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Ein Freund aus alten Tagen

Ein Freund aus alten Tagen

Titel: Ein Freund aus alten Tagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magnus Montelius
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Vergangenheit?«
    Noch eine Pause. »Wie meinen Sie das?«
    »Gab es irgendeinen Grund dafür, dass er ausgerechnet nach Schweden abgehauen ist?«
    »Warum hätte er in Albanien bleiben sollen?«, lautete Tilas’ Gegenfrage.
    »Ich meine, gibt es irgendwelche speziellen Umstände, derentwegen er sich gerade nach Schweden abgesetzt hat? Hatte er eine Verbindung zu Schweden? Verwandte in Stockholm?«
    Tilas murmelte etwas, was Meijtens als ein Nein interpretierte.
    »Hat die Obduktion andere Umstände ergeben, die …«
    Aber Tilas hatte bereits aufgelegt.

7 »Ich darf deine Fragen nicht beantworten. Das weißt du.« Liston ließ zwei Finger über die Schreibtischkante gleiten.
    Meijtens dachte, dass er immer noch derselbe gehemmte Junge war wie damals, als sie zusammen in die Schule gingen, auch wenn mittlerweile Dr. Henrik Holmström an der Tür stand.
    Den Spitznamen Liston hatte er bekommen, als er ein schüchterner Fünfzehnjähriger war, ein schwieriges Alter, in dem er offenbar hängen geblieben war. Liston hatte nicht die geringste Ähnlichkeit mit dem alten Schwergewichtschampion, trotzdem gab es für den Namen eine gute Erklärung. Damals war er bis über beide Ohren in das schönste Mädchen der Schule verliebt gewesen, ein Mädchen, das sich so hoffnungslos jenseits seiner Reichweite befand, dass der bloße Gedanke lächerlich war. Er brauchte Jahre, um das nötige Selbstvertrauen aufzubauen, um sie anzusprechen. Das klappte dann allerdings erstaunlich gut – bis er sich bückte, um ein paar Bücher aufzuheben, die ihr hinuntergefallen waren. Als er sich aufrichtete, schlug sein Kopf in einem lupenreinen Uppercut gegen ihr Kinn. Für den Rest des Schuljahres hatte sie eine Bandage um das Kinn tragen und Liston seither mit seinem Spitznamen leben müssen.
    Sein Büro in der Gerichtsmedizin war vollgestopft mit Berichten, Zeitschriften und Büchern. Durch die schmutzige Fensterscheibe rieselten so wenige Sonnenstrahlen herein, dass seine Schreibtischlampe das meiste Licht im Raum verströmte.
    »Wir berichten der Polizei, und die äußert sich in den Medien«, sagte er, ohne den Blick von der Schreibtischkante zu heben.
    »Hier sind keine Medien, hier bin nur ich.«
    »Du gehörst zu den Medien«, erklärte Liston.
    »Ich werde dich nicht zitieren, ich brauche bloß ein paar Hintergrundinformationen, um zu wissen, ob ich auf der richtigen Spur bin.«
    »Das klingt für mich eher wie eine redaktionelle Frage. Ich bin Gerichtsmediziner, kein Redakteur.«
    Meijtens machte geduldig eine Pause. »Habt ihr die Identität des Mannes festgestellt?«
    Liston sagte nichts, kratzte stattdessen an einem unsichtbaren Fleck auf dem weißen Ärmel seines Kittels. Meijtens wartete. Es gefiel ihm nicht, einen alten Freund unter Druck zu setzen, aber am Ende gab er auf:
    »Okay, ich weiß, dass er einen albanischen Pass hatte, vor ein paar Tagen nach Schweden kam und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein albanischer Staatsbürger namens Aron Bektashi war.«
    »Dann schreib das doch in deinem Artikel.«
    »Ich frage mich nur«, fuhr Meijtens fort, »ob ihr seine Identität und die Todesursache zweifelsfrei klären konntet. War es ein Unfall oder ein Selbstmord? Hatte er Alkohol im Blut?«
    Liston schnaubte. »Erstens, eine Identifizierung findet mithilfe von Angehörigen oder des Zahnschemas statt, und im vorliegenden Fall haben wir weder Zugang zu dem einen noch dem anderen. Richtig? Was die Frage Unfall oder Selbstmord betrifft, sind die Verletzungen, wie du sicher begreifen wirst, in beiden Fällen die gleichen. Alkohol? Nur geringe Mengen.«
    »Dann hat ihn also der Sturz umgebracht?«
    Liston erkannte, dass er zu viel gesagt hatte.
    »Ja, das stimmt. Aber darüber hinaus sage ich nichts mehr.«
    »Mir ist da gestern etwas durch den Kopf gegangen. Es kommt mir relativ schwierig vor, an dieser Stelle versehentlich hinunterzufallen, zumindest wenn man nüchtern ist. Aber Selbstmord? Warum flieht jemand bis nach Schweden, um dann nach Stockholm zu fahren und sich umzubringen?«
    Liston befeuchtete seine Lippen und zuckte mit den Schultern. »Solche Spekulationen stehen natürlich in keiner direkten Verbindung zur Gerichtsmedizin, aber ich verstehe durchaus, was du meinst.«
    »Weist der Körper noch andere Verletzungen auf außer denen, die er sich bei dem Sturz zugezogen hat?«
    »Das kommt darauf an, was du meinst. Jedenfalls keine Verletzungen, zu denen es unmittelbar vor dem Sturz gekommen sein

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