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Ein Gesicht in der Menge

Ein Gesicht in der Menge

Titel: Ein Gesicht in der Menge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Grad herrschten. Er holte aus, das Bild sprang zur Home Plate um, und plötzlich war in der dritten Reihe Dean Evers’ tote Frau zu sehen, in demselben weißen Tenniskleid, das sie am Tag ihres ersten Schlaganfalls angehabt hatte. Die blaue Paspel hätte er überall wiedererkannt.
    Ellie war richtig braun, wie immer um diese Jahreszeit und wie meistens im Baseballstadion, und sie achtete gar nicht aufs Spiel, sondern tippte stattdessen auf ihrem iPhone herum. Für einen flüchtigen Augenblick fragte sich Evers, wem sie wohl eine SMS schrieb – jemandem hier oder irgendwem im Jenseits? –, als plötzlich in seiner Tasche das Handy summte.
    Sie hielt das Handy ans Ohr und winkte ihm kurz.
    Mit den Lippen formte sie die Worte
Heb ab
und deutete auf ihr Handy.
    Evers schüttelte langsam den Kopf.
    Sein Handy vibrierte wieder, wie ein leichter Elektroschock an seinem Schenkel.
    «Nein», sagte er zum Fernseher und dachte ganz logisch:
Sie kann eine Nachricht hinterlassen.
    Ellie wedelte mit ihrem Handy.
    «Das ist falsch», sagte er. Denn mit Ellie verhielt es sich nicht wie mit Soupy Embree, Lennie Wheeler oder dem jungen Dr. Young. Sie liebte ihn – da war sich Evers sicher –, und er liebte sie. Sechsundvierzig Jahre waren eine lange Zeit, besonders heutzutage.
    Forschend betrachtete er ihr Gesicht. Sie schien zu lächeln, und auch wenn er nicht vorbereitet war, hätte er ihr wohl am liebsten erzählt, wie sehr sie ihm fehle, wie seine Tage verliefen und dass er sich wünschte, er würde näher bei Pat, Sue und den Enkeln wohnen, denn eigentlich gab es sonst niemanden, mit dem er reden konnte.
    Er kramte sein Handy heraus. Obwohl er ihres schon vor Monaten stillgelegt hatte, erschien ihre Nummer auf dem Display.
    Im Fernsehen ging Moore hinter dem Pitcher’s Mount auf und ab und jonglierte den Kolophoniumbeutel auf dem Rücken seiner Wurfhand.
    Und plötzlich war sie direkt hinter David Ortiz zu sehen und hielt ihr Handy hoch.
    Er drückte auf Telefonieren.
    «Hallo?», sagte er.
    «Na endlich», sagte sie. «Warum bist du nicht rangegangen?»
    «Ich weiß nicht. Das ist irgendwie seltsam, findest du nicht auch?»
    «Was denn?»
    «Keine Ahnung. Dass du nicht hier bist und alles.»
    «Tot meinst du. Dass ich tot bin.»
    «Genau.»
    «Also willst du nicht mit mir reden, weil ich tot bin.»
    «Nein», sagte er. «Ich will ständig mit dir reden.» Er lächelte – zumindest glaubte er das. Er musste in den Spiegel schauen, um sicherzugehen, denn sein Gesicht fühlte sich ganz starr an. «Ich will dich, Liebling, tot oder lebendig.»
    «Du bist so ein Lügner. Das ist etwas, das ich an dir nie ausstehen konnte. Und natürlich, dass du Martha gevögelt hast. Das fand ich auch nicht besonders toll.»
    Was sollte er darauf sagen? Nichts. Also saß er schweigend da.
    «Hast du gedacht, ich wüsste es nicht?», fragte sie. «Dass du dachtest, ich wüsste nicht, was ablief, konnte ich auch nie ausstehen. Es war doch ganz offensichtlich. Ein paarmal hast du nach ihrem Parfüm gestunken, als du nach Hause kamst. Juicy Couture. Nicht gerade der dezenteste Duft. Aber du warst ja auch kein besonders dezenter Mensch, Dean.»
    «Du fehlst mir, El.»
    «Okay, ja, du fehlst mir auch. Aber darum geht es nicht.»
    «Ich liebe dich.»
    «Hör auf, mich auf die Palme zu bringen, ja? Ich muss das tun. Ich hab vorher nichts gesagt, weil ich alles zusammenhalten und dafür sorgen musste, dass der Laden läuft. So bin ich nun mal. Oder war ich jedenfalls. Und ich hab’s geschafft. Aber du hast mir weh getan. Du hast mich zutiefst verletzt.»
    «Tut mir …»
    «Bitte, Dean. Ich hab nur noch ein paar Minuten Zeit, also halt einmal im Leben den Mund und hör zu. Du hast mir weh getan, das war nicht nur die Sache mit Martha. Und auch wenn ich mir ziemlich sicher bin, dass Martha die Einzige war, mit der du geschlafen hast …»
    Das traf ihn. «Natürlich war sie …»
    «… brauchst du dafür keine Pluspunkte zu erwarten. Du hattest schlicht keine Zeit, mich mit jemandem zu betrügen, der nicht zur Firma gehörte, denn woanders warst du ja nie. Selbst wenn du hier warst, hast du nur an die Firma gedacht. Ich hab das verstanden, und vielleicht war es auch meine Schuld, weil ich mich nicht durchgesetzt habe, aber gegenüber Patrick war es wirklich nicht fair. Du fragst dich, warum du ihn nie zu Gesicht bekommst, das liegt daran, dass du nie für ihn da warst. Ständig warst du auf irgendeiner Verkaufstagung in Denver oder Seattle. Egoismus

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