Ein Geschenk von Tiffany
heranzoomte.
»Es sind ein paar Dinge angefallen, die sie unbedingt für mich erledigen muss.«
Schweigend fingerte er an den Schaltern herum.
»Können Sie nicht gehen?«, fragte er, ließ den Fotoapparat sinken und schaute Kelly an.
»Ich?«, fragte Kelly überrascht. »Wohl kaum.« Sie stieß ein harsches Lachen aus. »Ich meine, in Bebes Abwesenheit bin ich doch diejenige, die ihre Vision am besten nachvollziehen kann. Ich habe bei dieser Kollektion eng mit ihr zusammengearbeitet. Ich kann durch ihre Augen sehen.«
Cassie hätte schwören können, dass Lukes linke Augenbraue gezuckt hatte. Er reichte jeder von ihnen ein gefülltes Glas.
»Ach nein, nicht für mich, danke«, sagte Cassie und stellte das Glas hastig wieder zurück auf die Anrichte. »Ich mach mich aus dem Staub. Ich will euch nicht im Weg umgehen.«
»Unsinn«, sagte Luke und hielt ihr das Glas wieder hin. »Sie müssen bleiben. Ich bestehe darauf.«
Sein Ton verriet, dass es ihm ernst war. Er spielte seine Schlüsselrolle als Fotograf aus. Cassie schaute ängstlich zu Kelly hin. Deren Blick haftete grübelnd auf Luke.
Nach einer kurzen Stille zuckte sie mit den Achseln. »Na gut, wenn Luke das Gefühl hat, dass … das Shooting von deiner Anwesenheit profitieren kann, Cass, dann musst du eben bleiben.« Sie rang sich ein Lächeln ab. »Alles andere muss dann bis nächste Woche warten.« Sie stakste davon und ließ eine verlegene Cassie allein mit Luke zurück.
Eine Stille trat ein, die Luke offenbar nicht zu füllen gedachte. Cassie spürte, wie sie nervös wurde.
»Ich weiß, das ist vielleicht nicht die beste Zeit, aber … vielleicht ergibt sich ja keine Gelegenheit mehr, das zu sagen, und sagen muss ich’s …«
»Wir werden jede Menge Gelegenheit haben, miteinander zu reden«, unterbrach er sie.
»Na ja, mag sein, aber … aber das werden hektische Tage, und ich wollte einfach bloß sagen, falls – also ich wollte mich bei Ihnen für Ihre Hilfe bedanken. Auf der Modenschau.«
Er starrte sie an, sagte allerdings nichts. Was sie noch nervöser machte. Sie hatte seine Freundin gekränkt!
»Also, vielen Dank noch mal. Das war sehr nett von Ihnen.«
Er nickte. »Ich hab Mitleid mit Ihnen gehabt.«
So wie die meisten, dachte sie.
»Dies ist ein hartes, ja grausames Geschäft. Und ich konnte sehen, dass es wirklich nur ein Versehen von Ihnen gewesen war.« Sein Mund verzog sich zu einem kleinen Grinsen. »Und wenn wir alle nicht so machthungrig und statusbesessen wären, wär’s fast sogar komisch gewesen.«
Es war nichts Komisches daran, dass Kelly drei Viertel ihres Einkommens und drei Mitarbeiter verloren hatte, dachte Cassie. Zerstreut nahm sie einen Schluck aus ihrem Glas. Es schmeckte rauchig und wärmte den Magen.
»Also, wissen Sie schon, was Sie morgen machen wollen?«, fragte sie.
»Erst mal gehen wir an den Strand. Morgen soll’s Westwind geben, der ist milder. Und dann möchte ich noch ein paar Aufnahmen mit ihr im Wasser machen.«
Cassie verschluckte sich fast. »Aber es ist Mitte Oktober! Sie können sie doch nicht in den Atlantik jagen, da erfriert sie doch.«
»Das ist ihr Job«, sagte Luke unbeeindruckt. »Außerdem sind Sie ja da. Sie können jede Menge warme Decken und eimerweise heißes Wasser bereithalten, damit sie ihre Füße reinstellen kann.«
Cassie schauderte bei dem Gedanken ans Baden um diese Jahreszeit. Ob Selena wusste, was ihr bevorstand? Cassie hatte das Gefühl, dass der morgige Tag, wie die meisten Tage in letzter Zeit, kalt und lang und ereignisreich werden würde.
11. Kapitel
Cassie und Kelly joggten am Strand nebeneinanderher. Sie liefen unweit der Gezeitenlinie, wo der Sand feucht und fest war. Cassie wollte schier das Herz explodieren, aber sie kämpfte sich tapfer weiter. Sie konnte spüren, wie sich Kelly von Tag zu Tag weiter von ihr zurückzog, und wollte ihr auf diese Weise sagen, dass sie sie nicht im Stich lassen würde, so wie Kelly sie nicht im Stich gelassen hatte … ich bin für dich da, wollte sie damit sagen, wir stehen das gemeinsam durch, du und ich. Auch wenn das Joggen ihr noch so sehr gegen den Strich ging.
Aber ihre Botschaft schien bei Kelly auf taube Ohren zu stoßen. Mühelos schaltete sie einen Gang rauf, war einen, zwei, drei Sprünge voraus, und schon zog sie davon.
»Bis nachher«, rief sie über ihre Schulter, »ich möchte mit einem Sprint abschließen.«
Cassie zwang ihre Beine weiterzulaufen, aber ihre Energie war futsch. Kellys abrupte
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