Ein Geschenk von Tiffany
zornig den Strand hinauf. Bei seinem Näherkommen wurden nervöse Blicke ausgetauscht. Es war klar, dass keiner die zahlreichen Toilettenbesuche erwähnen würde, die Selena zwischen den Kleiderwechseln absolviert hatte.
»So wird das nichts!«, knurrte er. »Kein Wunder, dass Bebe wollte, dass sie eine Jungfrau spielt. So würde selbst ich nicht mit ihr schlafen wollen.«
»Und das will was heißen«, flüsterte Bas Cassie zu. Ein nervöses Kichern brach aus ihr hervor.
Luke sah auf, aber diesmal lächelte er nicht.
Selena stolperte heulend ins Zelt. Der eisige Wind und Lukes harsche Worte hatten ihr den Rest gegeben. Kelly wickelte sie sofort in eine dicke Decke, die sie aus dem Haus mitgebracht hatte. Luke starrte immer noch Cassie an.
»Luke … es … es tut mir leid.« Selena klapperte mit den Zähnen. Sie sah im orangeroten Schein der Heizsonne beinahe krank aus. »E-es g-g-geht g-gleich wieder. Muss mich b-bloß kurz aufwärmen.«
Aber Luke schien sie nicht gehört zu haben. Doch dann schaute er sie an, und sein Gesicht wechselte den Ausdruck. »Was? Ach nein – mir tut’s leid. Ich war zu hart, Selena. Es ist wirklich eisig. Und es ist unfair, dich in einem Fähnchen da draußen rumlaufen zu lassen.«
Selena strahlte so glücklich wie ein Kätzchen, das man wieder aus dem Sack geholt hat, in dem es in den Fluss geworfen worden war.
Er rieb ihr die Arme. »Mein Gott, du bist ja total erfroren. Du wirst dir noch den Tod holen. Du fährst jetzt gleich zurück zum Haus und nimmst ein heißes Bad. Da, Bonnie wird dich heimfahren.« Er warf Bonnie seinen Autoschlüssel zu. Diese sah alles andere als begeistert darüber aus, dass sie jetzt auch noch den Chauffeur für den Star spielen sollte.
»Ich dank dir, Lou«, hauchte Selena und küsste ihn auf die Wange, dicht unter seinem Ohr.
Die beiden Frauen verließen das Zelt. Alle anderen machten sich ans Packen. »Tja, das wär’s dann wohl«, murmelte Bas.
»He, nicht so schnell«, sagte Luke und löschte den Inhalt seiner Memory Card. »Wir sind noch nicht fertig.«
»Aber du hast doch grade Selena nach Hause geschickt«, sagte Molly und deutete auf die entschwindende Gestalt. »Wir haben kein Fotomodell mehr.«
Luke blickte auf. »Doch, das haben wir.« Er schaute Cassie an. »Ich will sie.«
»Nein, das mach ich nicht!«
»Du musst!«
»Muss nicht! Mein Leben gehört mir! Mir allein!« Cassie schlug sich demonstrativ auf die Brust. »Ich bestimme, was ich mache und was nicht!«
»Aber er will nun mal dich.«
»Ach ja? Und wozu wohl? Du hast mich doch vor ihm gewarnt. Ein Hengst, hast du gesagt.«
Kelly verlagerte seufzend ihr Gewicht aufs andere Bein. Cassie kauerte an der Innenwand des Lieferwagens, die Knie schützend an die Brust gezogen.
Kelly zuckte die Achseln. »Ich weiß auch nicht, warum. Vielleicht ist das ja der Grund. Vielleicht hatte er das ja die ganze Zeit vor. Du gefällst ihm, dein Look gefällt ihm. So sind Fotografen nun mal. Sie brauchen eine Muse, von der sie sich inspirieren lassen können. Vielleicht hab ich mich ja getäuscht … vielleicht hat er ja gar nichts, du weißt schon … Zweideutiges im Sinn.«
»Aber ich bin doch kein Fotomodell, Kelly!«
»Weiß ich doch – aber vielleicht gefällt ihm ja gerade das an dir. Du bist ganz natürlich, ganz ungekünstelt. Ich meine, worum geht es denn? Um die dagestanische Kindsbraut, die in den Westen flüchtet. Um Jugend, um Unschuld …« Also, dass Kelly das sagen konnte, ohne eine Miene zu verziehen, konnte Cassie nur bewundern. »Vielleicht ist Selena ja ein zu bekanntes Gesicht für das, was wir mit diesen Bildern erreichen wollen.«
»Ich verstehe ja nicht mal, was das alles heißt«, murmelte Cassie und vergrub das Gesicht zwischen den Knien. »Und überhaupt, wenn nicht mal ein Profi wie Selena diesen Temperaturen standhalten kann, was hab ich dann für eine Chance?«
»Man muss kein Profi sein, um sich in einem hübschen Kleid auf eine Düne zu stellen, Cass. Glaubst du, sie hat das in der Schule gelernt? Das ist purer Instinkt. Und Ausdauer. Die feste Entschlossenheit, das Bild zustande zu kriegen. Außerdem will er die Aufnahmen jetzt sowieso erst mal ins Haus zurückverlegen und vom Dachboden aus den Sonnenuntergang einfangen.«
»Mit mir vor der Linse wird ihm das schwerfallen.«
»Wenn Luke Laidlaw sagt, es wird gut, dann wird’s gut. Nun komm schon«, drängte Kelly, »da hast du wenigstens deinen Enkelkindern was zu erzählen! Ich hab für Luke
Weitere Kostenlose Bücher