Ein Freund aus alten Tagen
Kopf. »Ich bin kein Angehöriger des Staatsschutzes, sondern in anderer Funktion für unsere Nachrichtendienste tätig.«
»Beim militärischen Geheimdienst?«
Hansson lächelte. »So könnte man es formulieren. Aber ich denke, das braucht uns nicht weiter zu interessieren.«
Meijtens sagte nichts, ahnte jedoch, welche Abteilung Hansson meinte. Er würde sich darum bemühen müssen, diese Details auf andere Art bestätigt zu bekommen.
»In Ihren Artikeln haben Sie Informationen zitiert, die früher in der Presse über Lindman standen. Aber wissen Sie, das Bild, das die Zeitungen damals zeichneten, umfasste nicht alles, was uns bekannt war. Die Medien haben sich auf die eingeschränkten Informationen berufen, die wir ihnen gegeben hatten, und wir stellten lediglich die Fakten bereit, die uns absolut notwendig erschienen.«
»Dass Erik Lindman der Agent war, den man bereits als Student angeworben hatte, damit er die schwedische Staatsverwaltung infiltrierte?«
Hansson nickte. »Es dürfte ein offenes Geheimnis sein, dass Schweden immer schon mit anderen westlichen Nachrichtendiensten zusammengearbeitet hat, und von Zeit zu Zeit bekommen wir von dieser Seite Tipps zu Bedrohungen für unsere Sicherheit. Anfang der Sechzigerjahre tauchten Informationen auf, nach denen der KGB unter linksgerichteten Studenten im Westen Agenten rekrutierte. 1964 erhielten wir dann von den Holländern einen konkreten Hinweis. Ein als Diplomat getarnter KGB-Mann war in Den Haag übergelaufen. Sie hatten ihn in eine klassische Falle gelockt: Eine junge Frau, die für den niederländischen Geheimdienst arbeitete, hatte ihn verführt und schnell von der Vortrefflichkeit der westlichen Demokratien überzeugt.«
Er blieb stehen und blickte aufs Wasser hinaus. Vielleicht überlegte er, wie viel er Meijtens erzählen konnte.
»Schon bald stellte sich allerdings heraus, dass er nur ein kleiner Fisch war, der herzlich wenig zu erzählen hatte. Ein Laufbursche. Aber einen kleinen Krümel hatte er anzubieten: Er sollte nach Schweden versetzt werden, um dort als Kontaktmann eines jungen schwedischen Agenten zu arbeiten. Er hatte knappe Instruktionen bekommen, denen zufolge es darum ging, dem verantwortlichen KGB-Mann in der Botschaft als eine Art Mädchen für alles zur Hand zu gehen. Der schwedische Agent sollte in den nächsten Jahren noch nicht aktiv genutzt werden, sondern erst nachdem er eine Position mit Einblick in die Staatsverwaltung erreicht hatte. In erster Linie würde es also darum gehen, den Rettungsring zu spielen, falls etwas schiefgehen sollte, und ansonsten abzuwarten. Ob nun zu Recht oder zu Unrecht – jedenfalls bildete dies in den Augen des KGB-Mannes einen Rückschritt in seiner Karriere, und seine Verbitterung darüber war einer der Gründe dafür, dass er überlief.«
Sie hatten das Ufer bei Smedsudden erreicht, und Hansson wartete, bis eine Frau mit einem Foxterrier an ihnen vorbeigegangen war. Er warf einen kurzen Blick über die Schulter.
»Wie sich herausstellte, wusste er darüber hinaus sehr wenig. Im Prinzip nur so viel, dass es sich um einen jungen Schweden handelte, dem eine glänzende Zukunft prophezeit wurde. Und seinen Decknamen: Tristan. Ein Deckname sagt uns natürlich nichts, wir können nicht einmal sicher sein, dass es sich um einen Mann handelt, weil der Agent Tristan genannt wird. Wir konnten nur bedauern, dass die Holländer davon nichts wussten, bevor er überlief, denn sonst hätten sie ihn vielleicht als Doppelagenten benutzen und er hätte uns direkt zu Tristan führen können. Trotzdem gab es ein paar Dinge, denen wir nachgehen wollten, auch wenn wir das Netz etwas weiter spannen mussten.«
»Wie meinen Sie das?«
»Der Staatsschutz hat sich auf informellem Wege mit – nun ja, mit der speziellen Sektion innerhalb des Generalstabs in Verbindung gesetzt, für die ich damals arbeitete. Wir verfügten zu der Zeit über erstklassiges Material zur Teilnahme der Kommunistischen Partei an internationalen Kongressen und zu möglichen Fällen von Industriespionage.«
»Sie meinen die Personenkarteien des Staatsschutzes, in denen Menschen mit kommunistischen Überzeugungen registriert wurden?«
»Nennen Sie es, wie Sie wollen. Ich selbst bin immer der Meinung gewesen, dass wir keine Überzeugungen registrieren, sondern Handlungen.«
Meijtens wischte die Wortklaubereien ungeduldig beiseite, ihm war wichtig, dass Hansson weitererzählte.
»Mit dem Ausgangspunkt, dass Tristan ein junger Akademiker
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