Ein Geschenk von Tiffany
war.
»Willste tauschen?« Er zwinkerte ihr grinsend zu und wies mit dem Kinn auf das kaiserliche Bett.
»Nö«, entgegnete sie schnippisch, »ich mag meine Rundungen.«
»Deine Rundungen?«
»Die an meinem Bett. Außerdem sterbe ich, wenn ich nicht in mindestens zwanzig Minuten was zu essen kriege. Ich klopf bei dir an, wenn ich fertig bin, ja?« Sie ging zur Tür.
Sie warf ihre Reisetasche aufs Bett und begutachtete deren Inhalt. Sie hatte so hastig gepackt, sie wusste gar nicht so recht, was sie da eigentlich mitgenommen hatte. Weiße Shorts. Hm. Die hatte sie eigentlich für eine weiße Bluse gehalten. Pech. Ein Fair-Isle-Pulli, ihre schwarze Bikerjeans, eine butterscotchfarbene Seidenbluse, eine Khaki-Röhrenhose, camelfarbene Tods.
Sie schaute an sich hinab. Sie hatte ihre Lieblingsjeans an (die am rechten Knie schon recht angegriffen war, dafür aber wunderbar weich), ein schwarz-ecru-gestreiftes Seidentop, das vorne an der Büste ein wenig gerafft war, ein Paar Superga-Plimsolls und eine orangerote Windjacke. Sie konnte es drehen und wenden, wie sie wollte – nicht einmal Kelly hätte in diese Klamottensammlung eine irgendwie geartete, durchnummerierte Ordnung bringen können.
Sie ging zuerst einmal unter die Dusche, wusch sich mit dem Hotelshampoo die Haare, während sie sich den Kopf darüber zerbrach, was sie aus ihrer begrenzten Auswahl wohl anziehen könnte. Der Vorteil eines Bobs war, dass die Haare schnell trockneten. Und da die brasilianische Anti-Dauerwelle ohnehin schon vor Monaten den Geist aufgegeben hatte, legten sich ihre Haare jetzt wieder von selbst in hübsche Wellen und Locken.
Während sie sich ein wenig schminkte, hörte sie Henry auf der anderen Seite der Wand in seinem Bad herumscheppern. Es klang, als würde er sich einen unterirdischen Fluchtgang aus dem Gefängnis graben.
Fünf Minuten später klopfte sie an seine Tür. »Bist du noch da?«, rief sie.
Die Tür ging auf. Henry rubbelte sich gerade mit einem Handtuch die Haare trocken. Ein zweites Handtuch war um seine Hüften geschlungen. »Wo sollte ich sonst sein?« Er ließ sie rein.
»Na, du hast so einen Lärm im Bad gemacht, ich dachte schon, die Mafia hätte dich geholt.«
Seine Augen tasteten sie ab.
»Was?«
»Sieh dich an«, sagte er, »du siehst richtig italienisch aus.«
»Ach was«, sagte sie verlegen, »das war das Beste, was ich finden konnte. Ich musste schließlich ziemlich schnell packen. Wie viel Zeit hatte ich noch? Sieben Minuten?«
»Du solltest lernen, Komplimente auch anzunehmen. Du siehst toll aus.« Er verschwand wieder im Bad.
Wirklich? Sie trat vor den Zimmerspiegel. Sie hatte die – kunstvoll zerknitterte – butterscotchfarbene Seidenbluse mit der Khaki-Röhrenhose kombiniert, dazu die camelfarbenen Tods und die orangerote Windjacke.
Sie wischte mit der Spitze des kleinen Fingers einen Tuschefleck unter dem unteren Lidrand weg und drehte sich die vorderen Haarsträhnen um die Finger, wie Bas es ihr beigebracht hatte. Da hörte sie ein Klappern im Bad und schaute automatisch hin, um zu sehen, ob Henry in Ordnung war. Der hatte die Tür zwar mit dem Fuß zugestoßen, aber sie war nicht ins Schloss gefallen und stand nun halb offen. Von ihrem Spiegel aus konnte sie direkt ins Bad und in seinen Spiegel sehen. Henry war in Ordnung. O ja, mehr als in Ordnung. Nackt, wie Gott ihn schuf, stand er vorm Badspiegel und sprühte sich Deo unter die Achseln. Cassie stockte der Atem … rein physisch war er einfach atemberaubend. Sie wusste, dass sie hätte wegschauen sollen – jetzt, sofort –, doch sie konnte nicht. Die Art, wie sich sein oberer Rücken nach unten zu verjüngte, bevor er sich zu seinen harten, runden Pobacken auswölbte, die Muskelstränge zwischen Schultern und Bizeps und die goldene Tönung seiner Haut … er wandte sich zur Seite, um eine Boxershorts vom Türhaken zu nehmen, sah auf und … ihr direkt in die Augen.
Und für einen winzigen Moment, bevor sie von Scham überwältigt wurde, spürte sie die Kraft dieses Blicks wie einen Schlag, der ihr den Atem nahm, der sie gegen die Wand zu schleudern, ihr sämtliche Sinne und den Verstand zu rauben drohte.
Er blinzelte. Die Starre fiel von Cassie ab. Sie schlug die Hände an die brennenden Wangen. Henry wusste noch vor ihr, was gleich passieren würde, aber das feuchte Handtuch – das er nachlässig zu Boden geworfen hatte – lag auf dem Fußboden vor dem Bad, und sie war weg, bevor es ihm gelang, es aufzuheben und wieder
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