Ein gefährlicher Plan
sich in seinen Schlaf, bis er am Rand eines tiefen schwarzen Abgrunds balancierte. Scharfe Felskanten schnitten in seine nackten Füße. Er versuchte, aus dem wabernden Nebel zu kommen, sich umzudrehen und an das Seil zu klammern, das seine Rettung war. Plötzlich löste es sich unter seinen Händen auf, und er schwankte hilflos über dem wirbelnden, unkontrollierbaren Chaos.
Nur durch seine reine Willenskraft konnte er den Absturz verhindern, während er sie wieder fallen sah: erst seine Mutter, dann Alyssa, dann Brooke, sie taumelten hinab in den Abgrund, wurden von der Dunkelheit verschluckt. Er bekam sie nicht zu fassen, konnte nichts tun, sie nicht retten. Er begann zu klettern, hielt sich an den kleinen Spalten und Vorsprüngen des Felsens fest, während eisiger Wind und kalte Regenschauer wütend auf ihn einprügelten.
Ein lautes Krachen hallte von der Felswand wider. Er blickte nach oben. Eine dunkle Gestalt stand dort am Felsabbruch, ließ ein Tau herabbaumeln, gerade noch außer Jacks Reichweite. Gelächter, kalt und abscheulich, das der Wind herantrieb, lockerte Jacks Griff.
Dann begann das Fallen wieder, als die Gestalt Menschen, die Jack liebte, nacheinander in den Abgrund stieß. Nein! Ihm wurde schrecklich übel. Aufhören! Stopp!
Er streckte die Hand aus, versuchte die Fallenden zu packen, eine Hand, einen Ärmel, irgendetwas, das diesem sinnlosen Töten ein Ende bereitete. Er bekam etwas zwischen die Finger, etwas, das ihm den Arm hochriss und daran zog. Dann fiel auch er. Hinunter in die dunkle, endlose Tiefe.
Jack erwachte von einem gewaltigen Donnerschlag. Regen fegte durch das offene Fenster hinein auf das Fußende seines Betts. Ein rascher Blick zum Funkwecker auf dem Nachttisch zeigte ihm, es war gerade erst elf Uhr – nicht einmal eine Stunde her, dass er schlafen gegangen war. Er stand auf und schloss das Fenster. Ein Schwall kalter Luft ließ ihn frösteln.
Beim nächsten herabzuckenden Blitz sah er sein Spiegelbild im Glas.
Verzerrt.
Gequält.
Sie hatten darauf gebaut, dass er sie beschützte. Er hatte sie beide im Stich gelassen.
Und nun war da Brooke.
Sie war das nächste Opfer, sein Albtraum kam ihm vor wie die Warnung vor einem bösen Ende.
Er fuhr sich mit der Hand übers Gesicht, versuchte, die Bilder zu vertreiben. Aber sie würden immer da sein, solange er nicht eine Antwort auf seine Fragen erhielt. Bis er ganz sicher sein konnte, dass Brooke nichts geschehen würde.
Noch drei Tage, dann würde er sie nach Hause schicken.
Um sich abzulenken, beschloss er, auch die anderen Fenster zu überprüfen. Er zog sich die Jeans über und begab sich auf seinen Rundgang.
In der Küche blubberte ein Wasserkessel vor sich hin. Brooke stand vor dem Herd, in einem von Alyssas weiten TShirts, eine weiße Strickjacke darüber. Aus dem offen stehenden Kühlschrank fiel Licht auf sie, in dem sie fast unwirklich zu erglühen schien.
Sie war ein Engel.
Jack schüttelte den Kopf und vertrieb den Gedanken. Seit ihrer Ankunft hatte sie ihm nur Ärger bereitet. Drei Tage noch, dann würde er sie nach Hause schicken. Drei Tage noch, dann endete seine Verantwortung für sie. Er schluckte und empfand Bedauern.
Das Licht eines grellen Blitzes zuckte durch den Raum. Donner krachte … Brooke fuhr zusammen, keuchte erschrocken auf. Die Kühlschrankbeleuchtung flackerte einmal kurz, dann erstarb sie.
„Warte. Ich hole eine Taschenlampe." Er wusste, sie mochte die Dunkelheit nicht, fühlte sich nicht von ihr getröstet wie Alyssa.
„Jack?"
„Hast du jemand anderen erwartet?" Er tastete nach der Schublade, berührte mit der Hand ihre Hüfte und fühlte Erregung in sich hochschießen.
„Ich dachte, du schläfst." Ihre Stimme schwankte leicht. Am liebsten hätte er sie in die Arme gezogen und ihr die Angst fortgeküsst.
„Das Gewitter hat mich geweckt." Heute Nacht würde er nicht mehr schlafen, nicht unter dem Eindruck dieses Albtraums. Er nahm die Taschenlampe aus der Schublade, schaltete sie ein und legte sie auf den Tresen. „Warum bist du wach?"
Brooke strebte wie eine Motte auf die Lampe zu. Ihre Haut nahm in dem dämmrigen Licht einen sanften Goldton an. Es juckte ihn in den Fingern, sie zu berühren, seine Hand unter ihr Hemd zu schieben und ihre verlockenden Brüste zu erkunden. Es war wohl – nach diesem schrecklich morbiden Traum – das Verlangen, zu spüren, dass er lebte...
„Warum bist du auf?" fragte er wieder.
Mit einer nervösen Geste strich sie sich das kurze Haar
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