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Ein Garten im Winter

Ein Garten im Winter

Titel: Ein Garten im Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Hannah
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»Ja.«
    »Was war es denn?«, hakte Nina nach. »Was hattest du?«
    »Nicht jetzt, Nina.« Die Mutter rückte den Riemen ihrer Handtasche zurecht. »Los, gehen wir unsere Kabinen suchen.«
    Am oberen Ende der Gangway sah sich ein Mann in Uniform ihre Unterlagen an und zeigte ihnen dann ihre nebeneinanderliegenden Kabinen. »Sie haben für das frühe Abendessen gebucht. Hier ist Ihre Tischnummer. Ihr Gepäck wird in Ihre Kabinen gebracht. Beim Verlassen des Hafens werden am Bug Cocktails serviert.«
    »Cocktails?«, wiederholte Nina. »Da sind wir dabei. Los, Ladies.«
    »Wir treffen uns dann dort«, erklärte die Mutter. »Ich brauche mal einen Moment, um mich zu sortieren.«
    »Ist gut«, sagte Nina, »aber lass dir nicht zu viel Zeit. Wir haben was zu feiern.«
    Meredith folgte Nina durch das prächtige Interieur in Burgunderrot und Blau bis zum herausragenden Bug des Schiffs. Hunderte von Passagieren hatten sich an der Reling und um den Pool herum versammelt. Kellner in schwarzweißen Uniformen servierten auf blinkenden Silbertabletts bunte Drinks mit kleinen Sonnenschirmchen. Etwas weiter entfernt spielte in der Nähe eines Büfetts eine Mariachi-Band.
    Meredith lehnte sich an die Reling und nippte an ihrem Drink. »Wirst du mir je von ihm erzählen?«
    »Wen meinst du?«
    »Danny?«
    »Ach.«
    »Ich fand ihn übrigens total heiß, und er hat den ganzen langen Weg auf sich genommen, nur um dich zu sehen. Warum ist er nicht geblieben?«
    Hinter ihnen ertönte das Schiffshorn. Als sich das riesige Schiff langsam vom Dock löste, brach die Menge in Jubel und Applaus aus. Ihre Mutter war, o Wunder, nirgendwo zu sehen.
    »Er möchte, dass wir nach Atlanta ziehen und uns dort niederlassen.«
    »Du wirkst nicht sehr begeistert.«
    »Ich soll mich irgendwo niederlassen? Ich liebe meinen Beruf nicht nur, sondern ich lebe dafür. Außerdem ist Heiraten wirklich nicht mein Ding. Warum können wir nicht einfach sagen, dass wir uns immer lieben werden, und herumreisen, bis wir Rollstühle brauchen?«
    Noch einen Monat zuvor hätte Meredith sie mit Plattitüden überhäuft, ihr erzählt, dass das einzig Wichtige im Leben die Liebe sei und Nina langsam in ein Alter komme, in dem man eine Familie gründen müsse. Doch in den Monaten nach Dads Tod hatte sie ein, zwei Dinge gelernt. Jede Entscheidung änderte den Weg, auf dem man sich befand, und man konnte sehr leicht in die falsche Richtung geraten. Manchmal hieß, sich niederzulassen, auch einfach: irgendwo festzusitzen. »Das bewundere ich an dir, Neens. Du hast eine Leidenschaft, der du folgst. Du verbiegst dich nicht für andere.«
    »Ist Liebe ein ausreichender Grund für alles? Was, wenn ich ihn liebe, mich aber nicht niederlassen kann? Was, wenn ich niemals ein Häuschen im Grünen und eine Schar Kinder haben wollte?«
    »Das sind Entscheidungen, die niemand dir abnehmen kann, Neens.«
    »Wenn du noch mal von vorn anfangen könntest: Würdest du Jeff wieder heiraten, nach allem, was du jetzt weißt?«
    Diese Frage hatte sich Meredith noch nie gestellt, aber die Antwort kam ihr wie von selbst. Irgendwie war es leichter, es hier, nur von Fremden und Wasser umgeben, zu gestehen. »Ich würde ihn auf jeden Fall noch mal heiraten.«
    Nina legte ihr den Arm um die Schultern. »Ja«, sagte sie, »aber du meinst immer noch, du wüsstest nicht, was du willst.«
    »Ich hasse dich«, erwiderte Meredith.
    Nina drückte ihr die Schulter. »Gar nicht wahr. Du liebst mich.«
    Meredith lächelte. »Wenn du das sagst.«
    Die Hostess führte sie zum Tisch an einem Panoramafenster. Durch das Glas konnte man den endlosen Ozean sehen, dessen Wellen im Licht der untergehenden Sonne aufblitzten. Als sie ihre Plätze einnahmen, lächelte die Mutter die Hostess an und dankte ihr.
    Die Wärme ihres Lächelns erstaunte Meredith so, dass sie einen Moment lang innehielt. Jahrelang hatte sie sich um ihre Mutter gekümmert, hatte diese Aufgabe in ihren täglichen vollen Stundenplan eingepasst. Deshalb hatte sie ihr kaum echte Aufmerksamkeit geschenkt; sie hatte sich um sie herum und an ihr vorbei bewegt, immer auf ihren Vater zu. Selbst in den letzten Monaten waren sie zwar oft miteinander allein, doch nur selten wirklich verbunden gewesen. Sie hatte ihre Mutter als kühl und distanziert kennengelernt, und so hatte sie sie bis heute gesehen.
    Aber die Frau, die gerade gelächelt hatte, war vollkommen anders. Sie war ein Geheimnis, das ein Geheimnis barg. War dies die Entdeckung ihrer Reise? Dass ihre

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