Ein Geschenk von Tiffany
Vierteljahr im Voraus geplant. Um Kelly zu beeindrucken, hatte Cassie extra die neuesten Herbsttrends aus der Oktoberausgabe der Vogue studiert, aber Kelly hatte sie ihr aus der Hand gerissen und weggeworfen. Diese Trends seien jetzt nur noch wichtig für die Leser, hatte sie gesagt, für die Modeindustrie waren sie längst passé.
»Wann wird Molly hier sein?«, fragte Bas, während Kelly fünf Gläser voll schenkte. Er hatte dieses Jahr schon auf vielen Shows mit Molly zusammengearbeitet, und sie waren gute Freunde.
»Mit dem nächsten Jitney. Sie hat noch auf ein paar Kosmetikartikel warten wollen.«
»Und … ähm …?«
»Bebe kommt nicht«, antwortete Kelly brüsk. »Das war Lukes Bedingung, sonst hätte er den Job nicht angenommen. Er wird ihr die Aufnahmen morgen Abend per E-Mail schicken.«
Cassie runzelte verblüfft die Stirn. Was ging da vor? Bebe hatte Hartford Communications gleich nach der Show gefeuert, und doch schien ein Anruf von einem Fotografen zu genügen, um sie wieder aufzunehmen, wenn auch nur für die Werbekampagne. »Sie will die Sache eben mit uns abschließen«, war Kellys lapidare Erklärung gewesen. »Immerhin haben wir diese Kollektion mit ihr zusammen ausgearbeitet. Abgesehen von Bebe selbst verstehe ich am besten, worin ihre Vision für die Produktlinie besteht.«
Es machte trotzdem keinen Sinn. Wieso schloss ein Fotograf den Designer vom Shooting seiner – oder ihrer – eigenen Werbekampagne aus? Aber sie behielt ihre Gedanken für sich. Bei Kelly wäre sie damit ohnehin nur wieder ins Fettnäpfchen getreten.
Hinter ihnen fiel die Haustür ins Schloss. Cassie wandte sich um und sah einen Mann, der seine Füße auf der Matte abstreifte. Er hatte einen Fotoapparat über der Schulter hängen. Welliges hellbraunes Haar ringelte sich über seinen Hemdkragen, und seine Wangen waren rot von der Kälte draußen. Er kam ihr irgendwie bekannt vor. Die Tür ging abermals auf, und eine dürre Rothaarige trat ein. Sie hatte einen Lichtreflektor unter einem Arm und einen Dreifuß unter dem anderen.
»Da, nimm, Lou«, sagte sie und reichte ihm einen anderen Fotoapparat, den sie sich übers Handgelenk gehängt hatte. Er nahm ihn, hielt ihn hoch und ließ die Bilder zur Kontrolle zurücklaufen. Cassie schnappte nach Luft und schlug die Hand vor den Mund.
Das konnte nicht sein!
Lou sah auf. Als er ihren erschrockenen Gesichtsausdruck sah, grinste er.
»Na, wen haben wir denn da?«, sagte er und kam auf sie zu. »Wir kennen uns doch, nicht wahr?«
10. Kapitel
»Wieso hast du mir nicht gesagt, dass du Luke Laidlaw kennst?«, zischte Kelly, die Cassie unter dem Vorwand, die Gläser nachfüllen zu wollen, in die Küche zurückgezerrt hatte.
»Kennen ist zu viel gesagt, Kell. Ich hab ihn nur einmal getroffen. Er war’s, der gesehen hat, dass Alexa … na ja … noch keinen Sitzplatz hatte.« Kelly zuckte zusammen. Sie hätte ebenso gut sagen können: »flach auf der Nase lag« – das Resultat war dasselbe. »Er hat versucht, mir zu helfen, das ist alles.«
»Hast du überhaupt eine Ahnung, wer das ist?«
»Ein Fotograf?«
»Der Fotograf, Cassie, der Fotograf. Er ist für das neue Erscheinungsbild von Alexa Bourtons Vogue verantwortlich, Layout, Typeface, alles. Er hat einen Exklusivvertrag. Eine Modestory pro Ausgabe und eine Option aufs Titelbild.« Kelly senkte ihre Stimme zu einem Flüstern. »Es heißt außerdem, dass er was mit ihr hat, mit Alexa Bourton. Kein Wunder, dass er sie nicht herumstehen lassen wollte. Und genau deshalb macht mir deine Anwesenheit Kopfschmerzen.« Sie schenkte Cassie einen bedeutsamen Blick.
»Was meinst du?«
Kelly zuckte die Achseln. »Einfach ausgedrückt, du hast seine Freundin gekränkt. Und jetzt wird er sich vielleicht weigern, mit dir zusammenzuarbeiten.«
Cassie hob sofort die Hände. »Dann gehe ich. Ich will dir nicht noch mehr Schwierigkeiten machen, Kell.«
Ein Klicken ertönte.
»Wohin denn?«, fragte eine Stimme.
Beide drehten sich überrascht um. Luke stand in der Küchentür. Er trug eine ausgebleichte Jeans und ein hellgraues Sweatshirt. Den Fotoapparat hatte er noch immer in der Hand. Er hatte ihn kein einziges Mal abgelegt, seit er das Haus betreten hatte. Er kam näher und blieb bei ihnen stehen, überprüfte das Bild, das er gerade gemacht hatte.
»Ich hab grade zu Cassie gesagt, dass ich sie leider ins Büro zurückschicken muss …«
Luke runzelte die Stirn, noch immer mit dem Foto beschäftigt, das er offenbar
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