Ein ganz schoen starker Plan
Schließt du jetzt bitte auf?«
Mir waren die Ideen ausgegangen. Nicht einmal die fadenscheinigste Ausrede ließ sich sehen.
»Ich habe heute zum ersten Mal geküsst. Bitte, machen Sie mir den Tag nicht kaputt«, sagte ich leise.
Er runzelte die Stirn.
»Das ist neu, Junge. Das hab ich noch nie gehört. Aber ehrlich, schließ jetzt endlich auf.«
Ich schob den Schlüssel ins Schloss und überließ ihnen das Sofa. Mir fiel auch nichts mehr ein, was ich ihnen hinterherrufen könnte.
Sogar mit den gedeckten Tischen wirkte das Wohnzimmer ohne Sofa leer. Die Wollmäuse, die sich darunter versteckt hatten, verteilten sich jetzt wie winzige Wolken auf dem Boden.
Ich wusste, dass Papa noch andere Rechnungen nicht bezahlt hatte, und es würde keine große Detektivarbeit nötig sein, um festzustellen, dass Festanschluss und Internet jeden Moment abgedreht werden könnten und dass wir mit der Miete für einige Monate im Rückstand lagen. Papa redete nicht viel über das Geld, das wir niemals hatten, aber er seufzte oft und sagte, es sei teuer, dauernd Frauen zum Essen und zu Drinks einladen zu müssen.
Liv und ich hatten immer abwechselnd für das Eis bezahlt. Vielleicht wusste Papa nicht viel über Gleichberechtigung? Gab es überhaupt etwas, das Papa richtig gut machte oder wusste? Mir fiel jedenfalls nichts ein. Ein halbguter Papa, der sich nach Mallorca abgesetzt hatte, war nicht viel wert. Solche Eltern sollte man zurückgeben können. »Der hier funktioniert nicht, geben Sie mir einen neuen.«
Was war eigentlich ein perfekter Papa? Ich setzte eine Liste auf.
Das Telefon klingelte.
»Hallo, hier ist noch mal Isabell.«
Ich hätte gern aufgelegt.
»Papa ist noch nicht wieder da.«
»Aber wie geht es euch denn eigentlich? Ich hab mir solche Sorgen gemacht, als ich heute Morgen mit Ida gesprochen habe. Ist alles in Ordnung?«
»Wir sitzen jedenfalls nicht auf dem Sofa und lassen die Köpfe hängen.«
»Ich dachte, es könnte euch guttun, etwas Lustiges zu unternehmen.«
Sie hatte einen nervig positiven Tonfall, wie manche ihn haben, wenn sie mit ganz kleinen Kindern reden.
»Was denn zum Beispiel?«, fragte ich und hörte selbst, wie skeptisch meine Stimme sich anhörte.
»Badet ihr gern?«
Ida und ich hatten nicht geduscht oder gebadet, seit Papa verschwunden war. Was meinte sie eigentlich?
»Wir haben so eine Haut, die kein Wasser verträgt«, sagte ich und wollte auflegen.
»Ach … ich wollte fragen, ob ihr mit ins Tøyenbad kommen mögt, aber …«
»Warte mal«, fiel ich ihr ins Wort. »Willst du wissen, ob wir … ich meine, nein, vergiss es … du meinst doch nicht …«
»Ich gehe jeden Sonntag mit einem Jungen mit Down-Syndrom ins Schwimmbad. Aber morgen ist er verreist und da dachte ich, euch beiden könnte das vielleicht auch guttun.«
»Aber ich habe kein Down-Syndrom. Vielleicht hat Ida das ein bisschen, morgens ist sie immer ziemlich seltsam …«
»Håkon, beantworte einfach diese Frage: Habt ihr Lust, morgen mit mir ins Tøyenbad zu gehen?«
Mein Gehirn arbeitete in Zeitlupe. Schrauben waren herausgefallen. Der Stecker der Festplatte war aus der Steckdose gerutscht. Ich brachte die Antwort nicht heraus. Obwohl es kaum ein einfacheres Wort gibt.
»Håkon, bist du noch da?«
Es war ernst gemeint, Isabell wollte mit uns ins Tøyenbad gehen.
»Ich … ja, ja, ich sage ja.«
»Wie schön. Ich kann euch um zwölf Uhr abholen. Okay?«
»Ja … ja.«
Sie legte auf, ich aber blieb mit dem Telefon in der Hand stehen. Isabell wünschte sich wirklich zwei gebrauchte Kinder. Sie wollte zwei ein wenig abgenutzte Kinder, die schrecklich gern badeten. Wenn Erwachsene so etwas sagen, dann wusste ich, dass sie es meistens nicht meinten. Isabell war anders, und gerade jetzt brauchten Ida und ich eine, die anders war.
Ida kam nach Hause und drehte eine Pirouette, als ich ihr von dem Schwimmbadbesuch mit Isabell erzählte.
»Ich wünschte, Papa wäre mit ihr zusammen«, sagte sie.
Zuerst hatte Papa Isabell betrogen, dann ging sie mit seinen Kindern ins Schwimmbad. Papa hatte schon recht, wenn er sagte, Frauen seien nicht so leicht zu verstehen. Ich holte meine Badehose, die ich in diesem Sommer viel zu selten benutzt hatte. In der einen Woche, in der wir Rolfs Hütte hatten bewohnen dürfen, hatte es die ganze Zeit geregnet. Und für den Rest des Sommers hatten wir Ferien zu Hause gemacht.
Ida wollte wissen, was aus dem Sofa geworden war, und ich sagte, das habe zu viel Platz
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