Ein Geschenk von Tiffany
den beiden wie ein Pilz, während ein Klient nach dem anderen sich mit einem bedauernden Kopfschütteln verabschiedete und Hartford Communications einem möglichen Ruin ins Auge sah. Wäre da nicht ihre sich prächtig entwickelnde Beziehung zu Brett gewesen, wäre es zwischen ihnen vielleicht schon zum Bruch gekommen. Kelly und er gingen jetzt »so gut wie ausschließlich« miteinander aus, was hierzulande fast einer Verlobung gleichkam. Sie war abends kaum noch zuhause anzutreffen, was Cassie jede Menge Zeit ließ, sich zu erholen, ihren Rasen zu gießen und zu weinen. An den Abenden, an denen Kelly doch einmal da war, ging Cassie ihr ihrerseits aus dem Weg, indem sie ein Taxi zu Bas’ Wohnung in Midtown nahm, wo er gewöhnlich eine Flasche Rotwein köpfte, an ihrem Haar rummachte und mit ihr die Männer zu verstehen versuchte.
Cassie wickelte sich fester in ihren Parka, denn es pfiff ein kalter Wind. In diesem Moment tauchte auch schon der legendäre flaschengrüne Bus in der Ferne auf und bahnte sich tapfer seinen Weg durch den modernen Verkehr von Manhattan. Die Leute drängelten ungeduldig nach vorne. Cassie sah sich ängstlich um. Noch immer keine Spur von Bas. So würde sie nie in den Bus reinkommen, und der nächste ging erst in zwei Stunden. Sie holte ihr Handy aus ihrer Manteltasche und probierte noch mal seine Nummer. Es klingelte.
»Schon gut, schon gut, ich bin ja da«, ertönte es, nicht aus dem Handy, sondern hinter ihr.
Sie wirbelte herum und fiel ihm erleichtert um den Hals.
»Hey«, sagte er überrascht, »du hast doch nicht gedacht, dass ich dich im Stich lasse, oder?« Grinsend packte er sie am Handgelenk, führte sie geschickt um das Gedränge herum und etwa zehn Meter weiter die Straße hinauf. Der Hampton Jitney kam quietschend direkt vor ihnen zum Stehen. Die Leute an der Haltestelle blickten einen Moment lang blöd drein und versuchten dann hastig, ihnen nachzukommen.
»Woher hast du das denn gewusst?«
»Neben dem Gehsteig ist ein Kanaldeckel, der zu tief in die Straße eingelassen ist. Wenn der Bus da anhält, schlägt er mit dem Dach ans Haltestellenschild«, teilte er ihr mit diebischer Freude mit. Cassie schaute hin. Es war genau so, wie er sagte.
»Was du immer alles weißt«, lobte sie ihn grinsend. Vor ihnen gingen zischend die Türen auf, und sie betraten als Erste den grünen Bus. Er führte sie sofort nach hinten. »Das ist mein Lieblingsplatz«, erklärte er, »da sind wir nahe genug beim Kaffeeautomaten und bei der Toilette, haben unseren eigenen Fernsehschirm – und außerdem sieht man von hier auch am besten nach draußen.«
»Was würde ich bloß ohne dich anfangen?«, schwärmte Cassie seufzend. Sie zog ihren Parka aus und rollte ihn zusammen.
Der Bus füllte sich rasch. Nach drei weiteren Stopps hatten sie den Tunnel und den Flughafen hinter sich gelassen. Cassie dachte mit Grausen an den Tag zurück, an dem sie hier angekommen war, nur drei Stunden, nachdem die Trümmer ihres bisherigen Lebens auf sie niedergeprasselt waren. Einer der letzten Sommertage war’s gewesen, über der Stadt stand noch ein verheißungsvoller tiefblauer Himmel. Aber das war jetzt vorbei. Jetzt war Mitte Oktober, der Herbst hatte längst begonnen, die tiefstehende Sonne spiegelte sich in den Glastürmen und tauchte die Straßenschluchten in einen sanften orangeroten Schimmer, der über den eisigen Wind hinwegtäuschte. Sie war nun seit sechs Wochen hier. Aber abgesehen von der Tatsache, dass es ihr ein wenig besser gelang, ein- und auszuatmen, hatte sie nicht viel vorzuweisen. Einen neuen Freund, das ja, aber dafür bestand die Gefahr, eine alte Freundin zu verlieren. Und so gern sie Bas auch hatte, Kelly für ihn eintauschen wollte sie nun doch nicht.
Bas tauchte mit zwei Pappbechern auf, und sie stieß einen tiefen Seufzer aus.
»Du grübelst schon wieder«, bemerkte er vorwurfsvoll.
»Ich bin die am meisten gehasste Person in Manhattan, da darf man wohl ein wenig ins Grübeln geraten.«
»Nein, das bist du nicht. Diese Ehre gebührt Petra Richley – die hat sich Alex von Fürstenberg geschnappt.« Er hielt inne. »Außerdem kennt jetzt zumindest jeder deinen Namen. Das ist in dieser Stadt viel wert.«
»Ach ja? Damit sie meine Bewerbung in den Mülleimer schmeißen können, wenn sie bei ihnen auf dem Schreibtisch landet?«
»Ach, das war doch nur Pech. Es ist doch nicht deine Schuld, dass Gucci seine Anzeigen in den Glossies zurückgefahren hat und jetzt mehr die Blogger
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