Ein Gentleman wagt - und gewinnt
die ich seit Jahren kenne.”
“Das verstehe ich sehr gut. Ich habe mir schon überlegt, ob es jemand sein könnte, der Ihnen nahesteht – jemand, der Zugang zum Haus hat und durch den Garten spazieren könnte, ohne Argwohn zu erregen. Aber mir fällt niemand ein. Die meisten Angestellten arbeiten seit Jahren für Sie, Barton. Warum sollten sie Ihnen plötzlich schaden wollen?”
“Also meinen Sie ebenso wie der Major, der gestern hier war, hinter den Anschlägen müssten persönliche Motive stecken?”
“Nun … ja”, gab sie zaudernd zu. “Sind Sie etwa anderer Ansicht?”
“Jedenfalls ziehe ich diese Möglichkeit in Erwägung. Wie ich von Wetherby erfuhr, haben mehrere Aufständische ihre Unzufriedenheit offen bezeugt. Und wer dürfte es ihnen verübeln? Wir leben in schweren Zeiten. Zudem – und das erscheint mir noch wichtiger – hat der Major bestätigt, dass die Übergriffe sich auf diese Region beschränken und dass die meisten gegen mich gerichtet sind. Was wir ohnehin wussten … Nun möchte er die Hälfte seiner Männer in der Nachbarschaft stationieren. Mehrere Landbesitzer sind bereit, die Soldaten zu beherbergen. Ich fürchte jedoch, dass das Militär der Schwierigkeiten nicht Herr wird.”
“Glauben Sie, die Missetäter werden einfach nur warten, bis die Truppe wieder abrückt, und dann erneut zuschlagen?”
Anerkennend nickte er ihr zu. “Ja, genau damit rechne ich. Wetherby kann seine Männer nicht für alle Zeiten hier postieren. Sobald ihre Dienste woanders gebraucht werden, müssen sie dieses Gebiet verlassen.”
Nur widerstrebend stand Abbie auf. “Ich muss mich umkleiden. Zweifellos würde es Eugenies Zartgefühl verletzen, wenn ich beim Lunch nach Pferden rieche.”
“Vorerst droht uns keine Gefahr”, versicherte er. “Sorgen Sie sich nicht, Abbie. Bis zum Beginn der Party haben Sie genug andere Dinge zu bedenken. Was Josh betrifft”, fügte er hinzu, bevor sie die Tür öffnete, “ich werde mir überlegen, ob ich ihn einstelle.”
Obwohl Lady Penrose und Giles Fergusson die Reise nicht gemeinsam angetreten hatten, trafen sie am nächsten Nachmittag im Abstand von wenigen Minuten auf Cavanagh Court ein. Sofort nahm Abbie eine veränderte Atmosphäre im Haus wahr. Dank ihrer unbefangenen Art und ihres unverwüstlichen Humors war ihre Patentante ein beliebter Hausgast, ganz egal, wo sie sich aufhielt. Eugenie hieß sie herzlich willkommen, und Barton freute sich über ihre Ankunft ebenso wie über das Wiedersehen mit seinem besten Freund, der allerdings nur ein paar Tage bleiben würde. Endlich konnte der Hausherr wieder männliche Gesellschaft genießen – gewiss eine angenehme Abwechslung.
Und Kitty versuchte erst gar nicht zu verbergen, wie sehr sie Giles’ Besuch beglückte.
Abbie versprach ihrer Patentante, später mit ihr zu reden. Bereitwillig überließ sie es Eugenie und Kitty, die Gäste in ihre Zimmer zu führen. So wie sie vermutete, wollte Lady Penrose sich nach der Reise erst einmal ausruhen. Und sobald Giles sich umgezogen hatte, würde er zu Barton in die Bibliothek gehen.
Inzwischen fand Abbie Zeit, um einen Spaziergang im Garten zu machen und ihre Gedanken zu ordnen. Barton hatte leicht reden, wenn er sagte, sie solle sich keine Sorgen machen. Schweren Herzens sank sie auf eine Bank. Wie konnte sie den nächsten Tagen unbekümmert entgegenblicken?
Gab es irgendeine Möglichkeit, ihm in der kurzen Zeit, die sie noch auf Cavanagh Court verbringen würde, zu helfen? Vielleicht sah sie als Außenseiterin die Situation etwas nüchterner als Barton.
Dass einer der Dienstboten in die unglückseligen Ereignisse verstrickt sein könnte, erschien ihr unvorstellbar. Andererseits – die Person, die für die jüngsten Zwischenfälle verantwortlich war, hatte sich, ohne Verdacht zu erregen, auf dem Anwesen bewegt.
“Warum schauen Sie so trübsinnig drein, Miss?” Eine heisere Stimme riss Abbie aus ihren Gedanken. “Haben Sie etwa Angst um die Blumen? Das brauchen Sie nicht, ich lasse sie nicht im Stich.”
“Oh, guten Tag, Figgie”, begrüßte sie den Gärtner lächelnd. Seltsamerweise war ihr der reizbare alte Mann der liebste von allen Angestellten, die für Barton arbeiteten. “Natürlich weiß ich, dass ich mich auf Sie verlassen kann. Möchten Sie sich einen Augenblick setzen? Ich würde Sie gern etwas fragen.”
Bereitwillig folgte er der Aufforderung und stopfte seine Pfeife. “Nun, was haben Sie auf dem Herzen, Miss?”
“Es würde mich
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