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Ein Geschenk der Kultur

Ein Geschenk der Kultur

Titel: Ein Geschenk der Kultur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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meine, die Frauen haben ihre Periode, und die Männer haben diesen Machismo- Quatsch, weil sie alles das tun müssen, was von ihnen erwartet wird, und das ist bei uns anders; ich meine, wir haben solche Sachen nicht, wie sie sie haben… Was ich sagen will, ist, es gibt alle möglichen Dinge, die bei ihnen etwas bewirken, und wir haben das nicht. Sie. Wir haben sie nicht, und deshalb können wir auch nie so total am Boden zerstört sein wie sie. Ich glaube, das ist das Geheimnis. Druck und Tiefschläge und Enttäuschungen. Ich glaube, so hat es mir jemand beschrieben. Aber ich meine, das ist so ungerecht… Ich weiß bloß noch nicht, für wen; ich bin noch nicht so recht dahintergekommen, versteht ihr?«
    Ich sah Roghres an, und sie sah mich an. Einige Drogen verwandeln einen während ihrer Wirkungsdauer in einen plappernden Schwachkopf.
    »Ich habe das Gefühl, daß du etwas weißt, was du uns nicht verrätst«, sagte Roghres. »Und ich glaube nicht, daß ich es aus dir herausquetschen werde.« Sie lächelte. »Ich weiß etwas Besseres; wenn du nicht damit herausrückst, dann erzähle ich Li, du hättest mir anvertraut, daß du heimlich in ihn verliebt bist und dich nur so abweisend gibst, weil du was erreichen willst? Wie findest du das?«
    »Das erzähle ich meiner Mama, und die ist größer als deine.«
    Roghres lachte. Sie nahm Djibards Hand, und sie erhoben sich gemeinsam. Sie entfernten sich, wobei Roghres Djibard führte, die beim Weggehen sagte: »Weißt du, ich glaube es liegt daran, daß wir im Unterschied zu ihnen keine Pubertät durchmachen. Ich meine, die Frauen…«
    Eine Drohne, die mit leeren Gläsern vorbeikam, murmelte: »Djibard-Papperlapapp«. Ich lächelte und ließ die Füße ins warme Wasser baumeln.

 
    4.3: Abtragung
     
    Ich war ein paar Wochen lang in Auckland, dann in Edinburgh und anschließend wieder auf dem Schiff. Die eine oder andere Person fragte mich nach Linter, aber offenbar hatte sich herumgesprochen, daß ich zwar wohl etwas wußte, aber mit niemandem darüber zu sprechen gedachte. Trotzdem kam mir niemand deswegen unfreundlicher vor.
    Unterdessen hatte Li eine großangelegte Kampagne gestartet, um das Schiff dazu zu bringen, ihn ohne Veränderungen die Erde besuchen zu lassen. Sein Plan war, aus den Bergen herabzusteigen; er wollte sich auf einem hohen Gipfel absetzen lassen und sich dann talwärts bewegen. Er erklärte dem Schiff, daß das sicherheitstechnisch vollkommen unbedenklich wäre, zumindest im Himalaya-Gebirge, denn wenn er gesehen würde, würden ihn die Leute für den Yeti halten. Das Schiff sagte, es wolle darüber nachdenken (was gleichbedeutend mit einem Nein war).
    Gegen Mitte Juni forderte mich das Schiff plötzlich auf, für einen Tag nach Oslo zu gehen. Linter hatte darum gebeten, mich zu treffen.
    Ein Modul ließ mich an einem strahlenden Frühmorgen in der Nähe von Sandvik im Wald aussteigen. Ich erwischte einen Bus, der ins Zentrum fuhr, und spazierte zum Frogner-Park. Ich fand die Brücke über den Fluß, die Linter als Treffpunkt vorgeschlagen hatte, und setzte mich auf die Brüstung.
    Im ersten Moment erkannte ich ihn gar nicht. Normalerweise erkenne ich Leute an ihrem Gang, und Linters Bewegungen und seine Haltung hatten sich verändert. Er sah dünner und blasser aus, sein Körper war nicht mehr so auffällig und eindrucksvoll. Er trug denselben Anzug wie in Paris, doch er wirkte jetzt etwas sackartig und leicht ärmlich an ihm. Er blieb einen Meter vor mir stehen.
    »Hallo!« Ich streckte ihm die Hand hin. Er schüttelte sie und nickte.
    »Schön, dich wiederzusehen. Wie geht es dir?« Seine Stimme klang schwächer, irgendwie nicht mehr so sicher.
    Ich schüttelte den Kopf und lächelte. »Hervorragend, wie sonst?«
    »O ja, natürlich, wie sonst.« Er wich meinem Blick aus.
    Ich fühlte mich etwas unbehaglich, ihn so vor mir stehen zu sehen, also glitt ich von der Brüstung und stellte mich vor ihn hin. Er kam mir kleiner vor, als ich ihn in Erinnerung hatte. Er rieb sich die Hände, als ob ihn fröre, und blickte die breite Straße hinauf, mit den eigenwilligen Vigoland-Skulpturen, die sich gegen nördlich-blauen Morgenhimmel abhoben. »Hast du Lust, ein bißchen spazierenzugehen?« fragte er.
    »Ja, laß uns ein wenig laufen.« Wir setzten uns über die Brücke in Bewegung, in Richtung der ersten Stufen auf der anderen Seite des Obelisken und des Brunnens.
    »Vielen Dank, daß du gekommen bist.« Linter sah mich kurz an, dann wandte er den

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