Ein gefährliches Geschenk
Mittlerweile war er äußerst wählerisch geworden. Kunst und Edelsteine waren seine Spezialitäten, und ab und zu gestattete er sich einen Abstecher zu seltenen Briefmarken.
Ein paarmal war er festgenommen, jedoch nur einmal verurteilt worden - ein Fleck auf seiner weißen Weste, den er seinem inkompetenten und überteuerten Anwalt anlastete.
Der Mann hatte dafür bezahlt, denn Crew hatte ihn drei Monate nach seiner Entlassung mit einem Bleirohr zu Tode geprügelt. Allerdings fand er nicht, dass damit die Gerechtigkeit wiederhergestellt war, denn schließlich hatte er sechsundzwanzig Monate im Knast verbracht, war seiner Freiheit beraubt und gedemütigt worden. Das war durch den Tod des idiotischen Anwalts ja wohl kaum zu kompensieren.
Aber das war mittlerweile mehr als zwanzig Jahre her. Seitdem war er ein- oder zweimal verhört, jedoch nicht mehr eingesperrt worden. Der einzige Vorteil an diesen Monaten im Gefängnis war die Zeit gewesen - die endlose Zeit, in der er nachdenken und planen konnte.
Es reichte nicht aus, nur zu stehlen. Man musste gut stehlen, um gut leben zu können.
Also hatte er gelernt, seinen Verstand und seine Persönlichkeit entwickelt. Um die Reichen erfolgreich bestehlen zu können, wurde man am besten einer von ihnen und erwarb ihr Wissen und ihren Geschmack.
Man musste Eingang in ihre Gesellschaft finden und irgendwann eine gut betuchte Frau heiraten. Der Erfolg lag nicht darin, in Häuser einzusteigen, sondern das von anderen erledigen zu lassen, die man manipulieren konnte und die man bei Bedarf auch loswerden konnte. Denn das, was sie stahlen, gehörte ausschließlich ihm.
Er war klug, geduldig und skrupellos.
Wenn er doch einmal einen Fehler beging, so konnte er ihn immer noch korrigieren.
Und er korrigierte seine Fehler immer. Der idiotische Anwalt, seine blöde Frau, die sich nicht um ein paar hunderttausend Dollar hatte prellen lassen wollen, all die unterbelichteten Dummköpfe, die er im Laufe seiner Karriere angestellt hatte.
Big Jack O’Hara und sein lächerlicher Kumpan Willy waren Fehler gewesen.
Nein, eher ein Fehlurteil, berichtigte sich Crew, als er um die Ecke bog und sich auf den Weg zurück zu seinem Hotel machte. Sie waren nicht so dumm gewesen, wie er angenommen hatte, als er sie damit beauftragt hatte, den Job seines Lebens auszuführen.
Sein heiliger Gral. Seiner.
Wie es ihnen gelungen war, seiner Falle zu entkommen und sich mit der Beute zu verdünnisieren, war ihm ein Rätsel. Länger als einen Monat waren sie ihm ständig entwischt. Und keiner der beiden hatte versucht, die Beute in Bargeld umzuwandeln - das war auch eine Überraschung für ihn.
Aber er war ihnen auf der Spur geblieben. Schließlich hatte er O’Haras Fährte aufgenommen. Und doch hatte er in den Bergen von Maryland letztendlich nur Jacks Wiesel Willy aufgespürt.
Er hätte nicht zulassen dürfen, dass der kleine Bastard ihn sah. Aber diese verdammten Kleinstädte. Er hatte einfach nicht damit gerechnet, dass ihm der Mann auf der Straße über den Weg laufen würde. Und auch nicht damit, dass er in panischem Schrecken direkt vor ein Auto rennen würde.
Ein paar Sekunden lang war er in Versuchung gewesen, zu der blutenden Masse Mensch zu gehen und ihn kräftig zu treten. Es ging um Millionen von Dollars - und dieser Idiot ließ sich überfahren.
Und dann kam sie aus dem Laden gerannt. Die hübsche Rothaarige mit dem entsetzten Gesicht. Das Gesicht hatte er schon einmal gesehen. Zwar hatte er sie nie kennen gelernt, aber Big Jack hatte immer Fotos von seiner Tochter dabei. Und wenn er ein paar Bier intus hatte, zeigte er sie gern herum.
Meine Tochter. Ist sie nicht eine Schönheit? Und klug ist sie. Sie war auf dem College, meine Lainie.
Auf jeden Fall so klug, dachte Crew, dass sie sich hier in dieser Kleinstadt vergrub, wo sie die Beute verstecken, transportieren und waschen konnte. Verdammt guter Trick!
Wenn Jack sich einbildete, er könne das, was Alex Crew gehörte, einfach an seine Tochter weiterreichen, dann würde er eine böse Überraschung erleben.
Er würde sich zurückholen, was ihm gehörte. Dabei würden Vater und Tochter einen hohen Preis bezahlen.
Er betrat die Lobby des Overlook, wobei er ein Schaudern kaum unterdrücken konnte.
Die Zustände in diesem Hotel waren für ihn kaum zu ertragen. Rasch ging er die Treppe zu seiner Suite hoch und hängte das Do-Not-Disturb-Schild vor die Tür, da er in Ruhe über seine nächsten Schritte nachdenken wollte.
Er musste
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