Ein Geschenk von Tiffany
sie.
Cassie nahm sie bei der Hand und zog sie mit sich, den Gang entlang. »Du kannst selbst mit ihr reden.«
»Aber …« Anouks Füße schleiften übers Linoleum.
»Du hast recht, Nooks«, sagte Cassie und schaute sie an. »In einer Zeit wie dieser sollten wir alle zusammenhalten. Suzy ist grade Mutter geworden, verdammt noch mal!« Cassies Stimme bebte vor Rührung.
»Aber ihr wisst, was ich getan habe …«
Cassie seufzte. »Was geschehen ist, lässt sich nun mal nicht mehr ändern. Und du hast aus Angst gehandelt. Glaubst du, ich weiß nicht, wie es ist, einen Mann zu lieben, der dich nicht genug liebt? Wir befinden uns auf unterschiedlichen Seiten derselben Medaille. Das mindeste, was wir tun können, ist, uns umeinander zu kümmern, oder?«
Anouk nickte unter Tränen. Aber jetzt drückte ihr Gesicht Dankbarkeit und Erleichterung aus.
»Also, dann komm!«, lachte Cassie, packte sie abermals bei der Hand und zog sie den Korridor entlang. Kelly rief erneut nach Cassie.
Kelly und Henry fielen fast die Augen raus, als Cassie mit Anouk um die Ecke geschlittert kam.
»Ich weiß, was ihr denkt. Ihr hättet nie gedacht, dass mal der Tag kommt, an dem Anouk …« Cassie hob hilflos die Hände. »… Polyester tragen würde.«
Eine verblüffte Stille trat ein, dann brüllten alle vor Lachen, Anouk ebenfalls. Aus dem Geburtszimmer drangen die quäkenden Schreie eines Neugeborenen.
»Ein kleines Mädchen!« Archie kam schluchzend durch die Schwingtür getaumelt. »Ich hab eine Tochter!«
Henry umarmte ihn begeistert. Auch er hatte Tränen in den Augen. »Gratuliere, Kumpel!«, rief er und klopfte seinem Schwager auf den Rücken.
Kelly, Cassie und Anouk lagen einander halb schluchzend, halb lachend in den Armen. Sie feierten ihre Wiedervereinigung ebenso wie Cupcakes glückliche Ankunft. Archie trat zu ihnen, die Tränen liefen ihm über die Wangen. Kelly und Anouk scharten sich sofort um ihn wie Mutterhennen und streichelten und tätschelten seine bebenden Schultern.
Cassie sah sich nach Henry um. »Henry! Du bist Onkel geworden!«, rief sie begeistert aus, ihren Ärger vollkommen vergessend. Mit ausgebreiteten Armen ging sie auf ihn zu.
Doch sein Gesicht verfinsterte sich, alle Freude erlosch. Mit einem Ruck wandte er sich von ihr ab.
Cassie starrte seinen Rücken an. Es war ein Wall, mit dem er sie abwehrte, sie nicht an sich heranließ. Zorn züngelte in ihr hoch wie eine Flamme. Wie konnte er es wagen, sie in einem solchen Moment abzuweisen?
Das würde sie sich nicht bieten lassen! Entschlossen ging sie um ihn herum. »Was ist los mit dir?«, zischte sie. »Was hab ich denn getan?« Die Betonung implizierte, dass er sie geküsst hatte, dass er verlobt war, nicht sie.
Aber er hatte keine Zeit zu antworten. Suzy brüllte aus der Geburtsstation: »Arch, komm her, ich brauch dich! Da stimmt was nicht mit einer Titte!«
»Dein Timing hat was Episches«, sagte Cassie leise. Cupcake lag in ihren Armen, und sie wollte die Kleine nicht aufwecken.
»Na, man hat’s oder man hat’s nicht …«
Cassie schmunzelte. »Wirst du morgen zur Hochzeit entlassen werden können?«
»Kommt drauf an, wie sie sich stillen lässt, schätze ich, und wie die Nacht verläuft. Aber die Schwestern haben gesagt, sie tun ihr Bestes.«
»Toll.«
»Mhm. Ich werde aber möglicherweise im Rollstuhl hinter der Braut durch den Mittelgang rollen müssen.«
»Wieso das denn?«
»Hallo? Ich hab gerade das Äquivalent einer Bowlingkugel durch meinen Geburtskanal gedrückt!«
»Tz, wie kannst du so was über sie sagen?« Cassie spitzte die Lippen und schaute hingerissen auf das schrumpelige rosa Gesichtchen hinab.
»Zehn Pfund, jawohl«, sagte Suzy stolz. Sie inspizierte einen eingerissenen Nagel.
Beide starrten das schlafende Baby an.
»Kaum zu fassen, dass sie endlich da ist«, murmelte Cassie.
Henry und Archie waren zu Brett und Bas und dem Rest der Hochzeitsgesellschaft ins Pub gegangen, um auf den neuen Erdenbürger anzustoßen. Kelly und Anouk saßen unten in der Kantine bei Mineralwasser und hatten die Köpfe zusammengesteckt. Es gab viel aufzuholen.
»Miss Clemency Velvet McLintlock. Großartiger Name.«
»Ja, aber ich wette, wir werden sie weiter Cupcake nennen.«
»Sie ist wunderschön.«
»Echt? Ich finde, ihr Gesicht sieht ein bisschen aus wie ein Pavianarsch. Schau mal, die Nase – sie ist ganz eingedrückt.«
»Suzy! Du bist ja noch schlimmer als deine Mutter!«
Suzy lachte. »Ich weiß!« Ihr Blick hing an
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