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Ein Geschenk der Kultur

Ein Geschenk der Kultur

Titel: Ein Geschenk der Kultur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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in die Luft gejagt werden, dann sind wir gerettet.
    »Fühlst du dich gut genug, um weiterzugehen?«
    »Was?«
    »Wir sollten uns wieder auf den Weg machen, meinst du nicht?«
    »Ach so. Ja. Okay.« Ich lasse mich auf den kahlen Boden hinab. Meine Füße tun einen Moment lang schrecklich weh, doch als ich anfange zu laufen, läßt der Schmerz nach. Der Hang sieht jetzt nicht anders aus als viele Kilometer hinter uns. Mein Atmen ist bereits zu einem heftigen Schnaufen geworden.
    Plötzlich sehe ich ein lebhaftes Bild der Basis vor mir, wie sie aussehen könnte, wie sie wahrscheinlich jetzt ist: ein ausgedehnter, rauchender Krater, während desselben Angriffs aus dem Planeten gerissen, der unseren Absturz bewirkt hat. Doch selbst wenn das die Wirklichkeit sein sollte, ist es trotzdem sinnvoll, daß wir uns dorthin begeben. Rettungs- oder Verstärkungsmannschaften werden am ehesten dorthin ausgeschickt. Unsere Chance, aufgelesen zu werden, ist dort größer als irgendwo sonst. Und es gibt sowieso kein Modulwrack am Boden, in dessen Nähe wir hätten bleiben können; es hat sich mit so hoher Geschwindigkeit bewegt, daß es völlig verbrannte, selbst in dieser dünnen Atmosphäre, wie es mit uns auch beinah geschehen wäre.
    Ich hege immer noch die schwache Hoffnung, daß man uns vom Raum aus entdecken wird, wenn ich das auch jetzt nicht mehr für sehr wahrscheinlich halte. Alles, was dort oben unversehrt geblieben ist, richtet den Blick jetzt vermutlich nach außen. Wenn man unseren Absturz bemerkt oder uns auf der Planetenoberfläche ausgemacht hätte, dann hätte man uns inzwischen längst geholt, vermutlich nur ein paar Stunden nach unserem Aufprall am Boden. Sie können nicht wissen, daß wir hier sind, und wir haben keine Möglichkeit, mit ihnen Verbindung aufzunehmen. Also können wir nichts anderes tun als marschieren.
    Die Felsen und Gesteinsbrocken werden allmählich kleiner.
    Ich marschiere weiter.
     
    Es ist Nacht. Ich kann nicht schlafen.
    Die Sterne bieten einen großartigen Anblick, aber keinen Trost. Außerdem friere ich, was die Sache auch nicht besser macht. Wir befinden uns immer noch an dem Hang; wir haben heute etwas mehr als sechzehn Kilometer zurückgelegt. Ich hoffe, daß wir morgen den Rand der Böschung erreichen oder zumindest irgendeine andersgeartete Landschaft. Während des Marschierens hatte ich heute mehrmals den Eindruck, daß wir trotz all meiner Anstrengung kein Stück weitergekommen sind. Alles sieht so gleich aus.
    Verdammt soll meine Abstammung vom Menschengeschlecht sein! Die Seiten und der Bauch tun mir schrecklich weh. Meine Beine und Füße haben besser durchgehalten, als ich erwartet habe, aber meine Verletzungen quälen mich. Mein Kopf schmerzt ebenfalls. Normalerweise würde mich der Anzug mit Schmerz-, Beruhigungs- oder Schlafmitteln vollpumpen, und mir außerdem alle möglichen Muskelaufbaupräparate und Drogen zur Selbstwiederherstellung des Körpers verabreichen. Mein Körper schafft diese Dinge nicht aus eigener Kraft, wie es bei den meisten Geschöpfen der Fall ist, deshalb bin ich auf die Gnade des Anzugs angewiesen.
    Er behauptet, sein Recycler habe ein Leck. Ich spreche nicht gern darüber, aber der dünne Schleim, den er absondert, schmeckt abscheulich. Der Anzug sagt, er bemühe sich immer noch, die undichte Stelle zu finden, doch bisher hat er noch keine Fortschritte gemacht.
    Ich habe die Arme und Beine jetzt innen, in einem durchgehenden Anzugraum. Darüber bin ich froh, denn auf diese Weise kann ich mich kratzen. Der Anzug liegt mit seitlich angeklammerten und zum Torso hin geöffneten Armen da, seine Beine sind ebenfalls offen miteinander verbunden, ohne eine trennende Schicht dazwischen, und die Brust ist erweitert, damit ich etwas mehr Platz habe. Unterdessen gefriert das Kohlendioxid draußen, und die Sterne scheinen gleichmäßig.
    Ich kratze mich unentwegt. Auch etwas, das Menschen, die eine durchgreifendere Veränderung erfahren haben, nicht zu tun brauchen. Ich kann nicht durch bloßes Denken den Juckreiz verschwinden lassen. Es ist nicht sehr gemütlich hier drin. Normalerweise ist es das; warm und behaglich und angenehm; jeder chemischen Laune des eingeschlossenen Körpers wird entsprochen; eine kleine Gebärmutter, um sich hineinzukringeln und zu träumen. Das Material, mit dem die Innenwände ausgeschlagen sind, kann sich nicht mehr so anpassen wie früher, es bleibt ziemlich hart und fühlt sich verschwitzt an – und riecht auch so. Der Geruch des

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