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Ein Gentleman wagt - und gewinnt

Ein Gentleman wagt - und gewinnt

Titel: Ein Gentleman wagt - und gewinnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Ashley
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überdrüssig geworden.
    Doch sie wusste, warum er wünschte, dass sie Cavanagh Court verließ – weil er um ihre Sicherheit bangte. Und er selbst? Ebenso wie sie musste er zweifellos den Verdacht hegen, dass es sich bei den mysteriösen Anschlägen um einen Rachefeldzug gegen seine Person handelte.
    Als die Tür geöffnet wurde, drehte sie sich um und sah Barton eintreten. Er schenkte ihr ein Lächeln, das jedoch seine Augen nicht erreichte. Inständig wünschte sie, er würde seine Sorgen mit ihr teilen – und sie dürfte auf Cavanagh Court bleiben und ihm helfen, den Schuldigen zu finden. Zu ihrem Bedauern würde er ihr das niemals erlauben.
    “Warum schauen Sie so traurig drein, meine Süße?” Wieder einmal sprach er sie mit dem Kosenamen an, den er in letzter Zeit immer öfter benutzte.
    “Nun – da Sie derart an der Fertigstellung des Porträts interessiert sind, werde ich dieses Haus wohl bald verlassen, Barton.” Warum sollte sie die Wahrheit verschweigen?
    Wie üblich rückte er seinen Stuhl ans Fenster, sodass der Sonnenschein auf sein dunkles Haar fiel und kleine kastanienrote Glanzlichter hineinzauberte, die sie auf dem Bild einzufangen versuchte.
    In seinen Augen erschien ein Ausdruck, den sie nicht deuten konnte. “Freuen Sie sich nicht auf die Rückkehr nach Bath?”
    Auch diesmal wollte sie nicht lügen, indes genauso wenig eingestehen, wie schwer ihr der Abschied von Cavanagh Court fallen würde. “Obwohl ich das Landleben vorziehe – ich bin meiner Patentante sehr dankbar, weil sie mir ein Zuhause bieten möchte.”
    “Hätten Sie mich damals geheiratet, wäre dieses Anwesen jetzt Ihr Heim”, erinnerte er sie.
    Mit solchen Worten hatte sie nicht gerechnet, und sie konnte ihre Überraschung nicht verbergen. Unfähig, seinen eindringlichen Blick zu erwidern, schlug sie die Augen nieder und setzte sich vor die Staffelei. Doch ihre Hand zitterte so stark, dass sie es nicht wagte, einen Pinselstrich zu setzen. Widerstrebend hob sie den Kopf und sah, dass Barton sie anlächelte.
    “Schon seit einiger Zeit habe ich das Gefühl, dass es damals besondere Gründe für Ihre Weigerung gab, meine Frau zu werden”, erklärte er und betrachtete ihre bebenden Finger. “Davon bin ich inzwischen fest überzeugt.”
    “Wir … wir waren beide zu jung”, stammelte sie.
    Mit dieser Erklärung würde er sich kein zweites Mal begnügen – das verriet seine skeptische Miene allzu deutlich.
    “Gewiss. Indes wünschten weder Ihr Großvater noch ich eine sofortige Hochzeit. Ich hätte gern ein oder zwei Jahre gewartet.” Diesmal hielt er ihren Blick bezwingend fest. “Aber Sie wollten nicht einmal über meinen Antrag nachdenken, Abbie. Allein der Gedanke, Ihre Zukunft mit mir zu verbringen, erschien Ihnen grauenvoll. Warum? Das frage ich mich immer wieder. Womit habe ich einen so großen Abscheu erregt?”
    Wieso wollte er gerade jetzt darüber sprechen? Nur mühsam unterdrückte sie ein Stöhnen. Jetzt, wo sie das Ereignis, das sie damals gegen ihn aufgebracht hatte, längst nicht mehr wichtig nahm? Natürlich billigte sie sein Verhalten nach wie vor nicht – keineswegs. Doch mittlerweile war sie reif genug, um zu verstehen, wie es dazu gekommen war.
    “Verraten Sie mir endlich die Wahrheit, Abbie”, drängte er, nachdem er eine Zeit lang vergeblich auf eine Antwort gewartet hatte. “Ich würde gern glauben, dass wir inzwischen Freunde geworden sind. Jedenfalls verstehen wir uns viel besser. Selbst wenn uns niemals tiefere Gefühle vereinen sollten – seien wir wenigstens ehrlich zueinander.”
    Obwohl er in beiläufigem Ton gesprochen hatte, wirkten seine Worte wie eine Offenbarung. Endlich gestand sie sich ein, was sie schon lange wusste und stets verdrängt hatte – welch ein beklagenswerter Fehler es gewesen war, seinen Heiratsantrag abzulehnen. Seine Freundschaft durfte sie nicht auch noch aufs Spiel setzen. Und eine Lüge wäre ein schlechter Dank für seine Güte.
    “Damals hielten Sie um meine Hand an, weil es der Wunsch meines Großvaters war, nicht wahr?”, entgegnete sie leise. “Sie waren genauso wenig in mich verliebt wie ich in Sie.”
    Zu ihrer Erleichterung bestritt er das nicht.
    “In meiner Kindheit schärfte mir meine Gouvernante wieder und wieder ein, Stolz sei eine Sünde”, fuhr sie fort. “Offenbar hatte sie diesen Wesenszug in mir erkannt. Ja, in der Tat, ich bin sehr stolz. Und heute wie damals wäre ich nicht in der Lage, einen Mann in meinen Armen willkommen zu

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