und ein wenig altmodischen Handschrift stand darauf: Tobias Meijtens anrufen! Tilas sagte nichts, aber Meijtens nahm an, dass es Sallings Block war. Deshalb hatten sie also vorgehabt, ihn zu suchen.
»Hatten Sie vorher schon einmal mit Salling gesprochen?«, fragte Tilas.
Meijtens nahm das schwach surrende Geräusch des Kassettenrekorders wahr. Eine Umdrehung, zwei Umdrehungen, drei Umdrehungen.
»Vor ein paar Tagen. Aber er wollte mir noch mehr erzählen. Er hat mir eine Nachricht hinterlassen.«
Er spürte, dass sein kurzes Zögern ein Fehler gewesen war. Tilas konnte sich ein schiefes Lächeln nicht verkneifen.
»Sie
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