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Ein Gentleman wagt - und gewinnt

Ein Gentleman wagt - und gewinnt

Titel: Ein Gentleman wagt - und gewinnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Ashley
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ausdrucksvolle Gesicht ihrer Freundin zu zeichnen, und es gelang ihr, den mutwilligen Glanz in den braunen Augen und das fröhliche Lächeln einzufangen. “Nein, bewegen Sie sich nicht!”, bat sie und hinderte ihr Modell daran, sich aufzurichten. “Obwohl Sie so gern gewinnen …” Mit schwungvollen Linien skizzierte sie das sanft gerundete Kinn. “… sollten Sie sich auf eine Niederlage vorbereiten. Vielleicht irre ich mich. Doch ich fürchte, Sie werden eine Enttäuschung erleben, wenn Sie hoffen, dass Ihr Bruder um Miss Whithams Hand anhalten könnte.”
    Diesbezüglich war sich Abbie sicher. Kurz zuvor hatte sie Barton im Gespräch mit Caroline beobachtet. Offensichtlich mochte er das Mädchen. Allerdings hatte seinen Augen jener Glanz gefehlt, der ihr in Giles Fergussons Blick aufgefallen war. Vor einer Viertelstunde hatte dieser Gentleman die Dame, die sie gerade porträtierte, ganz anders betrachtet.
    “Oh, aber er bewundert sie”, hielt Kitty dagegen. “Immer wieder lobt er ihre ausgezeichneten Manieren.”
    “Mag sein. Trotzdem nehme ich an, seine Gefühle werden nicht für einen Heiratsantrag genügen. Meinen Sie wirklich, die beiden passen zusammen? Wie Sie wissen, ist Ihr Bruder ziemlich autoritär veranlagt. Und ich fürchte, Miss Whitham gehört zu dem Frauentyp, der sich leicht einschüchtern lässt.”
    Darüber dachte Kitty etwa zehn Sekunden lang nach, bevor sie aufsprang. “Ach, sind Sie immer noch dabei, mich zu zeichnen? Tut mir leid, Abbie, so lange kann ich nicht stillhalten. Ich glaube, die anderen wollen wieder spielen. Nehmen Sie meinen Platz ein. Inzwischen leiste ich Giles Gesellschaft und schaue zu.”
    Nur widerstrebend legte Abbie ihren Skizzenblock beiseite. Da ihr nichts anderes übrig blieb, folgte sie Kitty über die Wiese zu den jungen Leuten. Stephen Whitham schlug einen Partnerwechsel vor, was allen außer Barton zu gefallen schien. Fast unmerklich runzelte er die Stirn, als Caroline Whitham beklommen an seine Seite trat.
    Schon nach wenigen Minuten erwies sie sich als die schwächste Spielerin, und Abbie glaubte, den Grund für Bartons Unmut zu verstehen. Mühelos gewann sie gemeinsam mit Stephen die Partie. Zum Schluss jagte Barton einem ihrer Bälle hinterher, fiel der Länge nach hin, und sie brach in lautes Gelächter aus. Davon bekam sie Seitenstechen und musste auf ihrer Decke Zuflucht suchen.
    “Freches kleines Ding”, murmelte Barton, setzte sich zu ihr und versuchte erfolglos, die Grasflecken aus seinen Breeches zu reiben.
    Er zürnte ihr nicht wirklich, das wusste sie. Wie sie ihm zubilligen musste, war er ein guter Verlierer. “Niemals hätte ich erwartet, Sie würden mir zu Füßen liegen”, bemerkte sie und musste wieder lachen.
    Statt zu antworten, warf er ihr einen finsteren Blick zu, dann streckte er sich der Länge nach aus und schloss die Augen. Sie ergriff wieder ihren Block und arbeitete eine Zeit lang an Kittys Porträt, bis das Mädchen nach ihr rief und wissen wollte, ob sie Lust auf einen Spaziergang entlang des Bachufers habe. Abigail schüttelte den Kopf, weil sie es vorzog, die Skizze zu vervollständigen. Halb erwartete sie, Barton würde die jungen Leute begleiten, aber er rührte sich nicht. Die Hände hinter dem Kopf verschränkt, blieb er neben ihr liegen, und sie konnte der Versuchung nicht widerstehen, eine boshafte Karikatur von ihm anzufertigen, indem sie seine leicht gebogene Nase und das Grübchen in seinem markanten Kinn überzeichnete.
    Das Geräusch des Bleistifts, der über das Papier schabte, bewog Barton, die Augen zu öffnen, und er richtete sich halb auf. Er beobachtete, wie Abbie übertrieben buschige Brauen schraffierte, und zog seine eigenen zusammen. “So sehen Sie mich also? Nicht besonders schmeichelhaft … Als wäre ich ein primitiver Strolch!”
    “Beruhigen Sie sich, Barton, das ist eine Karikatur. Und obwohl ich mich nur ungern selber lobe – ich finde, ich habe Ihre Gesichtszüge gut getroffen.”
    Er nahm ihr den Zeichenblock aus der Hand und blätterte darin. Als er das unvollendete Porträt seiner Schwester entdeckte, wich sein Ärger sichtlicher Bewunderung. “Diese Skizze ist wirklich gut, Abbie. Sogar hervorragend! Das ist genau die Miene, die Kitty aufsetzt, wenn sie dumme Streiche ausheckt.” Die Erkenntnis schien ihn zu stören, denn er runzelte die Stirn. “Worüber haben Sie mit ihr gesprochen, während dieses Bild entstanden ist?”
    Da es ihr noch nie gelungen war, glaubhaft zu lügen,

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