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Ein Geschenk der Kultur

Ein Geschenk der Kultur

Titel: Ein Geschenk der Kultur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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weitergehen. Ich darf ihn nicht enttäuschen. Das würde bedeuten, daß ich den Anzug im Stich lasse. Er hat seine Sache wirklich gut gemacht, indem er uns zumindest am Stück hierhergebracht hat, und gestern hat er diese ganze lange Strecke zurückgelegt und mich getragen, während ich noch mit den Augen gerollt und vor mich hingesabbert und etwas vom Traumwandeln und dem lebenden Tod gemurmelt habe – ich darf ihn nicht im Stich lassen. Wenn ich versage, schade ich uns beiden und verringere auch die Überlebenschancen des Anzugs.
    Der Hang setzt sich fort. Der Boden ist von langweiliger Eintönigkeit, immer vom selben Rostbraun. Es erschreckt mich, daß es so wenig Abwechslung gibt, so wenige Anzeichen von Leben. Manchmal entdecken wir einen Fleck auf einem Felsen, der möglicherweise pflanzliches Leben bedeuten könnte, aber ich vermag es nicht zu sagen, und der Anzug weiß es nicht, weil die meisten seiner Außenaugen und Fühler bei dem Absturz ausgebrannt sind, und sein Analysator ist in keinem besseren Zustand als das Antigravitations-System oder der Transceiver. Die Vorbereitung des Anzugs auf den Planeten enthielt keine umfassende Aufklärung über die Ökologie, deshalb haben wir nicht mal eine theoretische Ahnung, ob es sich bei den Verfärbungen um Pflanzen handeln könnte. Vielleicht sind wir das einzige Lebende hier, vielleicht gibt es nichts Lebendes oder Denkendes in einem Umkreis von Tausenden und Abertausenden von Kilometern. Dieser Gedanke entsetzt mich.
    »Was denkst du?«
    »Nichts«, erkläre ich ihm.
    »Sprich. Du solltest mit mir sprechen.«
    Aber was gibt es zu sagen? Und warum sollte ich überhaupt sprechen?
    Ich vermute, er will mich zum Sprechen bringen, damit ich den langen Marsch vergesse, das Tapstaps meiner Füße ein paar Zentimeter vom ockerfarbenen Boden dieses öden Ortes entfernt.
    Ich erinnere mich daran, daß ich am ersten Tag, als ich noch unter Schock stand und mich im Delirium befand, dachte, ich stünde außerhalb von uns beiden und sähe, wie der Anzug sich öffnete und meine wertvolle abgestandene Luft in die Atmosphäre ausströmen ließ, und ich beobachtete, wie ich in der luftlosen Kälte starb; dann sah ich, wie der Anzug mit langsamen, müden Bewegungen mich aus sich herausdrückte, steif und nackt; eine umgestülpte Reptilienhaut, die Negativhülle einer Schmetterlingspuppe. Er ließ mich ausgemergelt und armselig und leidend auf dem staubigen Boden liegen und ging davon, erleichtert und entleert.
    Und vielleicht habe ich immer noch Angst, daß er das tun wird, denn gemeinsam werden wir vielleicht sterben, aber ich bin ziemlich sicher, daß der Anzug für sich allein ohne weiteres durchkommen würde. Er könnte mich opfern, um sich selbst zu retten. So würden sich jedenfalls viele Menschen verhalten.
    »Hast du was dagegen, wenn ich mich ein bißchen hinsetze?« frage ich und lasse mich gleichzeitig auf einen großen Felsbrocken fallen, bevor der Anzug antworten kann.
    »Wo tut’s weh?« will er wissen.
    »Überall. Vor allem machen mir die Beine und Füße zu schaffen.«
    »Es dauert einige Tage, bis sich deine Füße abhärten und deine Muskeln stählen. Ruh dich nur aus, wenn dir danach ist. Es hat keinen Sinn, wenn du zuviel von dir selbst verlangst.«
    »Hmm«, sage ich. Ich hätte gern widersprochen. Ich hätte ihn gern aufgefordert, mich zu zwingen, mit dem Jammern aufzuhören und weiterzumarschieren – aber er hat keine Lust zu solchen Spielchen. Ich sehe hinunter auf meine baumelnden Beine. Die Oberfläche des Anzugs ist geschwärzt und mit kleinen Dellen und Narben bedeckt. Einige haarfeine Fasern wackeln, brüchig und verkohlt. Mein Anzug. Ich besitze das Ding seit über einem Jahrhundert und habe es kaum benutzt. Das Gehirn verbrachte die meiste Zeit zu Hause, in die Haupteinheit eingestöpselt, und führte sozusagen ein Leben auf der Ersatzbank. Selbst in den Ferien hielt ich mich die meiste Zeit an Bord auf, anstatt mich in feindliche Umgebungen hinauszuwagen.
    Nun, jetzt befinden wir uns in einer feindlichen Umgebung, das steht fest. Wir brauchen nichts anderes zu tun, als die halbe Strecke um einen luftlosen Planeten zu marschieren, alle Hindernisse, die sich uns entgegenstellen, zu überwinden, und wenn der Ort, zu dem wir unterwegs sind, noch existiert, und wenn die Systeme des Anzugs nicht vollkommen den Geist aufgeben, und wenn wir nicht von dem erwischt werden, was immer das Modul zerstört hat, und wenn wir nicht von unseren eigenen Leuten

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