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Ein Freund aus alten Tagen

Ein Freund aus alten Tagen

Titel: Ein Freund aus alten Tagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magnus Montelius
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politische Ansichten?«
    Aber Rebecka Wester interessierte sich offenbar nicht mehr für Natalies Fragen. »Wie meinen Sie das?«, fragte sie mit einem Blick zur Tür.
    »Wusste Laurén von Sonias Vergangenheit bei Veritas und ihren früheren Sympathien für den Kommunismus? Glauben Sie, dass Sonia ihm davon erzählt hat?«
    Für einen Moment schien Rebecka Wester ihre Verärgerung darüber, nicht pünktlich abgeholt zu werden, zu vergessen und musterte Natalie mit einer Miene, die zwischen Erstaunen und amüsiertem Interesse pendelte. Sie runzelte die Stirn, und es zuckte in ihrem Mundwinkel.
    »Meine Liebe, Sie scheinen da ein paar Dinge gründlich missverstanden zu haben.«
    Meijtens stöhnte und öffnete eine weitere der abgewetzten Dokumentenmappen. Mittlerweile war er der einzige Besucher im Archiv der sozialdemokratischen Partei, wo er den ganzen Tag verbracht hatte. Der eifrige Archivar kam vorbei und beugte sich über ihn. Meijtens stieg ein leichter Schweißgeruch in die Nase.
    »Ich finde es wirklich toll, dass sich ein Forscher für den Nachlass Richard Salmqvists interessiert. Das wurde aber auch wirklich Zeit.«
    Er strahlte wohlwollend. Meijtens lächelte tapfer und kehrte zu seiner Lektüre zurück.
    Es war Jakubs Idee gewesen. Nichts konnte seinen alten Doktorvater davon abhalten, seine Suche in den Archiven fortzusetzen. In seinen energischen, wenngleich etwas unorganisierten Nachforschungen zu Carl Wijkmans und Sonia Terselius’ Karrieren glaubte er auf einmal ein Muster zu erkennen. Beide hatten bei unterschiedlichen Gelegenheiten mit dem freundlichen Beistand Richard Salmqvists eine neue Stufe auf ihrer Karriereleiter erklommen. Salmqvist, erläuterte Jakub, war selbst nie in die wirkliche Machtelite aufgestiegen, wenn man von ein paar Jahren als Staatssekretär und dem Posten des Botschafters in Helsinki absah. Allerdings war er ein Trapezkünstler der Macht innerhalb der sozialdemokratischen Partei gewesen: ein Handelsvertreter, was kleine Gefälligkeiten betraf, und ein einflussreicher Lobbyist, bevor das Wort überhaupt existierte. Ein Apparatschik von der Sorte, die Jakub zutiefst verachtete.
    »Er hat seine komplette private Sammlung von Dokumenten dem Archiv der sozialdemokratischen Partei vermacht«, hatte Jakub bei einer Tasse Automatenkaffee im Institut begeistert verkündet. »Für die Erforschung von Seilschaften der Macht dürfte sie eine wahre Fundgrube sein.«
    Meijtens hatte ihm sanft widersprochen.
    »Hör mal zu, mein skeptischer Freund.« Jakub hatte ungeduldig auf der Tischplatte getrommelt. »1969 wird Wijkman Salmqvists Assistent im Industrieministerium, eine Stelle, für die er nicht die geringste Sachkompetenz mitbrachte. Ein halbes Jahr später tritt Sonia einen hochrangigen Posten beim Justizminister an, einem von Salmqvists Freunden und Vertrauten.«
    Jakub fuhr fort, Zusammenhänge und Indizien herunterzuleiern, aber Meijtens kamen sie alle ein wenig weit hergeholt vor.
    »Du meinst also, dass Salmqvist diesen geheimnisvollen Tristan aktiv unterstützt hat, dass er ein Teil der Verschwörung war?« Meijtens war es nicht gelungen, seine Skepsis zu verbergen.
    »Nein, nein, nein, hör mir zu. Salmqvist gehörte innerhalb der Partei zum rechten Flügel, nichts deutet in diese Richtung. Aber irgendwie haben unsere Freunde Kontakt zu Salmqvist bekommen, und daraufhin haben ihre Karrieren neuen Schwung bekommen. Er hat völlig ahnungslos Tristan unter seine Fittiche genommen. Die Posten, auf die sie es abgesehen hatten, die Projekte, an denen sie arbeiteten, die Ratschläge, die sie gaben. Alles kann uns zur Antwort auf die Frage führen, wer von ihnen Tristan war. Und solche Informationen könnte es durchaus in seinem Nachlass geben.«
    Meijtens war einverstanden gewesen, den Tag mit den nachgelassenen Papieren dieses Mannes zu verbringen, allerdings weniger aus Begeisterung über Jakubs Idee, sondern eher in Ermangelung einer anderen Spur. Jakub musste sich nach seiner Abwesenheit in der vergangenen Woche bei der Institutssitzung blicken lassen und konnte ihn nicht begleiten.
    Schon bald stellte Meijtens fest, dass Richard Salmqvist ein Langweiler allererster Güte gewesen war. Meijtens glaubte zu verstehen, warum er nie Minister werden konnte, weil er einfach nicht fernsehtauglich war. Seine Korrespondenz und seine persönlichen Stellungnahmen waren von einem phantasielosen Beamtenstil durchzogen, der so pedantisch war, dass er nach der ganztätigen Auseinandersetzung

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