Ein gefaehrlicher Liebhaber
ebenfalls, so sehr, dass sie kaum atmen konnte. Sie wollte die Augen von der Großkatze abwenden, weil sie sie förmlich erstarren ließen, aber sie wagte es nicht, da die Katze jede Sekunde angreifen konnte.
Die Luftfeuchtigkeit schien jetzt, da sie stehen geblieben waren, noch zuzunehmen, und die intensiven Gerüche des Regenwalds wurden erstickend. Hinzu kam ein neuer Geruch: der beißende, ätzende Gestank einer Raubkatze. Der Schweiß rann ihnen übers Gesicht und in die Augen. Sie verharrten so lange regungslos, dass die Vögel um sie herum, die ursprünglich erschrocken verstummt waren, wieder zu zwitschern begannen. Winzige bunte Kolibris flogen dicht an ihnen vorbei, und ein riesiger, leuchtend blauer Schmetterling mit einer Flügelspannweite von fünfzehn Zentimetern flatterte über den Lauf der Flinte, hielt gar kurz inne und setzte dann seinen gemächlich trunkenen Flug durch den Dschungel fort. Die Affen hoch oben in den Wipfeln keiften und keckerten sich an, wie sie es immer taten. Eidechsen huschten vorüber, um Ameisen und Termiten zu fangen: Mit hypnotischer Regelmäßigkeit schnellten ihre Zungen hervor.
Und sie standen da, reglos vor dem lauernden gelben Blick der Raubkatze verharrend.
Wenn der Jaguar angriff, musste Ben ihn töten. Oder wenn hinter ihnen jemand eine unvorsichtige Bewegung machte und das Tier damit zum Angriff reizte. Sie begann zu beten, dass Rick ausnahmsweise einmal seine Ungeduld zügelte.
Auf einmal kreischten die Affen erschrocken auf, und ihr Blick zuckte unwillkürlich hoch in die Wipfel, wo das reinste Chaos ausgebrochen war; unsichtbare Zweige begannen zu schwanken und brachten die herunterhängenden Lianen zum Hüpfen. Ben regte sich immer noch nicht. Sie hörte ein tiefes, raues Husten, bei dem sich ihr instinktiv die Nackenhaare sträubten. Als sie wieder hinschaute, war der Jaguar fort.
Sie standen so lange da, dass es ihr wie eine Stunde vorkam, was es eventuell auch war. Hinter ihr stieß entweder Rick oder Kates einen ungehaltenen Laut aus, der durch eine rasche Geste von Eulogio zum Schweigen gebracht wurde. Schließlich bedeutete Ben Pepe, er solle zu ihm aufschließen; die Trage wurde lautlos abgestellt, und Pepe zwängte sich an Jillian vorbei. Er und Ben schlichen vorwärts, und als sie zehn Minuten später wieder auftauchten, gingen sie normal, obwohl ihre Augen noch misstrauisch das umliegende Gebüsch und die Bäume fixierten.
»Ein Jaguar«, verkündete Ben.
»Oh Mann«, kam es stöhnend von hinten, von Rick. »Haben wir uns etwa ’ne ganze verdammte Stunde lang die Beine in den Bauch gestanden, bloß weil Sie ’ne Katze gesehen haben? Wieso haben Sie sie nicht einfach abgeknallt?«
»Das hätte ich, wenn sie uns angegriffen hätte. Hat sie aber nicht. Also gab es keinen Grund, sie zu töten.« Ganz zu schweigen davon, dass die Tiere unter strengstem Naturschutz standen. Aber er bezweifelte, dass Sherwood das sonderlich beeindruckt hätte, also erklärte er nur: »Ich will keinen Schuss abgeben, wenn es nicht unbedingt sein muss. Es gibt hier nicht nur Stämme, die dem Jaguar fast religiöse Verehrung entgegenbringen und denen es gar nicht gefallen würde, wenn wir einen umlegen. Darüber hinaus möchte ich niemanden auf uns aufmerksam machen.«
Diese beiden Gründe schienen Rick offensichtlich einzuleuchten, denn er ließ das Thema fallen. Dann ging es weiter, aber während der nächsten paar Meilen waren alle ziemlich nervös und beobachteten angestrengt die Umgebung.
Jillian fand keinen flachen Berg. Sie redete sich ein, nicht nervös zu werden. Noch war ja kein ganzer Tagesmarsch vergangen, seit das Gelände hügeliger geworden war. Wahrscheinlich würden sie den Berg nicht vor morgen früh zu sehen bekommen. Die Baumwipfel waren zudem undurchdringlich, und sie konnte sowieso nicht weit sehen. Der Boden wurde zunehmend uneben, sodass sie mehr und mehr aufpassen musste, wohin sie ihre Füße setzte. Wenn es am ersten Tag schon so hart gewesen wäre, dann wären sie garantiert nicht halb so weit gekommen. Sie war die Anstrengungen jetzt zwar viel besser gewohnt, obwohl es erst der dritte Tag war, dennoch taten ihr allmählich die Beine weh, und ihr Atem wurde zunehmend knapper.
Vielleicht hatte Ben ihr Keuchen ja gehört, denn er lief langsamer. Jetzt wusste sie, wo er seinen stählernen Body herhatte. Wenn er auch nur eine Unze Fett am Leib gehabt hätte, er hätte sie innerhalb der ersten Stunde verbrannt gehabt. Seine Machete stand nie
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