Ein Geschenk zum Verlieben
stille, verzweifelte Tränen â, dass er das Thema seitdem nie wieder zur Sprache gebracht hatte. Sie hatte keine Ahnung, ob er immer noch heiraten wollte oder nicht. Sie drifteten so dahin, und mehr und mehr schien es, als ob es ihnen beiden so am besten passte.
»Sie lieben wohl Ihre Freiheit, was?« Sein BlackBerry brummte. Er beugte sich vor und holte ihn aus der Tasche seines Mantels. »Mist. Ich muss leider weg.«
»Das macht nichts. Ich werde hier auf den nächsten Zug warten.«
Er erhob sich, und sie folgte seinem Beispiel.
»Wir reden bald noch mal, ja?«, sagte er, während er schon in seinen Mantel schlüpfte.
Laura nickte.
»Und rufen Sie mich an, falls etwas sein sollte. Aber Sie sollten eigentlich keine Probleme haben. Die Leute sind benachrichtigt. Sie warten nur darauf, dass Sie sich melden.«
»Alles klar. Sehr gut.«
Er drückte ihr geschäftsmäÃig die Hand. »Dann bis bald.«
»Auf Wiedersehen.«
Laura schaute ihm nach â mit beinahe militärisch gerader Haltung und entschlossenen Schritten verschwand er in der Menschenmenge, die sie so sehr fürchtete. Die Leute machten ihm freiwillig Platz, scheue, interessierte Blicke folgten ihm sowohl von Frauen als auch von Männern. Und dann war er verschwunden.
Laura lieà sich auf ihren Stuhl zurücksinken und wickelte ihre Schokolädchen aus. Auch das, das er ihr als »Versöhnungsgeschenk« überreicht hatte. Sie konnte nicht aufhören, an das zu denken, was er gerade gesagt hatte: Sie lieben wohl Ihre Freiheit, was?
Wohl kaum.
7. Kapitel
L aura raste am nächsten Morgen die Autobahn entlang. Nun, »raste« war übertrieben. Ihre gelbe Ente â ein antiker 2CV, der es einen Hügel nur dann hinaufschaffte, wenn man ihn schob â wirkte zwischen den silbergrauen, metallicblauen und schwarzen Coupés und SUVs, die sie seit den letzten zwei Ausfahrten ständig zu überholen schienen wie ein räudiger Köter aus einer vergangenen Zeit. Jack brauchte den Volvo natürlich für die Arbeit â in dem groÃen Kofferraum lieÃen sich die meisten Möbelstücke verstauen, die er von seiner Kundschaft abholte. Sie hatte sich strikt geweigert, einen Lieferwagen als Erstauto zu benutzen, und da hatten sie sich den Volvo sozusagen als Kompromiss angeschafft. Allerdings war er schon bei der Anschaffung nicht mehr der Allerneueste gewesen. Aber mehr hatten sie sich damals, in dieser Klasse, nicht leisten können.
Mehr als zwei Drittel der Geschwindigkeit der anderen Autos brachte sie einfach nicht auf den Tacho. Sie tuckerte auf der langsamsten Spur dahin, seit sie sich auf die Autobahn gewagt hatte. Ihre einzige Gesellschaft â das Radio funktionierte nicht, und CDs, geschweige denn einen MP3-Player, hatte es bei der Erschaffung dieses Fahrzeugs noch gar nicht gegeben â bestand in einem blassblauen Rover, hinter dem sie herfuhr, seit sie beide aus dem Dartford-Tunnel gekommen waren. Am Steuer des Wagens saà ein weiÃhaariger alter Herr in einem Tweedjackett. Neben ihm saà seine Frau und reichte ihm ständig irgendwelche Sandwichs herüber. Laura vertrieb sich die Zeit damit zu raten, womit sie wohl belegt sein mochten: Hähnchensalat? Käse und Gürkchen? Eier mit Kresse? Oder vielleicht war er ein Corned-Beef- oder Leberwurst-Mann. Coronation Chicken konnte es wohl nicht sein. Dafür war es jetzt, um halb zehn Uhr vormittags, noch zu früh.
Sie hatte sich gerade für Schinken und Senf entschieden, als plötzlich ihre Ausfahrt vor ihr auftauchte. Widerwillig löste sie sich von der StoÃstange ihres Vorgängers. Sie musste an sich halten, um den beiden nicht zum Abschied zuzuwinken. Sie folgte der Beschilderung Richtung Riverton, genau wie Fee es ihr eingeschärft hatte. Die StraÃen wurden zunehmend schmaler und grüner. Ihr fiel auf, dass vor allem die Anzahl von beräderten Einkaufstaschen mit diversen Blümchenmustern â an denen Senioren hingen â, roten Cinquecentos und Esoterikläden zuzunehmen schien.
Nach ein paar Meilen tauchte ein Schild mit der Aufschrift »Ottersbrook« auf, und sie bog gehorsam nach links ab. Kurz darauf passierte sie zwei beeindruckende weiÃe Zaunpfähle, die den Ortsbeginn zu markieren schienen. Sie kam durch eine Neubausiedlung. Kastenförmige Ziegelsteinhäuser gruppierten sich um geschwungene
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