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Ein Freund aus alten Tagen

Ein Freund aus alten Tagen

Titel: Ein Freund aus alten Tagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magnus Montelius
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immer, die Informationen waren jedenfalls sensationell.«
    In ihrer Nähe kreischte über ihnen eine Möwe. Meijtens blickte auf das Wasser und den kleinen Bootshafen hinaus, denn er hatte gemerkt, dass Hansson offener sprach, wenn sie keinen Augenkontakt hatten.
    »Es gab einen hochrangigen Spion in Schweden, der seinen sowjetischen Kontakten streng geheime Informationen von entscheidender sicherheitspolitischer Bedeutung übergeben hatte. Sorokin waren unter anderem topaktuelle Angaben über Schwedens Kurs bei den Verhandlungen vor dem KSZE-Abkommen zugespielt worden, Informationen, zu denen nur eine begrenzte Zahl von Beamten im Außenministerium und in ein paar anderen Ministerien Zugang hatte.«
    Er wandte sich Meijtens zu und betrachtete ihn ernst.
    »Ich erzähle Ihnen das nicht, damit Sie eine tolle Schlagzeile bekommen, im Gegenteil. Ich will vermeiden, dass Sie dummes Zeug verbreiten, das wir anschließend dementieren müssen.«
    »Das habe ich begriffen.«
    Ein Bootsbesitzer kam, um nach einem der großen Motorboote zu sehen, die noch an dem Anleger vertäut lagen. Hansson verstummte kurz, sprach jedoch weiter, sobald der Mann außer Hörweite war.
    »Wir konnten schnell ermitteln, dass der Spion ein Beamter an der schwedischen Botschaft in Moskau sein musste, und bestellten ihn zu einem Gespräch nach Stockholm. Aber dann muss irgendetwas schiefgegangen sein, denn noch ehe wir dazu kamen, ein ernstes Wörtchen mit ihm zu reden, tauchten in den Illustrierten Informationen über seine, sagen wir, über seine Neigungen in der Jugend auf. Aber ich nehme mal an, die Geschichte ist Ihnen bekannt.«
    »Henric Stiernspetz. Er nahm sich das Leben.«
    Hansson seufzte.
    »Ja, es war wirklich eine scheußliche Geschichte. Ich denke, der Grund für seine Tat waren die Zeitungsartikel. Wir hatten doch nicht einmal ein erstes Gespräch über Sorokins Anschuldigungen geführt. Mithilfe der Polizei gingen wir darüber hinaus der Möglichkeit nach, dass jemand ihn ermordet hatte. Wir dachten, die Russen hätten ihn vielleicht zum Schweigen bringen wollen, aber das war nicht der Fall. Aufgeschnittene Pulsadern in der Badewanne, die Tür von innen abgeschlossen. Ein glasklarer Selbstmord.«
    Meijtens sah Hansson erstaunt an. »Heißt das, Sie glauben, dass Stiernspetz mit Tristan in Verbindung stand? Mit Erik Lindman?«
    »Nicht wirklich. Aber Sorokin versorgte uns auch mit Informationen zu Tristan, und die Tatsache, dass er uns half, Stiernspetz zu enttarnen, zeigte, dass er eine glaubwürdige Quelle war.«
    Er machte eine Pause und schien ein weiteres Mal abzuwägen, wie offenherzig er sein konnte.
    »Sorokin hatte eine Zeit lang einer Einheit angehört, deren Aufgabe in der Infiltrierung der Friedensbewegungen und anderer linker Gruppierungen im Westen bestand. Dabei war er in Kontakt zu Informationen des schwedischen Agenten Tristan gekommen. Er wusste nicht, wer sich hinter dem Decknamen verbarg, erinnerte sich jedoch an erstaunlich viele Details aus den Berichten, die er über Tristans russischen Führungsoffizier bekommen hatte. Tendenzen innerhalb der schwedischen Linken und Veritas, Leute, die potenziell mit dem Kommunismus sympathisierten, aber kein Parteibuch besaßen. Dinge dieser Art. Natürlich nicht besonders sicherheitsrelevant, fast schon Klatsch und Tratsch. Interessant aber insofern, als es typisch für das war, was Erik Lindman berichtet haben könnte.«
    »Er und Hunderte andere«, wandte Meijtens ein.
    Hansson streckte den Rücken. »Aber Sorokin verfügte über weitere Informationen zu Tristan. Nachdem er an der Universität von Uppsala von einem ihrer Talentscouts ins Visier genommen worden war, wurde er bei einem sogenannten Friedenskongress in Bukarest angeworben. Das war für uns der Schlüssel, da es das Feld der Verdächtigen entscheidend eingrenzte.«
    Hansson muss kurz vor seiner Pensionierung stehen, dachte Meijtens. Ein Überlebender in den Fluren des Geheimdienstes, unberührt von Machtwechseln und Skandalen. Die Namen der Abteilungen änderten sich, das Handwerk dagegen nicht, und der Mann, den er vor sich hatte, war einer von denen, die es ausübten.
    Meijtens erkannte plötzlich, dass die Enttarnung von Erik Lindman und Stiernspetz vermutlich seine größte Lebensleistung war. Vielleicht war er in seinen Kreisen eine lebende Legende. Vielleicht wurde in der Welt der Nachrichtendienste ehrfurchtsvoll über Hansson getuschelt oder wie auch immer sein richtiger Name lauten mochte. Vielleicht

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