Ein Freund aus alten Tagen
Gang gesetzt habt. Offenbar begreifst du nicht, welche Risiken es mit sich bringt, wenn eine Story nur auf losen Theorien basiert. Das ist höchst bedauerlich.«
Meijtens merkte, dass Natalie aufstand und ihre Hand auf seine Rückenlehne legte. Sie wollte etwas sagen, aber Rydman hob die Hand und sprach weiter.
»Du wolltest das Gesamtbild kennenlernen, und das sollst du bekommen. Ich habe ein außerordentliches Treffen für dich arrangiert. Aber vorher möchte ich dir Folgendes einschärfen: Dieses Treffen darf in unserer Zeitung niemals zitiert oder auch nur erwähnt werden. Sollte deine Anstellung bei 7Plus enden, gilt dieses Verbot auch über das Ende deiner Beschäftigung bei uns hinaus. Das sind die Regeln, verstanden?«
»Mit wem sollen wir uns treffen?«, fragte Natalie.
»Die Übereinkunft gilt nur für Meijtens«, antwortete der Chefredakteur, ohne sie anzusehen.
»Ausgeschlossen, so etwas Absurdes habe ich ja noch nie gehört. Außerdem können wir nicht akzeptieren, dass …«
Aber Meijtens unterbrach sie. »Ist schon okay. Ich bin einverstanden.«
Natalie stampfte mit dem Fuß auf. »Scheiße, Tobias, kapierst du nicht, was die vorhaben?«
Es blieb unklar, auf wen sich ihre Worte bezogen. Wahrscheinlich meinte sie, dass der mysteriöse Informant lieber mit einem unerfahrenen Journalisten wie Meijtens als mit ihr sprechen wollte, wenn er seine Version der Ereignisse schilderte.
Nun mischte sich sogar Bertil Andersson ein und versuchte gemeinsam mit Natalie Rydman davon zu überzeugen, dass dies keine gute Idee war.
Aber Meijtens hatte sich auf eine Art vorbereitet, die Natalie und Bertil Andersson niemals nachvollziehen können würden. In seinen Nächten im Taxi und bei unzähligen Diskussionen mit Jakub. Durch seine unveröffentlichten Artikel aus Berlin und die Grübeleien nach Sjöhages Selbstmord. Es interessierte ihn nicht die Bohne, warum Rydmans Kontakt verlangte, mit Meijtens unter vier Augen sprechen zu dürfen. Er wollte einfach nur hören, was dieser mysteriöse Mann zu sagen hatte.
»Ich mache es.« Meijtens gelang es irgendwie, Bertil und Natalie zu übertönen, ohne die Stimme zu heben. Sie verstummten und starrten ihn verblüfft an.
»Es spielt keine Rolle, warum er verlangt, mich allein zu treffen«, fuhr Meijtens fort. »Wenn das seine Bedingung ist, haben wir ohnehin keine andere Wahl. Oder?«
Rydmans Blick begegnete für ein paar Sekunden dem von Meijtens, dann hob der Chefredakteur den Hörer ab und wählte eine Nummer.
Tilas bückte sich und öffnete die unterste Schreibtischschublade. Nach einem schnellen Blick zur Tür holte er die drei Mappen heraus, die unter einem Heftapparat und einer drei Tage alten Zeitung lagen.
Natürlich sollten sie dort nicht liegen. Es ging darin um Dinge, mit denen er sich nicht beschäftigen durfte, es waren Kopien, die er nicht hätte anfertigen sollen. Verhaltensregeln, die genauso strikt waren wie die Forderung, jede Woche zu diesen Treffen zu gehen, die Geheimniskrämer zu informieren und sich nicht mit abgeschlossenen Mordermittlungen zu befassen.
Er öffnete die erste Mappe – scheinbar so zerstreut wie ein Mann, der in einer öffentlichen Bibliothek Zeitung liest. Er studierte die Liste der Dinge, die Sven Emanuel zum Zeitpunkt seines tragischen Unfalls bei sich getragen hatte. Eine Decke, ein paar Kleider, einige Zeitungen. Eine Büchse Sardellen, geöffnet. Eine Konservendose Ravioli, ungeöffnet. Die Kleider, die er am Leib trug.
Zu dem Punkt gab es ein interessantes Detail. Die stinkende Jacke hatte eine Innentasche gehabt, die Sven Emanuel offenbar immer mit einer Sicherheitsnadel verschlossen hatte. Eine wenig überraschende Maßnahme für einen paranoiden Mann, der auf der Straße lebte. Als sie seine Leiche fanden, war die Sicherheitsnadel allerdings geöffnet gewesen und hatte lose an der leeren Tasche gehangen. Was sich als Wertsachen bezeichnen ließ, war in eine Außentasche gestopft worden.
Dies hatte das Interesse des verantwortlichen Kriminaltechnikers geweckt, der Tilas vorgeschlagen hatte, dass es sich um einen Raubüberfall handeln könnte. Jemand hatte den Mann überfahren, nach Geld gesucht, seine geheime Innentasche gefunden und alles, was nicht verwertbar war, in Sven Emanuels Außentasche gestopft. Zu diesem Zeitpunkt hatte Fahlén den Fall jedoch bereits zu den Akten gelegt und wollte nichts von neuen Ausgangspunkten hören. »Kein Mensch überfährt einen Penner, um ihn anschließend auszurauben«,
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