Ein Gentleman wagt - und gewinnt
gefällt es Ihnen bei uns. Wenn Sie einen Wunsch haben, zögern Sie nicht, ihn auszusprechen. Bitte betrachten Sie Cavanagh Court als Ihr Zuhause.” Zu seiner Stiefmutter gewandt, fügte er hinzu: “Ich überlasse es dir, für das Wohl unseres Gastes zu sorgen, Eugenie. Es gibt da ein paar Dinge, um die ich mich umgehend kümmern muss.”
“Ja, natürlich, nur – wo soll ich Miss Graham einquartieren?”
“Oh, um Himmels willen!”, rief er ungeduldig, wieder einmal verärgert über seine unselbstständige Stiefmutter. Dann bemerkte er Abbies missbilligend gerunzelte Stirn. “Wie wäre es mit dem blauen Zimmer?”, schlug er in etwas sanfterem Ton vor und drehte sich zu dem betagten Butler um, der auf Anweisungen wartete. “Ist das hintere Schlafgemach im Ostflügel inzwischen möbliert?”
“Leider nicht, Sir. Es wurde bislang keine Entscheidung bezüglich der neuen Farben getroffen.”
“Wenn das so ist, würde ich das blaue Zimmer vorschlagen, Eugenie. Den angrenzenden Raum kann Abbie als Atelier benutzen.” Zu seinem Gast gewandt, fügte Barton hinzu: “Nun vertraue ich Sie den fähigen Händen meiner Stiefmutter an, und ich freue mich, Sie beim Dinner wiederzusehen – vielleicht schon vorher.”
“Bemerkenswert, wie Sie es immer wieder schaffen, meinen Bruder zu beruhigen”, meinte Kitty und schaute ihm nach, als er davonging. “In Bath dachte ich, Barton und Mama würden sich endlich besser verstehen. Doch das war wohl ein Irrtum.”
Allzu lange konnte Abbie nicht über diese erstaunliche Enthüllung nachdenken, denn Mrs. Cavanagh bat sie, ihr zu folgen, und führte sie in einen sonnigen Raum, der in verschiedenen Blautönen eingerichtet war und eine zauberhafte Aussicht auf einen künstlichen Teich bot.
“Wie hübsch!” Abbie begutachtete entzückt die hellblauen Bettvorhänge. “Gewiss sind Sie zu beneiden, Mrs. Cavanagh, als Herrin eines so wundervollen Anwesens.” Sie warf einen Blick in den Nebenraum, in dem sie Barton porträtieren würde, bevor sie zu Eugenie zurückkehrte und deren wehmütiges Lächeln gewahrte.
“Sie haben recht, Miss Graham, es ist ein großartiges Haus. Und ich war auch sehr glücklich hier, solange Bartons Vater noch lebte. Indes hielt ich mich nie für die Herrin von Cavanagh Court.” Sie zuckte die Achseln, trat ans Fenster und sah geistesabwesend nach draußen. “Seit achtzehn Jahren ist dies mein Heim, und es fällt mir nach wie vor schwer, den Dienstboten Aufträge zu erteilen. Vor allem denen, die bereits für Georges erste Gattin gearbeitet haben. Niemals wagte ich irgendetwas zu ändern. Heute sehe ich, dass das ein Fehler war – statt zu versuchen, Barton die Mutter zu ersetzen, hätte ich mich etwas eifriger um den Haushalt bemühen sollen.”
Warum Eugenie ihr dies alles anvertraute, wusste Abbie nicht. Auf der Reise von Bath hierher hatte die Gastgeberin erklärt, man könne auf sinnlose Förmlichkeiten verzichten, und sie waren gut miteinander ausgekommen. Aber daraus folgte nicht unbedingt, dass sie Freundschaft schließen würden.
Vielleicht meint sie, dachte Abbie und setzte sich auf die Bettkante, sie müsse ihr schüchternes Verhalten in der Halle erklären. Bartons schroffe Reaktion bestürzte Abigail noch jetzt, denn in Bath war er seiner Stiefmutter stets respektvoll begegnet. Ein wenig unsicher fragte sie: “Deuten Sie an, dass Barton Ihre Anwesenheit nicht gutheißt?”
“Um Himmels willen, nein!”, protestierte Eugenie ohne Zögern. “Zumindest glaube ich, dass es nicht mehr so ist”, verbesserte sie sich und nahm neben Abbie Platz.
“Also war er früher gegen Sie eingestellt.”
“Nun, das war zu erwarten”, entgegnete Eugenie verständnisvoll. “Als seine Mutter starb, war er noch ein Kind. Die beiden standen sich sehr nahe. Nur zwölf Monate später trat sein Vater mit mir vor den Traualtar. Auf Barton muss dies wie ein Verrat am Andenken seiner Mutter gewirkt haben. Dass Kittys Geburt im nächsten Jahr ihn schmerzlich traf, weiß ich. In dieser Zeit verschlechterte sich das Verhältnis zwischen meinem Ehemann und seinem Sohn. Jedes Mal, wenn Barton mich unhöflich behandelte, wurde er bestraft.” Eugenie seufzte tief auf. “Obwohl ich mich schäme, es einzugestehen – ich fühlte mich stets erleichtert, wenn der Junge zu Ihrem Großvater fuhr. Zweifellos war er in Foxhunter Grange viel glücklicher.”
Mag sein, dachte Abbie, ich habe mich keineswegs über seine Besuche gefreut. “Als er älter wurde, hat
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