Ein Freund aus alten Tagen
warum das Schriftstück für die Bankartikel benötigt wurde. Er hatte pausenlos gearbeitet und wäre wahrscheinlich wegen Unterzuckerung in Ohnmacht gefallen, wenn sich nicht eine freundliche Bankangestellte seiner erbarmt und ihm einen Teller mit Keksen ins staubige Archiv gebracht hätte.
In der Redaktion hatte Natalie Petrini die Kopien dann mit einem zerstreuten Kopfnicken und einem kaum hörbaren »Danke schön« in Empfang genommen, aber Meijtens hatte alle Aufforderungen, sich darüber aufzuregen, ignoriert. Es war auch nicht schlimmer gewesen, als für Jakub zu arbeiten, und er hatte wirklich größere Probleme als Natalie Petrini.
Erneut studierte er die handschriftliche Notiz auf dem Zettel vor sich. Sven Emanuel hat angerufen. Weder ein Nachname noch eine Telefonnummer, außerdem waren zwei Tage vergangen, bis die Mitteilung ihn schließlich erreicht hatte.
»Ich habe gedacht, das wäre ein Irrer«, hatte Monica mit einem Schulterzucken gesagt. »Außerdem wusste ich nicht, wie lange du noch hier sein würdest.«
Ohne einen Nachnamen würde es viel Zeit in Anspruch nehmen, einen Penner ohne festen Wohnsitz zu finden, und Meijtens war es nicht gelungen, seinen Chef davon zu überzeugen, dass er weitere Zeit in einen Artikel über den Mann aus Albanien investieren musste.
»Es ist schon verlockend, dir ein Rechercheobjekt zu geben, das bereits tot ist. Aber ich sehe da einfach keine Story.«
Meijtens ließ den Blick über das Redaktionsgewimmel schweifen. Die Mitarbeiter standen in kleinen Gruppen zusammen und diskutierten die Kränkungen der vergangenen Woche und die Sonderausgabe der kommenden Woche, die das neue Europa zum Thema hatte. Er war in nichts davon eingebunden. Sein Aushilfsvertrag endete bereits in vier Wochen, bis dahin war Die vergangene Woche seine Aufgabe. Keiner erwartete mehr von ihm. Trotzdem gingen ihm zwei Dinge durch den Kopf: eine Bemerkung, die eine junge Rechtsodontologin hatte fallen lassen, und eine Äußerung, die ausgerechnet von Sölvebring gekommen war.
9 Das Asylbewerberheim Vilanda war genauso trostlos, wie Meijtens es erwartet hatte. Der Leiter war ein hagerer Mann mit schütterem Haar und flackerndem Blick.
»Wir wissen im Grunde nichts über Aron Bektashi, nur dass er so hieß und aus Albanien stammte.« Er blätterte in einer Akte, die vor ihm auf dem Schreibtisch lag. Sie enthielt nur zwei Blätter, wovon das eine die Kopie eines Passes war.
»Er wurde letzten Mittwoch hergebracht und verließ am Donnerstagmorgen um halb acht das Haus, um einen Spaziergang zu machen.«
Der Leiter las die Informationen von einem handschriftlich verfassten Blatt in der Akte ab. Offenbar war Bektashi direkt aus Albanien gekommen, um Asyl zu beantragen, hatte aber angegeben, keine Verbindungen zu Schweden zu haben.
»Hat er mit jemandem gesprochen?«
»Wir hatten geplant, ihn diese Woche zu befragen. Außer praktischen Informationen durch den Spätdienst hat es keine weiteren Kontakte gegeben.«
»Ist ein Dolmetscher hinzugezogen worden?«
Der Leiter machte eine kurze Pause und kratzte sich am Kinn. »Wenn ich es richtig sehe, sprach er ausgezeichnet Englisch.«
»Hat er mit anderen Asylbewerbern geredet?«
Der Mann zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung, mit seinen Landsleuten, nehme ich an.«
»Sind hier Albaner?«
»Nur eine Handvoll.«
»Könnte ich mit ihnen sprechen? Um zu hören, was er ihnen gesagt hat?«
Der Leiter strich sich wieder über das Kinn und runzelte die Stirn. »Nun ja, wir verhindern natürlich keine Kontakte der Asylbewerber zur Außenwelt, das gilt auch für Journalisten. Aber das geht natürlich nur, wenn sie auch wollen.«
»Selbstverständlich. Können wir sie nicht einfach fragen?«
Der Leiter der Unterkunft nickte widerwillig. »Ich will mal sehen, ob ich einen von ihnen erwische.«
Meijtens wartete einen Moment im angrenzenden Zimmer, bevor er schnell zurückging und die braune Akte holte. Im Flur fand er einen Kopierer und nickte den anderen Mitarbeitern freundlich zu, während er die Kopie von Aron Bektashis Pass unter der Abdeckung platzierte und auf den grünen Knopf drückte. Er hatte die Akte gerade zurückgelegt und sich wieder hingesetzt, als der Leiter ihn holen kam.
Sie gingen zum Innenhof des Heims, wo einige Asylbewerber Basketball spielten und eine Gruppe von Afrikanern intensiv diskutierte. Die meisten standen jedoch nur herum und warteten auf absolut nichts.
»Wir haben hier lediglich fünf Personen aus Albanien, drei
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