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Ein Freund aus alten Tagen

Ein Freund aus alten Tagen

Titel: Ein Freund aus alten Tagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magnus Montelius
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natürlich recht, aber irgendwie auch nicht.«
    Schweigend gingen sie nebeneinanderher. Aus den umliegenden Gärten der Eigenheimsiedlung schlug ihnen der Geruch von Äpfeln entgegen. Eine Katze zwängte sich vor ihnen unter einem Zaun hindurch.
    »Aber bevor er aufbrach, kam er doch zu Ihnen, oder? Um Ihnen zu erzählen, dass er eine Weile fort sein würde?«, fragte Meijtens schließlich.
    »Sicher, das hat er getan. Das hat er tatsächlich getan.«
    Meijtens wollte nachhaken, aber sein Instinkt riet ihm, sich zurückzuhalten, und seine Geduld wurde belohnt, als Åke Sundström weitererzählte.
    »Er kam spätabends zu mir. Wir saßen in der Küche, tranken Wein und sprachen über alte Zeiten, als wäre nichts passiert. Als hätten wir uns niemals über seine Karriere, seine Freunde und das, was in seinen Augen meine allgemeine Apathie war, gestritten. Er war wieder ganz der alte Erik. Es kam einem fast so vor, als wollte er vergessen machen, was vorgefallen war, als bereute er, was er gesagt hatte. Plötzlich hat er verkündet, dass er eine Weile verreisen werde und nicht wisse, wie lange er fort sein würde. Eventuell zwei Wochen, vielleicht auch Monate, womöglich noch länger. Er meinte, es gebe da etwas, was er tun müsse, etwas, was er herausfinden müsse.«
    Er verstummte und wirkte wieder gequält.
    »Und wohin wollte er fahren?«, erkundigte sich Meijtens, und zu seinem Erstaunen lachte Åke Sundström. Es war ein kurzes, tonloses Lachen.
    »Aus heutiger Perspektive mag es verrückt erscheinen, aber ich habe ihn, ehrlich gesagt, nicht gefragt. Sie finden das vielleicht ein wenig seltsam, aber das ist noch gar nichts dagegen, was die Beamten vom Staatsschutz zu dem Thema gesagt haben. Aber so lief das zwischen Erik und mir. Trotz allem, was geschehen war, kannten wir uns so gut, dass wir irgendwie nicht jedes Detail ausdiskutieren mussten. Ich dachte, wenn er mir hätte erzählen wollen, wohin die Reise gehen würde, dann hätte er das schon getan. Und damit war die Sache für mich erledigt. Erik war es wichtig, mir zu sagen, dass es kein Gerede geben durfte, wenn er fort war. Keine Fragen, keinen Aufstand. Er würde zurückkommen und mir dann mehr erzählen. Das wiederholte er immer wieder. ›Ich komme zurück, und dann erkläre ich dir alles.‹«
    Sundströms Blick verfinsterte sich, aber seine Stimme klang weiter ruhig und beherrscht. »Das Ganze war schon ein bisschen merkwürdig und melodramatisch. Ich hätte nie gedacht, dass er für immer verschwinden würde. Aber wenn Erik wollte, dass es möglichst wenig Gerede um ihn gab, dann sollte es eben so sein.«
    »Aber dann wurde doch eine Menge geredet«, sagte Meijtens leise.
    Er war jetzt in der Rolle des Souffleurs, ermunterte Sundström eher, als dass er ihm Fragen stellte.
    »Allerdings«, bestätigte Åke Sundström.
    »Wenn ich es richtig sehe, war es seine Freundin, die …«
    Aber Åke Sundström überhörte Meijtens’ Einwurf. »Als seine Verlobte Sonia aus ihrem Urlaub in der Provence zurückkam, war auf einmal der Teufel los.« Das Wort Provence sprach er mit einer affektierten weiblichen Oberschichtstimme aus.
    »Sie fand das Nest ohne ihren Zeitungsboten mit doppeltem Universitätsabschluss vor, rief die Polizei und drehte durch. Ich versuchte, sie zu beruhigen, aber ich war ihr immer schon ein Dorn im Auge gewesen, und was ich ihr zu sagen hatte, interessierte sie nicht. Åke war doch nur dieser bescheuerte Kumpel von Erik aus Nordschweden, der sich nicht vorstellen konnte, dass ihm etwas zugestoßen war. Ich erzählte ihr, was er an jenem Abend zu mir gesagt hatte, aber als sie es endlich begriff, hat etwas oder jemand sie davon überzeugt, dass Erik in Gefahr war und alle Mittel und Wege eingesetzt werden müssten, um ihn zu finden. Als die Zeitungen dann Wind von der Sache bekamen, konnte man das Thema Diskretion natürlich vergessen. Auf einmal war er ein Spion, der womöglich hinter den Eisernen Vorhang geschlüpft war. Ständig riefen die Zeitungen und die Polizei bei mir an, es war ein Zirkus ohne Ende.«
    »Aber hatte er seiner Verlobten nicht dasselbe mitgeteilt, dass er verreisen würde und sie sich keine Sorgen machen und es nicht an die große Glocke hängen solle?«
    »Das war ja gerade der Mist«, rief Åke Sundström. »Ich habe ihn an dem Abend natürlich auch gefragt, ob er vor ihrer Abreise nach Frankreich mit ihr gesprochen habe. Er meinte, dazu sei er nicht mehr gekommen, aber er habe dafür gesorgt, dass sie es

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