Ein Geschenk zum Verlieben
vorgeführt, unter anderem eine gefährlich aussehende Drehung auf dem Kopf. Als er dazu überging, den »Worm« zu machen, hatte selbst Laura sich vor Lachen nicht mehr halten können. Das mochte ja in irgendeiner Tiefgarage unter Teenagern cool aussehen, aber nicht bei MittdreiÃigern im Tuxedo. Das Lachen war ihr jedoch im Halse stecken geblieben, als Alex ihr daraufhin einen so heiÃen Blick zuwarf, dass sie fürchtete, er würde sie hier und jetzt die Treppe hinaufjagen und in ihr Zimmer verfolgen.
Laura stieg in den Kleinbus und drehte die Sitzheizung auf. Sie pustete in ihre kalten Hände und sah zu, wie Rob die restliche Ausrüstung â Rucksäcke mit Notrationen, Stöcke und Stiefel â verstaute. Sie konnte an seinen Bewegungen die freudige Anspannung erkennen, wie ihn der Adrenalinrausch zu packen begann. Wahrscheinlich mischte sich auch noch ein Rest vom Wodkarausch der Nacht darunter.
»Also los«, sagte er und setzte sich mit leuchtenden Augen neben sie.
Seltsam, dachte sie, wie sich die Dinge entwickeln: von einer angespannt-distanzierten Geschäftsbeziehung zu einer provokant-waghalsigen Sozialbeziehung.
Der Wagen fuhr schnurrend über die Auffahrt, soweit ein Wagen mit Schneeketten schnurren kann. Zurück blieben ihre Hausgenossen, die selig ihren Rausch ausschliefen, und vor ihnen lag verlockend der unberührte Schnee. Ein paar Schneeräumer waren bereits unterwegs und pflügten sich ebenfalls durch die frischen Massen. Keine zehn Minuten später hatten sie den Heliport erreicht.
Laura musterte das Fluggerät, das abfahrbereit auf seiner Landefläche stand. Der Pilot saà bereits im Cockpit und ging noch einmal alle Geräte durch. Mit jäh aufkeimender Angst wurde ihr klar, worauf sie sich da eingelassen hatte: einer der schwierigsten Berge der Region â und das nach nur zweieinhalb Stunden Schlaf und mit einem Kater obendrein. Normalerweise wurde sie in einem solchen Zustand nicht einmal mit der schmutzigen Wäsche fertig. Sie schaute zu Rob hinüber, der dem Piloten die Hand schüttelte. Er war letzte Nacht â oder besser: heute früh â ebenso voll gewesen wie alle anderen, was man bei ihm daran gemerkt hatte, dass er in dem Zustand einige Dinge gerade nicht mehr tat. Während alle anderen über ihre eigenen FüÃe stolperten (David) oder nicht einmal mehr lallen konnten (Orlando war in einen unmöglichen englisch-italienischen Mischmasch verfallen, den nicht mal Isabella hatte verstehen können), war Rob einfach nur lebhafter als sonst, weniger reserviert als in seinem Geschäftsleben. Ohne seinen Anzug und in Skiklamotten war er ein ganz anderer Mensch, ein Adrenalinjunkie, ein Sportler, der seine Grenzen austestete.
Sie hatte gerade ihren Helm aufgesetzt, als Rob ihr signalisierte einzusteigen. Die Rotorblätter begannen sich bereits zu drehen. Geduckt lief Laura auf den Hubschrauber zu und lieà sich von Rob beim Einsteigen helfen. Mit ein paar geübten Handbewegungen schnallte er sie an ihrem Sitz fest â es war klar, dass er dies nicht zum ersten Mal tat. Dann setzte er sich ihr gegenüber und schaute sie durchdringend an. Er war an diesem Morgen so fein getunt wie ein Ferrari.
Als der Hubschrauber abhob, verkrampfte sie sich unwillkürlich und drückte den Kopf fest an die Kopfstütze. Erst nach einem Moment wagte sie es, einen Blick aus dem Fenster zu riskieren. Verbier blieb rasch unter ihnen zurück, ein Ãrtchen wie aus dem Weihnachtsprospekt, mit weiÃem Zuckerguss überpudert.
»Also, wie gehen wir die Sache an?«, brüllte Rob ihr über den Lärm der Rotoren hinweg zu.
»Was meinst du?«
»Ich meine, wie steigen wir aus?« Er deutete auf den Helikopter, in dem sie saÃen.
»Durch die Tür, wennâs recht ist. Nicht mit dem Schleudersitz«, rief sie zurück.
Er lachte so herzlich, dass sie mit einstimmen musste.
Dann beugte er sich vor und sie ebenfalls. Ihre Köpfe trafen sich in der Mitte. Seinen Augen strahlten, und Laura überlief ein Kribbeln bei dem Gedanken, dass sie diejenige war, die dieses Strahlen verursacht hatte. Er sagte: »Willst du erst landen? Oder springen wir gleich mit den Skiern raus?«
Laura schaute in seine kupferbraunen Augen. Sie wusste, was in ihm vorging: Er glaubte, eine verwandte Seele gefunden zu haben, die mit seinen Verrücktheiten mithalten konnte, deren
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