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Ein Freund aus alten Tagen

Ein Freund aus alten Tagen

Titel: Ein Freund aus alten Tagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magnus Montelius
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kann.«
    Meijtens ließ Listons Antwort im Raum hängen. Schließlich sagte er leise: »Und was für Verletzungen hatte er? Ich meine diejenigen, die euch aufgefallen sind, die aber nichts mit seinem Sturz zu tun hatten.«
    Liston schraubte nervös an einem Stift und starrte auf den Schreibtisch. »Verdammt, Meijtens, du kannst das nicht schreiben. Ich darf eigentlich überhaupt nicht mit dir reden, das weißt du genau. Sprich mit dem ermittelnden Kriminalinspektor.«
    »Ich werde nichts schreiben, ohne die Bestätigung einer zweiten Quelle zu haben. Das verspreche ich dir.«
    »Kannst du mir versprechen, etwas nicht zu verwenden, wenn ich es dir im Vertrauen erzähle? Off the record , wie ihr sagt?«
    »Sicher, und wenn es interessant ist, besorge ich mir eine zweite Quelle. Versprochen.«
    Liston biss sich auf die Unterlippe und studierte seinen Stift dabei mit noch größerer Intensität. Seine eintönige Stimme war fast beängstigend sachlich.
    »Der Mann wies eine ganze Reihe von Verletzungen auf, die nicht mit seinem Sturz zusammenhingen. Schlecht verheilte Frakturen von Rippen und Mittelhandknochen. Charakteristische Narben nach Verbrennungen durch Zigaretten. Auch nach Schürfwunden, als wäre er über unebenen Grund geschleift worden. Platzwunden nach stumpfer Gewalt gegen Hinterkopf und Jochbein.«
    Liston blickte zu Meijtens auf. »Meiner vorläufigen Einschätzung nach sind einige dieser Verletzungen viele Jahre alt, während andere neueren Datums sind. Ich schließe das unter anderem aus dem Aussehen der Narben.«
    Er machte eine ausgedehnte Pause, als überlegte er, ob er weitersprechen oder es dabei belassen sollte. Schließlich sagte er mit derselben klinischen Stimme: »Ich glaube, dass dieser Aron Bektashi systematisch gefoltert worden ist, und zwar über einen längeren Zeitraum hinweg oder zumindest in mehreren Phasen seines Lebens.«
    »Wie sicher bist du dir?«
    »Ziemlich sicher. Einige Verletzungen lassen sich einfach nicht durch Unfälle erklären, zum Beispiel die Kombination einer Fraktur des Schulterblatts und von Narben in der Haut am Rücken. Er muss systematisch und schwer misshandelt worden sein. Manche Verletzungen sind ganz offensichtlich ohne medizinische Hilfe verheilt.«
    Meijtens machte sich schweigend Notizen.
    »Das ist wohl im Grunde das Bemerkenswerte«, meinte Liston.
    Meijtens lehnte sich zurück und studierte ihn aufmerksam. Anschließend schob er langsam Stift und Notizbuch in seine Jacketttasche.
    »Und weiter?«
    »Wie meinst du das? Warum soll es denn noch etwas geben?«
    »Ich weiß, dass da noch etwas anderes ist, das sehe ich dir an. Ich kenne dich.«
    Liston starrte demonstrativ aus dem Fenster.
    »Ich weiß nicht, wovon du sprichst. Das ist nicht mehr mein Fall, ich habe ihn den Rechtsodontologen übergeben.«
    »Und warum?«, erwiderte Meijtens schnell.
    Liston erklärte umständlich und etwas wirr, welche gerichtsmedizinischen Prozeduren wann angewendet wurden. Meijtens erinnerte sich an früher, als es hieß, dass Liston niemals lüge: Wenn er nicht mit der Wahrheit herausrücken wollte, gab er einem nur unverständliche Antworten.
    Plötzlich wurden sie dadurch unterbrochen, dass die Tür aufschwang und eine junge Frau in einem flatternden, untadelig weißen Kittel eintrat.
    »Ich habe die Untersuchung gemacht, um die du mich gebeten hast, Henrik.« Sie sprach Englisch mit einem starken osteuropäischen Akzent. »Es steht zweifelsfrei fest, er muss …«
    Liston fiel ihr ins Wort.
    »Das hier ist Tobias Meijtens, er ist … hm, wie soll ich mich ausdrücken …«
    Liston rutschte auf seinem Stuhl herum. Anscheinend wollte er sie davor warnen, zu viel zu erzählen, aber gleichzeitig nicht offen aussprechen, dass Meijtens Journalist war.
    »Meijtens ist ein Freund von mir und arbeitet nicht hier«, erklärte er schließlich.
    »Elena«, sagte sie mit einem höflichen Lächeln zu Meijtens, der eine Verbeugung andeutete.
    »Elena kommt aus Jugoslawien, nun ja, Mazedonien, sollte ich wohl sagen. Sie arbeitet in der Rechtsodontologie. Ich dachte, es wäre sinnvoll, sie angesichts des geografischen Aspekts hinzuzuziehen.« Listons Augen flackerten. »Wir schauen uns das später an, Elena, mein Freund wollte gerade gehen, und ich muss ihn hinausbegleiten.«
    »Okay, ich lege dir die Ergebnisse hin.«
    Sie ließ eine Aktenmappe auf Listons Tisch fallen. Als sie fast schon wieder im Korridor war, drehte sie sich noch einmal um.
    »Kommst du und stößt mit uns auf

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