Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein gefährlicher Gegner

Ein gefährlicher Gegner

Titel: Ein gefährlicher Gegner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
angenommen hatte, ein wenig offen und die Stimmen waren deutlich zu hören.
    «Sie werden uns mit Ihrem dauernden Leichtsinn noch alle ruinieren», rief Boris gerade.
    «Im Gegenteil!», entgegnete lachend die Frau. «Wenn man nur in der richtigen Weise in aller Munde ist, so ist das das beste Mittel, jedem Verdacht die Spitze abzubrechen.»
    «Und in der Zwischenzeit lassen Sie sich überall mit Peel Edgerton sehen! Er ist nicht nur der vielleicht berühmteste aller Kronanwälte in England, sondern sein besonderes Steckenpferd ist auch noch die Kriminologie! Das ist doch Wahnsinn!»
    «Ich weiß sehr wohl, dass sein Können ungezählte Menschen vor dem Galgen bewahrt hat. Na und?»
    Boris erhob sich und begann auf und ab zu gehen. «Sie sind eine kluge Frau, Rita, aber Sie sind zu kühn. Folgen Sie meinem Rat und geben Sie Edgerton auf.»
    «Ich denke nicht daran.»
    «Sie lehnen es ab?» In der Stimme des Russen klang ein gefährlicher Unterton auf.
    «Selbstverständlich.»
    «Dann werden wir uns sehr genau überlegen müssen, was weiter wird», stieß der Russe hervor.
    Mrs Vandemeyer hatte sich ebenfalls erhoben; ihre Augen funkelten. «Sie vergessen eines, Boris. Ich bin niemandem Rechenschaft schuldig. Ich nehme meine Befehle nur von Mr Brown entgegen.»
    «Sie sind unmöglich. Es kann jetzt schon zu spät sein. Man sagt, dass Edgerton eine Nase für Verbrecher habe. Was wissen wir denn, warum er sich plötzlich so für Sie interessiert? Vielleicht ist sein Argwohn schon längst geweckt?»
    «Sie können ganz sicher sein, mein lieber Boris, er argwöhnt überhaupt nichts. Sie scheinen, obwohl Sie doch sonst ein Kavalier sind, völlig zu vergessen, dass man mich im Allgemeinen für eine schöne Frau hält.»
    Boris schüttelte zweifelnd den Kopf. «Er hat sich wie kaum ein anderer Mensch in England mit Verbrechen befasst. Bilden Sie sich ein, Sie könnten ihn täuschen?»
    «Wenn er wirklich das ist, wofür Sie ihn halten, würde es mir geradezu Spaß machen, es zu versuchen.»
    «Um Gottes willen, Rita…»
    «Im Übrigen ist er außerordentlich reich. Ich gehöre nicht zu den Leuten, die Geld verachten.»
    «Geld – Geld! Das ist die Gefahr bei Ihnen, Rita, ich glaube, für Geld würden Sie Ihre Seele verkaufen.» Er fuhr dann mit leiser, rauer Stimme fort: «Manchmal glaube ich fast, Sie würden auch uns verkaufen.»
    Mrs Vandemeyer zuckte mit den Schultern. «Da müsste der Preis sehr hoch sein. Nur ein Millionär wäre in der Lage –»
    «Sehen Sie!»
    «Mein lieber Boris, verstehen Sie keine Scherze mehr?»
    «Meine liebe Rita, Ihre Scherze sind etwas sonderbar.» Mrs Vandemeyer lächelte. «Streiten wir uns doch nicht, Boris. Klingeln Sie lieber. Wir wollen uns etwas zu trinken bringen lassen.»
    In aller Eile erschien Tuppence im Salon und spielte wieder die Rolle des Stubenmädchens.
    Aus der Unterhaltung, die sie mit angehört hatte, ging also hervor, dass es zwischen Rita und Boris eine geheimnisvolle Verbindung gab… Doch ließ sich aus ihr nicht auf ihr gegenwärtiges Treiben schließen. Und Jane Finns Name war nicht gefallen.
     
    Am folgenden Morgen erfuhr sie durch ein paar kurze Worte, die sie mit Albert tauschte, dass im Schreibwarengeschäft keine Post für sie läge. Unglaublich, dass Tommy nichts von sich hören ließ! Es war ihr, als schlösse sich eine kalte Hand um ihr Herz. Angenommen… Es nützte nichts, sich Sorgen zu machen. Aber sie nahm eine Gelegenheit wahr, die Mrs Vandemeyer ihr bot.
    «An welchem Tag gehen Sie für gewöhnlich aus, Prudence?»
    «Für gewöhnlich am Freitag, gnädige Frau.»
    Mrs Vandemeyer zog die Augenbrauen hoch. «Und heute ist Freitag. Ich nehme an, dass Sie wohl kaum den Wunsch haben, heute auszugehen, da Sie ja erst gestern gekommen sind.»
    «Ich hatte Sie darum bitten wollen, gnädige Frau.»
    Mrs Vandemeyer lächelte. «Jetzt müsste Graf Steppanow Sie hören. Er hat gestern Abend eine Bemerkung über Sie gemacht.» Ihr Lächeln wurde noch freundlicher, obwohl etwas Katzenhaftes in ihrem Benehmen lag. «Ihre Bitte ist nämlich sehr – sagen wir typisch. Und ich bin zufrieden. Sie können das alles natürlich nicht verstehen – aber ausgehen dürfen Sie heute. Mir ist es gleich, da ich ohnehin heute Abend nicht zu Hause bin.»
    «Ich danke Ihnen, gnädige Frau.»
    Als Tuppence noch das Silber polierte, wurde sie durch das Klingeln an der Wohnungstür gestört. Dieses Mal war der Besucher weder Whittington noch Boris, sondern ein Mann, der

Weitere Kostenlose Bücher