Ein ganz schoen starker Plan
dass sie von nun an zugeben würde, dass sie mich kannte? Oder tat es ihr nur leid, dass es eben so war? Als weiter vorn auf dem Weg ein Junge aus der Schule auftauchte, wusste ich, dass ich genau jetzt feststellen konnte, was sie meinte. Aber ich musste ein Risiko eingehen, das alles für alle Zukunft ruinieren könnte.
Wir hatten ihn beide entdeckt. Ich sah sie neugierig an, aber sie schien nicht weglaufen zu wollen. Der Junge ging in eine Klasse über uns und war sehr hoch oben auf der Skala der coolen Typen. Vorsichtig legte ich meine Finger in Livs Hand und wartete darauf, dass sie ihre Hand wegreißen würde. Oder mich sogar bitten würde, einige Schritte hinter ihr zu gehen. Aber das tat sie nicht. Ich ging Hand in Hand mit einem Mädchen, das nicht meine Schwester war. Mein Herz hämmerte wie ein Dieselmotor und meine Wangen glühten. Der Junge kam Schritt für Schritt näher.
Wie weit konnte ich gehen? War das die Möglichkeit, all meine Fragen beantworten zu lassen? So war mein Leben doch geworden. Ich riskierte immer wieder ziemlich viel und setzte alles auf eine Karte, als wäre ich plötzlich zu einem kalten professionellen Spieler geworden. Keine Herausforderung war mir zu klein. Außerdem hatte ich fast meine Großmutter umgebracht. Mein wilder Tanz zu Jay-Z, den ich in meinem Zimmer imitiert hatte, ließ annehmen, dass ich verdammt weit aus der Spur geraten war. Doch, es war so ein Tag.
Ich blieb stehen. Da ich ihre Hand hielt, musste sie auch stehen bleiben. Jetzt galt es, die richtigen Worte zu finden.
»Deine Lippen sind wie … Gummibärchen«, sagte ich vorsichtig und beugte mich mit geschlossenen Augen ein wenig zu ihr vor. Aber ich hörte, dass das total falsch ankam.
»Was machst du denn da?«, fragte sie und wich zurück.
Tatsache war, dass ich zu wenig Filme über die Liebe und das Knutschen gesehen hatte. Hier regierte die Fantasie, doch an so eine Herausforderung war ich nicht gewöhnt.
»Ich möchte die sanfte Wärme deiner Lippen spüren«, sagte ich mit weicher Stimme.
»Ich weiß nicht …«
Das lief richtig schlecht. Aber ich konnte mich nicht auf halber Strecke geschlagen geben.
»Ich möchte … deinen Liebesbrunnen kosten.«
»Håkan, was soll das eigentlich?«
Was waren bloß die magischen Worte, die man zu Mädchen sagte? Ich hatte einfach keine Ahnung.
»Ja, also, ich möchte nur … wenn du willst … und so was magst … ich, ich möchte nur versuchen … wenn das möglich ist … ein bisschen mit dir zu knutschen«, erklärte ich.
»Ach so, ja, dann sag das doch.«
Sie trat den Schritt auf mich zu. Ich schloss die Augen. Dann küssten wir uns. Oder knutschten. Ich kannte den Unterschied nicht. Jedenfalls pressten wir die Lippen aufeinander. Niemand schob die Zunge hervor oder machte irgendwelche komischen Bewegungen, die alles hätten ruinieren können. Wir standen auf dem Gehweg und rieben vorsichtig die Lippen aneinander, als der Junge aus der Klasse über uns an uns vorbeiging. Es war vermutlich ein magischer Augenblick. Vielleicht so ein Augenblick, an den ich mich für den Rest meines Lebens erinnern würde. Ich weiß es nicht, die Zukunft liegt im Dunkeln. Aber es war mein erster Kuss. Auf einem Gehweg. Mit einem Mädchen, das ich gern mochte.
Liv. Ich hatte das Gefühl, ihren Namen zu kosten. Liv.
Unsere Lippen tanzten miteinander. Sie hatte Lipgloss aufgetragen, das nach Erdbeeren roch. Ich hätte noch lange so stehen bleiben können, aber wir hörten so plötzlich auf, wie wir angefangen hatten. Zuerst atmete ich aus, dann saugte ich den Erdbeerduft von meinen Lippen ein. Ich war atemlos vom Küssen. Sie hatte wirklich das schönste Lächeln der Welt. Das ist nicht gelogen.
»Jetzt gehen wir Eis essen« schlug ich vor.
»Klingt super.«
Es war ein total wahnwitziger Tag. Zuerst hatte ich meine Oma vergiftet, dann meinen ersten Kuss bekommen. Ob dieser Tag wohl noch weitere Überraschungen auf Lager hatte?
Sie lächelte, wir gingen Hand in Hand, die Sonne schien. Der Tag hatte als Einser angefangen. Jetzt war er plötzlich zum Sechser geworden. Wir aßen beide eine riesige Portion Eis und redeten über alles Mögliche und noch ein wenig mehr. Sie wischte mir mit dem Finger Eis aus dem Mundwinkel und leckte den Finger dann ab. Das war eklig und schön zugleich.»Aber ich glaube, ich bin noch nicht so bald reif zum Heiraten«, erklärte ich.
Sie lächelte und sagte: »Du bist komisch.«
Komisch ist gut. Komisch ist fantastisch. Komische
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