Ein frivoler Plan
geschah mit Oswalt?“
„Nichts. Ich vermute, sie handelten mit den Behörden aus, seine Teilnahme zu übersehen. Als die Behörden erschienen, bestand Oswalt auf das Exil als meine Strafe. Das Ganze wurde so schnell entschieden, dass Peyton nicht rechtzeitig einschreiten konnte. Ein paar Tage zuvor war er zu einem Anwesen nicht weit von London entfernt gefahren, um sich um geschäftliche Angelegenheiten zu kümmern, und so erhielt er die Nachrichten nicht rechtzeitig.“ Paine zuckte die Achseln. „Nicht dass ich seine Hilfe gewollt hätte. Ich war damals zu eigensinnig.“
„Nur damals?“, neckte ihn Julia.
„Frechdachs.“ Paine lächelte. „Das ist die Geschichte. Ich denke, Oswalt hatte Angst vor dem, was passieren könnte, wenn ich in London bliebe und die Gelegenheit bekam, zu berichten und den Fall wieder vorzutragen. Daher sorgte er dafür, dass ich fortgeschickt wurde.“
„Das ist schrecklich.“ Julia seufzte. Sie schien besorgt.
„Es ist die Wahrheit. Du solltest wissen, dass das, was zwischen deinem Onkel und Oswalt geschah, kein Einzelfall ist. Der Mann hat jahrelang, still und unauffällig, Adlige ruiniert. Und noch viel länger stellt er unschuldigen Mädchen nach.“
„Ich kann nicht glauben, dass niemand etwas dagegen unternommen hat.“ Julia schüttelte ungläubig den Kopf.
„So ist es in der Gesellschaft. Wenn wir darüber reden, verleihen wir der Sache Gewicht. Wenn wir es nicht beachten, existiert es nicht.“ Paine stützte die Hände auf die Oberschenkel. „Aber das ist nicht meine Art, Julia. Deswegen will ich dir helfen.“
Julia lächelte ihn an. „Und deswegen lasse ich es zu, dass du mir hilfst.“
„Du lässt es zu, ja?“
„Ja, ich lasse es zu.“
Paine zog seine Taschenuhr hervor und klappte den Deckel hoch. „Und meine Brüder auch, wie ich hoffe?“
„Warum ist das wichtig?“ Julia sah ihn neugierig an.
„Weil sie meiner Rechnung nach ungefähr eine Stunde hinter uns sein müssten.“
„Ihr hättet mich unter keinen Umständen allein zurückfahren lassen, oder?“
„Nein, du hattest nie eine Chance“, bestätigte er, obwohl er den wahren Grund dafür noch nicht gern zugeben wollte, nicht einmal sich selbst gegenüber. Die Vorstellung, sich schließlich doch verliebt zu haben, war zu neu und zu fremdartig für ihn. Er würde etwas Zeit brauchen, um sich mit der Vorstellung anzufreunden, dass Julia Prentiss dauerhaft seine Zuneigung gewonnen hatte.
15. KAPITEL
Nach zwei Tagen Fahrt in einem schaukelnden Wagen erwartete sie endlich Dursley House leuchtend im Dämmerlicht des Sommers. So einladend das Stadthaus auch aussah, so wirkte es auf Julia auch einschüchternd mit seinen vier Stockwerken hoher Fenster. Dursley House bedeutete einen großen Schritt fort von dem Heim, das ihr Onkel am Rande von Belgravia gemietet hatte, das gerade noch als angesehenes Viertel gelten konnte.
Julia warf Paine einen sehnsüchtigen Blick zu, als er ihr aus der Kutsche half. Sie wusste, es war wichtig, dass sie sich in Dursley House aufhielt, aber das hinderte sie nicht daran, mit Paine allein sein zu wollen. Am liebsten wäre sie mit ihm in seinem Haus in der Brook Street gewesen, nur sie beide allein, wo sie alles andere, den ganzen Rest der Welt, ausschließen konnten. Sie fragte sich, ob er genauso empfand.
Paine schien ihre Gedanken lesen zu können. „Wir müssen an deinen Ruf denken“, sagte er ernsthaft, und sie hörte auf, ihn so anzusehen. Wann war er zum Tugendwächter geworden? Ganz gewiss nicht letzte Nacht im Gasthaus. Er hatte den angemessenen Zeitpunkt kaum abgewartet, ehe er in ihr Zimmer kam, obwohl er dabei sehr leise gewesen war, um Cousine Beth im Vorzimmer nicht zu wecken oder Peyton nebenan.
„Mein Ruf?“ Julia musste sich zwingen, den Mund wieder zu schließen. „Ich dachte, es ginge darum, meinen Ruf zu ruinieren?“
„Das stimmt, aber wir können die Gesellschaft nicht offen vor den Kopf stoßen, solange wir unter dem Dach meines Bruders wohnen. Denk daran, für die Öffentlichkeit sind wir ein Fall von Liebe auf den ersten Blick. Meine Tante Lily wird genau wie Cousine Beth in Dursley House wohnen, also wird alles legitim aussehen und weniger wie ein Junggesellenhaushalt.“
Sie stiegen die Stufen hinauf, und an der Tür begrüßte sie der Butler. Hinter ihnen traten Peyton und Crispin ein. Im Vorübergehen stellte Peyton leise dem Butler eine Frage. Tante Lily erwartete sie in dem weitläufigen Foyer und sah ganz wie die Dame
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