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Ein ganzes Leben mit dem Asperger-Syndrom

Ein ganzes Leben mit dem Asperger-Syndrom

Titel: Ein ganzes Leben mit dem Asperger-Syndrom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tony Attwood
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Entomologen sich trafen. Als die beiden sich begegneten, war die soziale Harmonie zwischen ihnen erstaunlich. Sie unternahmen regelmäßig gemeinsamAusflüge, um Ameisen in der freien Natur aufzuspüren, sie teilten ihr Wissen über Insekten miteinander, führten gemeinsam eine Ameisenuntersuchung durch und tauschten sich regelmäßig in langen und tatsächlich wechselseitigen Gesprächen über ihre neuesten Ameisenentdeckungen aus. Wenn man sie bei ihrem Austausch beobachtete, war klar, dass es im Gespräch eine natürliche Balance gab und dass beide Kinder in der Lage waren, geduldig abzuwarten, intensiv zuzuhören, Empathie zu zeigen und Komplimente zu geben; alles auf einem Niveau, wie man es nicht beobachten konnte, wenn sie mit normalen Gleichaltrigen zusammen waren.
Freundschaften ermöglichen
    Eltern und Lehrer können daran denken, Freundschaften zu stiften, indem sie Kinder mit gleichen Interessen zusammenführen. Regionale Elterngruppen für Familien mit einem Kind mit Asperger-Syndrom können Namen und Adressen anderer Familien vermitteln und auch angeben, welche Spezialinteressen die Kinder haben, um so potenziell erfolgreiche Freundschaften zu ermöglichen. Allerdings habe ich auch beobachtet, dass, wenn sich einer der Partner von diesem gemeinsamen Spezialinteresse abwendet, dann meist auch die Freundschaft endet.
Arbeitspartnerschaften anregen
    Das Interesse kann auch genutzt werden, um Freundschaften mit normalen Mitschülern zu erleichtern. Die Schwester meiner Frau hat Asperger-Syndrom und ist künstlerisch außerordentlich begabt. In Bezug auf ihre Schulzeit schrieb sie: »Ich hatte mich danach gesehnt, Freunde zu haben und daher habe ich angefangen, wenn mir jemand Komplimente wegen meiner Zeichnungen machte, anderen Leuten meine Zeichnungen zu schenken, bis mir jemand vorwarf, ich würde damit angeben – das war ein Vorwurf, den ich nie vergessen werde. Ich wollte doch nur Freunde gewinnen.«
    Wenn das Kind mit Asperger-Syndrom ein besonderes Talent, wie etwa das Zeichnen, hat, kann der Lehrer für das Kind eine Art Arbeitspartnerschaft mit einem anderen Kind arrangieren, dessen Eigenschaften sich mit denen des Kindes ergänzen. So kann ein Künstler, der gerne zeichnet, für ein anderes Kind, das gerne Geschichten schreibt, als Illustrator dienen. Dadurch lässt sich der Wert von Zusammenarbeit gut verdeutlichen.
Witze verstehen
    Eine weitere Antwort auf die Frage: »Was macht einen guten Freund aus?« könnte sein: »Dass er Sinn für Humor hat.« Kinder mit Asperger-Syndrom neigen dazu, alles wörtlich zu verstehen, und sie bekommen vielleicht nicht mit, wenn jemand einen Witz macht. Allerdings ist mitunter ein wunderbarer, wenn auch eigenwilliger, Sinn für Humor zu beobachten. 21 Das Kind lacht vielleicht über die Art und Weise, wie ein Wort ausgesprochen wird und wiederholt das dann für sich als eine Art Insiderwitz, der für Außenstehende nicht nachvollziehbar ist. Die Entwicklung des Humorverständnisses kann dann fortschreiten bis hin zur Bildung von kreativen Wortspielen und Wortassoziationen. 22 Die nächste Entwicklungsphase des Humorskann dann eine Art visueller Slapstick sein, wie man ihn zum Beispiel bei Mr. Bean beobachten kann. Es folgt dann, meist früher, als man das normalerweise erwartet, ein Interesse an surrealem Humor in der Art von Monty Python.
Derbe Späße
    Unter Klassenkameraden im Alter von sechs bis neun Jahren können zu den Witzen auch solche gehören, die auf Schimpfwörtern oder Anzüglichkeiten basieren. Anderen Kindern wird dabei klar sein, um was für Witze es sich handelt, in welchem angemessenen Kontext sie verwendet werden und mit wem man solche Witze austauschen kann. Denselben Witz, der auf dem Spielplatz die Kinder hemmungslos zum Lachen bringt, sollte man vielleicht besser nicht auch der eigenen Großmutter sonntags beim Essen erzählen. Das Kind benötigt auch hier eine Social Story, mit der man ihm erklärt, warum manche Witze nur für bestimmte Menschen witzig sind, für andere aber nicht.
    Hans Asperger schrieb, dass Kinder mit Asperger-Syndrom keinen Sinn für Humor hätten; das stimmt allerdings mit meiner eigenen Erfahrung nicht überein. Viele verfügen über eine einzigartige oder alternative Sichtweise auf das Leben und geben scharfsinnige und witzige Kommentare ab.
Ich stimme Claire Sainsbury zu, wenn sie schreibt: »Uns fehlt nicht der Sinn für Humor, uns fehlen die sozialen Fähigkeiten, um zu erkennen, wenn andere einen Witz machen,

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