Ein gefährliches Geschenk
eine ziemlich große Lieferung von einer Auktion in Baltimore ein.«
Verdammt, sie wäre lieber dabei und würde all die hübschen Dinge selber auspacken.
Sie bewundern, sie eintragen und sie aufstellen. Ein großer Teil ihrer Freude an der Arbeit hatte etwas damit zu tun, neue Ware zu präsentieren - und dann freute sie sich, wenn die Sachen verkauft wurden.
»Du musst die neuen Sachen eintragen, Jen. Die Preise habe ich schon fest gelegt - die Unterlagen sind im Ordner. Da ist ein Clarice-Cliff-Lotoskrug mit Tulpendesign. Du kannst Mrs. Gunt anrufen und ihr Bescheid sagen, dass er jetzt da ist. Wir haben uns auf siebenhundert Dollar geeinigt, aber sie will bestimmt handeln. Sechshundertfünfundsiebzig ist die Grenze. Okay?«
»Verstanden.«
»Oh, und …«
»Laine, entspann dich. Ich bin nicht zum ersten Mal im Laden. Ich kümmere mich um alles hier. Wenn es irgendein Problem gibt, das ich nicht lösen kann, dann rufe ich dich an.«
»Ich weiß.« Geistesabwesend tätschelte Laine den Hund, der an ihrer Seite klebte. »Mir geht viel zu viel durch den Kopf.«
»Kein Wunder. Ich hasse den Gedanken, dass du alles allein aufräumen musst. Bist du sicher, dass ich dir nicht helfen soll? Ich könnte dir gegen Mittag etwas Fettes, Kalorienreiches vorbeibringen. Angie wird für eine Stunde alleine mit dem Laden fertig.«
Natürlich wurde Angie allein mit dem Laden fertig, überlegte Laine. Sie war gut und wurde zusehends besser. Aber Laine kannte sich. Sie würde wesentlich mehr schaffen, wenn sie sich alleine an die Arbeit machte - ohne Unterhaltung und Ablenkung.
»Ist schon okay. Wenn ich erst einmal angefangen habe, komme ich auch klar.
Wahrscheinlich schaue ich am Nachmittag auf einen Sprung im Laden herein.«
»Leg dich lieber ein bisschen hin.«
»Vielleicht. Bis später dann.« Laine legte auf und steckte das kleine, tragbare Telefon in die Gesäßtasche ihrer ausgebeulten Jeans. Sie würde sicher ein halbes Dutzend Gründe finden, um tagsüber im Laden anzurufen. Da sollte sie zumindest ein Telefon dabeihaben.
Im Augenblick jedoch musste sie sich auf die Gegebenheiten zu Hause einstellen.
»Versteck den Köter«, murmelte sie. Da der einzige Köter, den sie hatte, Henry war, musste sie annehmen, dass Willy nicht mehr bei Sinnen gewesen war. Was immer er ihr hatte sagen oder geben wollen - es war nicht geschehen. Er hatte geglaubt, jemand sei hinter ihm her. Und wenn er sich nicht völlig geändert hatte - was höchst unwahrscheinlich war -, dann hatte er wahrscheinlich Recht gehabt.
Ein Polizist, ein Detektiv oder ein Komplize, der mit seinem Anteil nicht zufrieden war? Das war alles möglich, Letzteres jedoch war am wahrscheinlichsten, wenn sie sich den Zustand ihres Hauses ansah.
Also, wer nach ihm gesucht hatte, verfolgte nun sie.
Sie konnte mit Vince reden. . aber worüber? Schließlich hatte sie sich hier ihre Existenz als Laine Tavish aufgebaut, eine nette, gewöhnliche Frau mit einem netten, gewöhnlichen Leben und netten, gewöhnlichen Eltern, die einen Barbecue-Grill in New Mexico betrieben.
Elaine O’Hara, die Tochter des charmanten, gerissenen Big Jack mit dem ellenlangen Vorstrafenregister, passte nicht in die hübsche, ländliche Umgebung von Angel’s Gap.
Niemand würde bei Elaine O’Hara eine Teekanne oder einen Intarsientisch kaufen.
Jack O’Haras Tochter konnte man nicht trauen.
Zum Teufel, sie traute ihr ja selbst nicht. Big Jacks Tochter trank mit fremden Männern in Bars und überwältigte besagte Männer mit leidenschaftlichen Küssen. Jacks Tochter nahm jede schlimme Gelegenheit wahr und trug die schlimmen Konsequenzen.
Laine Tavish jedoch lebte normal, handelte überlegt und war unauffällig.
Einen einzigen Abend lang hatte sie die O’Hara belebt - und was hatte es ihr eingebracht? Ein aufregendes Intermezzo, ja klar - und danach nichts als Ärger.
»Da zeigt sich’s wieder mal«, murmelte sie Henry zu, der zustimmend mit dem Schwanz klopfte.
Es war an der Zeit, alles wieder in Ordnung zu bringen. Sie würde das, was sie erreicht hatte, was sie noch erreichen wollte, doch nicht aufgeben, nur weil ein kleiner, zweitklassiger Dieb glaubte, sie hätte etwas mit Onkel Willys letztem Bruch zu tun.
Zweitklassig muss er wohl wirklich sein, dachte sie, während sie die Füllung der hübschen Seidenkissen aufsammelte, die auf der George-II.-Liege gelegen hatten. Onkel Willy hatte noch nie in der ersten Liga mitgemischt. Das hatte selbst Big Jack trotz all seiner
Weitere Kostenlose Bücher