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Ein Garten mit Elbblick (German Edition)

Ein Garten mit Elbblick (German Edition)

Titel: Ein Garten mit Elbblick (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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überwiegend in seinem Appartement in der Stadt wohnt. Sicher kommen Ernst und Mary auch herüber. Du musst dir also eine Portion deiner Kräfte aufsparen.»
    «Die Bilder laufen dir nicht weg», insistierte sie, als Hetty immer noch unschlüssig aussah. «Wenn ich Emma richtig verstanden habe, stehen sie gut aufgehoben bei gedämpftem Licht in passenden Regalen. Das stimmt doch, Frau Lindner?»
    «Absolut, Fräulein Grootmann, darauf hat Herr Mommsen größten Wert gelegt. Auch dass kein Staub …»
    «Natürlich. Womöglich fehlt einigen der Firnis. Hat Herr Mommsen eigentlich Listen über die Ankäufe und die Preise geführt? Ich frage nur, weil das meiner Cousine helfen würde, sich einen Überblick zu verschaffen.»
    «Darüber weiß ich nichts.» Alma Lindners Stimme klang spröde. «Herr Mommsen hat Angelegenheiten dieser Art nicht mit mir besprochen.»
    Mit wem dann?, dachte Hetty. Mit wem hat er sich besprochen, mit wem seine Freude geteilt? Oder seinen Kummer. Und warum hatte er sich keine charmantere und warmherzigere Hausdame ausgesucht? Vielleicht wegen der Gouvernanten. Ein Lächeln entspannte ihre Gesichtszüge. Alma Lindner war sicher nie Gefahr gelaufen, ihm zu nah zu kommen.
    «Danke, Frau Lindner», sagte sie und streifte ihre Handschuhe über, «ich bin bald wieder hier, und wenn es Ihnen nichts ausmacht, sehen wir uns die Bilder gemeinsam an. Sie kennen sich hier viel besser aus als ich.»
    «Eine gute Idee», stimmte Claire zu, «wenn ich abkömmlich bin, bin ich gerne wieder mit von der Partie.»
    Hetty nickte Frau Lindner zu, schlang ihr Tuch um die Schultern und eilte hinaus. Da war plötzlich etwas in ihr, das wollte laufen, schnell weg aus diesem Haus, das ihr trotz der Stille und des leeren Sessels in der Bibliothek Geborgenheit gab. Dafür war noch nicht die Zeit.
    Zuerst musste sie Thomas suchen, Kabel verschicken, nach Antwerpen, nach Bristol. Thomas lebte, es konnte gar nicht anders sein. Es hieß doch immer, Liebende spüren, ob der andere lebt oder tot ist. Liebende? Auch darüber nachzugrübeln war jetzt nicht die Zeit. Thomas suchen und finden. Und wenn er, wenn sein sterblicher Körper wirklich im Grab bei der Nienstedtener Kirche ruhte? Dann musste sie den Thomas finden, der er gewesen war. Nicht den Mann, den sie gekannt hatte, sondern den, der er tatsächlich gewesen war.
    Die Sonne stand schon tief über der Elbe, der Vorhof des Hauses mit der Auffahrt zum Portal und zur Remise lag im Schatten, Reste milden rotgoldenen Spätsommerlichtes flirrten durch das Laub der hohen alten Bäume. Ein unwirkliches Licht. Wie auf einem der Gemälde im Bilderzimmer. Das einzige, an das sie sich erinnerte. Da war dieses Licht gewesen, eine Frau mit einem Kind in einem blühenden Garten. Sie hatte es nur kurz gesehen und doch nicht vergessen. Das war sentimental. Aber sie war sentimental. In diesen Tagen, diesen Wochen, mit allem Fug und Recht.
    Claire stand noch in der Tür, sie hatte der Hausdame zum Abschied die Hand gereicht. «Ich hätte es fast vergessen, Frau Lindner, wo habe ich nur meine Gedanken. Wenn Sie sich allein im Haus ängstigen, können Sie jederzeit bei uns unterschlüpfen. Und wenn Frau Winfield nur tagsüber hier sein möchte, können Sie sie begleiten und für die Bedienung sorgen.»
    Alma Lindner neigte steif den Kopf und murmelte einen Dank. «Aber es wäre sicher nicht in Herrn Mommsens Sinne, wenn man das Haus allein lässt. Ich war nie eine ängstliche Person.»
    Claire nickte ernsthaft. «Das dachte ich schon. Gleiches behauptet mein Vater übrigens von meiner Cousine.»

[zur Inhaltsübersicht]
    Kapitel 8
    Mittwoch
    E ilige Schritte hallten durch den breiten Flur der oberen Etage des Stadthauses. Sie näherten sich vom Kleinen Sitzungssaal und klangen nach mehrfachem Gleichschritt. Keine Uniformstiefel, keine genagelten Schuhe – eindeutig gute Ledersohlen. Teure Schuhe. Also trat Paul Ekhoff zur Seite und ließ die Herren passieren. Zuerst Polizeirat Dr. Roscher, neben ihm ein fülliger Mann um die fünfzig mit akkurat gestutztem grauen Bart. Ekhoff erkannte in ihm Dr. Schön, den renommierten Anwalt und Notar, den Senior der Kanzlei, in der der jüngere Grootmann Sozius war. Felix Grootmann war ziemlich jung für einen Sozius in einer solchen Kanzlei, ein Grootmann hatte eben Beziehungen und für den Einstand sicher gut bezahlt. Anderseits – er selbst war auch ziemlich jung für einen Kriminalkommissar. Womöglich war Felix Grootmann einfach gut. Man hörte

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