Ein ganz besonderer Sommer
als sie sich von ihren Eltern verabschiedete. „Drückt uns bloß die Daumen, dass alles glatt geht und wir nicht die Vorstellung schmeißen oder uns bis auf die Knochen blamieren!“
„Ach was! Zottel und du, ihr schüttelt so was doch aus dem Ärmel“, versuchte Onkel Paul sie zu beruhigen.
„Ich fürchte, da täuschst du dich, Zottel ist auch schon ganz nervös.“
„Ja, weil er spürt, dass du so aufgeregt bist!“, rief Simon, der hinter dem Pony die Ladeklappe schloss. „Na komm, steig ein. Wenn er sieht, dass du mitfährst, wird er sich beruhigen.“
„Moment!“ Bille schlüpfte schnell noch einmal in den Hänger und umarmte ihren vierbeinigen Liebling. „Reg dich nicht auf, mein Schatz! Zusammen schaffen wir beide das, das ist doch wohl klar, oder? War doch gelacht!“ Schnell steckte sie ihm noch ein Leckerli zu. „Hier, das beruhigt.“
Zottel sah Bille an, dann blickte er vorwurfsvoll auf den leeren Platz neben sich.
Bille lachte. „Ach so, das ist es! Wir sind seit Jahren nicht mehr allein weggefahren, du hast Recht. Aber diesmal bist du der Star, Black Arrow und die anderen müssen zu Hause bleiben. Es geht ganz allein um dich und mich.“ Zottel schien zu verstehen. Jedenfalls brummelte er seiner Freundin zufrieden nach, als sie ihn jetzt verließ, um neben Simon im Wagen Platz zu nehmen.
Schneller als gedacht erreichten sie ihr Ziel. Beppo erwartete sie wie versprochen an der Stelle, an der sie auf eine kleine Nebenstraße abbiegen mussten, um zum Gut Buchshausen zu gelangen. Simon hatte den Wagen kaum zum Stehen gebracht, da riss Beppo die Tür auf und ließ sich hinter Bille auf den Rücksitz fallen.
„Gott sei Dank, dass du da bist! Ich habe echt Angst gehabt, dass was dazwischenkommen könnte!“, keuchte er. „In einer halben Stunde fängt die Probe an. Hier ist das Textbuch, es sind nur ein paar Sätze.“
„Was denn, Text sagen muss ich auch noch?“ Bille sah ihn entsetzt an.
„Ach, das ist nicht der Rede wert. Du wirst sehen, das ergibt sich alles ganz natürlich aus dem Ablauf der Geschichte. Du musst die Sätze ja nicht singen.“
„Singen! Das fehlte gerade noch.“
„Vielleicht will Simon das ja lieber machen?“, schlug Beppo vor.
Bille grinste. „Nö. Jetzt will ich’s wissen. Zottel wird mich schon nicht im Stich lassen.“
Das Schloss Buchshausen sah aus, als spiele es die Hauptrolle in dem Stück. Der imposante viereckige Bau aus rotem Backstein, mit Türmchen und Erkern an allen Ecken und einer großen Toreinfahrt, von der aus man in einen gepflasterten Innenhof kam, ließ den Betrachter an ein Dornröschenschloss denken. Die Frontseite war bis zum ersten Stock mit blassrosa Kletterrosen berankt. Um die Anlage zog sich ein Wallgraben herum, über den eine Brücke zum Portal führte.
„ Wow !“, rief Bille aus. „Und da drin spielen wir? In dem Innenhof?“
„Nein, nein“, sagte Beppo schnell. „Ihr müsst links vorbeifahren. Unser Zelt ist hinter dem Park aufgebaut. Im Schloss werden nur Konzerte veranstaltet. An Sommerabenden im Innenhof, sonst im großen Festsaal. Manchmal gibt’s auch Vorträge und Lesungen in der alten Bibliothek. Die Räume sind wunderschön.“
Simon lenkte den Wagen an Schloss und Park vorbei, und gleich darauf erhob sich vor ihnen das riesige Zirkuszelt. Seine Größe wurde durch einen bunt bemalten Vorbau aus Holz noch betont, dem man die Form eines indischen Palasttores gegeben hatte. Auf den seitlichen Wänden waren Szenen der Show abgebildet, galoppierende Pferde, dahinrasende Kutschen mit Vierergespannen, Elfen, die auf Schimmeln durch die Luft flogen. Daneben gab es düster dreinschauende Ritter in schwarzen Rüstungen, ihre blitzenden Schwerter drohend erhoben, sie schienen auf den Betrachter zuzustürmen.
„Toll!“ Bille reckte den Hals. „So groß hab ich mir das gar nicht vorgestellt. Nur eins verstehe ich nicht: Du hast gesagt, die Vorstellungen wären dauernd ausverkauft. Wo kommen hier auf dem Land denn die vielen Zuschauer her?“
Beppo lachte geschmeichelt. „Tja, du wirst es nicht glauben, viele nehmen eine Fahrt von ein, zwei Stunden auf sich, um uns zu sehen. Andere übernachten im Hotel. Es gibt eine riesige Ferienanlage in der Nähe. Alles in allem bringen die es auf zweitausend Gästebetten, in Hotelzimmern, Appartements und Ferienwohnungen. Da kannst du jede Art von Sport ausüben oder dich schön machen lassen mit allen möglichen Kuren, Massagen und so ’nem Kram. Das bedeutet für uns
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