Ein ganzes halbes Jahr
schwiegen.
Und dann sagte ich: «Mrs. Traynor, ich möchte kündigen. Ich kann … ich kann diese letzten paar Tage nicht arbeiten. Ich verzichte auf das Geld, das mir noch zusteht. Ehrlich gesagt, möchte ich für diesen ganzen Monat kein Geld. Ich will überhaupt nichts. Ich will einfach …»
Da wurde sie ganz blass. Ich sah, wie die Farbe aus ihren Wangen wich, wie sie in der Sonne ein wenig schwankte. Dann sah ich Mr. Traynor eilig hinter ihr herankommen, mit einer Hand hielt er sich den Hut auf dem Kopf fest. Entschuldigungen murmelnd schob er sich durch die Menge, die Augen auf mich und seine Frau gerichtet, die wir starr und steif voreinander standen.
«Sie … Sie haben gesagt, er hätte die Reise genossen. Sie haben gesagt, diese Reise könnte ihn umstimmen.» Sie klang verzweifelt, als flehte sie mich darum an, etwas anderes zu sagen, ihr ein anderes Ergebnis mitzuteilen.
Ich konnte nicht sprechen. Ich starrte sie an, und das Einzige, was ich fertigbrachte, war, leicht den Kopf zu schütteln.
«Es tut mir leid», flüsterte ich so leise, dass sie es nicht gehört haben konnte.
Er war fast da, als sie umkippte. Es war, als würden einfach ihre Beine unter ihr nachgeben, und Mr. Traynors linker Arm schoss vor und fing sie auf, ihr Mund bildete ein großes O, und sie sank an seinen Körper.
Sein Hut landete auf dem Boden. Er schaute zu mir auf, war verwirrt, noch hatte er nicht begriffen, was gerade passiert war.
Und ich konnte ihn nicht ansehen. Wie betäubt drehte ich mich um und ging weg, setzte einen Fuß vor den anderen, meine Beine bewegten sich beinahe automatisch, und sie brachten mich weg von diesem Flughafen, obwohl ich nicht einmal wusste, wohin ich gehen würde.
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Kapitel 25
Katrina
L ouisa verließ nach ihrer Rückkehr anderthalb Tage lang nicht ihr Zimmer. Sie kam am späten Sonntagabend vom Flughafen, bleich wie ein Gespenst unter ihrer Bräune – und schon das war merkwürdig, weil sie uns eindeutig gesagt hatte, sie würde erst am Montagvormittag bei uns vorbeikommen. Ich muss einfach nur schlafen , sagte sie, schloss sich in ihrem Zimmer ein und legte sich ins Bett. Das fanden wir ein bisschen komisch, aber wir wussten ja nicht, was los war. Lou war schließlich schon immer ziemlich eigen gewesen.
Am nächsten Morgen hatte ihr Mum einen Becher Tee bringen wollen, aber Lou rührte sich nicht. Um die Abendessenszeit wurde Mum unruhig und hatte Lou an der Schulter gerüttelt, um sicher zu sein, dass sie noch lebte. (Mum kann manchmal ein bisschen melodramatisch werden, aber fairerweise muss gesagt werden, dass sie Fisch-Pie gemacht hatte und vermutlich einfach dafür sorgen wollte, dass Lou etwas davon abbekam.) Aber Lou wollte nichts essen, und sie wollte nicht reden, und sie wollte nicht herunterkommen. Ich will einfach ein bisschen in meinem Zimmer bleiben, Mum , murmelte sie in ihr Kissen.
«Sie ist so anders», sagte Mum. «Glaubst du, das ist eine verzögerte Reaktion auf die Sache mit Patrick?»
«Patrick ist ihr völlig egal», sagte Dad. «Ich habe ihr erzählt, dass er angerufen hat, um uns zu sagen, dass er bei diesem Viking den 157sten Platz gemacht hat, aber das hat sie kein bisschen interessiert.» Er nippte an seinem Tee. «Allerdings fand selbst ich es ziemlich schwer, über einen 157sten Platz in Begeisterung auszubrechen.»
«Meinst du, sie ist krank? Sie ist schrecklich blass unter ihrer Bräune. Und sie schläft die ganze Zeit. Das passt überhaupt nicht zu ihr. Vielleicht hat sie sich eine von diesen grässlichen Tropenkrankheiten eingefangen.»
«Sie hat einfach Jetlag», sagte ich. Und zwar mit ziemlicher Entschiedenheit, weil ich wusste, dass Mum und Dad dazu neigten, mich für eine Expertin in allen möglichen Dingen zu halten, von denen in Wahrheit keiner von uns eine Ahnung hatte.
«Jetlag! Also, wenn Fernreisen solche Folgen haben, bleibe ich lieber bei Trenby. Was meinst du, Josie, meine Liebe?»
«Ich weiß nicht recht … wer hätte gedacht, dass man von einem Urlaub so krank werden kann?» Mum schüttelte den Kopf.
Nach dem Abendessen ging ich hinauf. Ich klopfte nicht an. (Es war, genau genommen, schließlich mein Zimmer.) Die Luft war abgestanden und verbraucht, und ich zog die Jalousie hoch und öffnete ein Fenster, sodass Lou völlig fertig unter ihrer Decke auftauchte und ihre Augen gegen das Licht abschirmte, in dem Staubpartikel tanzten.
«Erzählst du mir, was passiert ist?» Ich stellte ihr einen
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