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Ein ganzes halbes Jahr

Ein ganzes halbes Jahr

Titel: Ein ganzes halbes Jahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jojo Moyes
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weiß. Tut mir leid. Es war … Ich war schrecklich beschäftigt. Ich habe einen neuen Job in Chelsea. Ich bin jetzt Geschäftsführerin in Sasha Goldsteins Boutique. Erinnerst du dich noch an Sasha? Ich musste ziemlich häufig das Wochenende durcharbeiten. An den Samstagen ist furchtbar viel los. Ich kann mir kaum jemals freinehmen.» Alicia klang angespannt. «Ich habe ein paarmal angerufen. Hat deine Mutter dir das ausgerichtet?»
    «Und bei Lewis herrscht der reine Wahnsinn», sagte Rupert. «Du … du weißt ja, wie es ist, Will. Wir haben einen neuen Teilhaber. Kommt aus New York. Bains. Dan Bains. Bist du ihm mal begegnet?»
    «Nein.»
    «Der Verrückte arbeitet vierundzwanzig Stunden am Tag und erwartet von allen anderen, dass sie das auch tun.» Man hörte Rupert die Erleichterung darüber an, dass er ein Thema gefunden hatte, mit dem er sich wohl fühlte. «Du weißt ja, wie die Amis arbeiten – keine langen Mittagspausen, keine zweideutigen Witze –, ich sag’s dir, Will. Die Atmosphäre im Büro hat sich komplett verändert.»
    «Tatsächlich.»
    «Ja, es ist irre. Manchmal habe ich den Eindruck, ich darf überhaupt nicht mehr von meinem Stuhl aufstehen.»
    Sämtliche Luft im Zimmer schien durch ein Vakuum abgesaugt zu werden. Jemand hüstelte.
    Ich stand auf und wischte mir die Hände an den Jeans ab. «Ich gehe … nur mal kurz neues Holz holen», murmelte ich in Wills Richtung.
    Und dann nahm ich den Holzkorb und flüchtete.
    Es war eiskalt draußen, aber ich trödelte trotzdem und schlug Zeit mit der Auswahl von Holzscheiten tot. Ich überlegte, ob es nicht besser wäre, den einen oder anderen Finger durch Erfrierungen zu verlieren, als in dieses Wohnzimmer zurückzugehen. Aber es war einfach zu kalt, und mein Zeigefinger, den ich zum Nähen brauchte, wurde als erster blau, daher musste ich mir irgendwann meine Niederlage eingestehen. Ich schleppte den Holzkorb so langsam wie möglich in den Anbau und ging noch langsamer durch den Flur. Als ich näher ans Wohnzimmer kam, hörte ich die Stimme der Frau durch die etwas offen stehende Tür.
    «Ehrlich gesagt, Will, gibt es noch einen anderen Grund für unseren Besuch», sagte sie. «Wir haben … Neuigkeiten.»
    Mit dem Holzkorb in den Händen blieb ich vor der Tür stehen.
    «Ich dachte … also, wir dachten, dass es richtig wäre, wenn wir dich wissenlassen … also, na ja, kurz gesagt: Rupert und ich werden heiraten.»
    Ich stand da, ohne mich zu bewegen, und dachte darüber nach, ob ich mich umdrehen konnte, ohne dass sie mich hörten.
    Lahm sprach die Frau weiter. «Ich weiß, dass das vermutlich ein ziemlicher Schock für dich ist. Ehrlich gesagt, war es für mich auch einer. Wir … es … also, es hat erst angefangen, als das mit dir schon lange …»
    Meine Arme begannen zu schmerzen. Ich schaute auf den Holzkorb hinunter und überlegte, was ich am besten tun sollte.
    «Also, weißt du, du und ich … wir …»
    Will schwieg immer noch.
    «Sag doch was, bitte.»
    «Herzlichen Glückwunsch», sagte er.
    «Ich weiß, was du denkst. Aber keiner von uns hat das geplant. Wirklich nicht. Wir waren unheimlich lange einfach nur befreundet. Deine Freunde, die sich Sorgen um dich gemacht haben. Es ist einfach so, dass Rupert mir nach deinem Unfall eine wahnsinnige Stütze war und …»
    «Sehr edel von ihm.»
    «Bitte, sei doch nicht so. Das alles ist so furchtbar. Ich habe mich schrecklich davor gefürchtet, dir das zu sagen. Wir beide haben uns vor dieser Situation gefürchtet.»
    «Offensichtlich», sagte Will.
    Nun schaltete sich Rupert ein. «Versteh das doch, wir erzählen es dir, weil uns etwas an dir liegt. Wir wollten nicht, dass du es von jemand anderem erfährst. Aber, weißt du, das Leben geht weiter. Das musst du doch wissen. Es ist immerhin schon zwei Jahre her.»
    Wieder Stille. Ich wollte nichts mehr hören und bewegte mich vorsichtig von der Tür weg. Aber als Rupert weitersprach, hatte er die Stimme erhoben, sodass ich ihn immer noch verstehen konnte.
    «Jetzt komm schon, Mann. Ich weiß, dass es unheimlich hart sein muss … das Ganze. Aber wenn du für Lissa überhaupt noch etwas übrighast, musst du ihr doch ein erfülltes Leben wünschen.»
    «Sag was, Will. Bitte.»
    Ich konnte mir sein Gesicht nur allzu gut vorstellen. Ich sah seinen undurchdringlichen Blick vor mir, der zugleich Distanz und Verachtung ausdrückte.
    «Gratulation», sagte er schließlich. «Ich bin sicher, dass ihr beide sehr glücklich

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