Ein Gesicht so schön und kalt
mehreren von ihnen einer
Schar verkleideter Kinder von Tür zu Tür folgte. Sie und Robin
trafen gerade wieder rechtzeitig zu Hause ein, um Joe Palumbo
hereinzulassen.
Er brachte eine vollgestopfte Aktentasche mit, auf die er nun
mit einem befriedigten Lächeln klopfte. »Die Aufzeic hnung der
Ermittlungen unsrer Behörde zu dem Fall Reardon«, informierte
er sie. »Da muß auch Dolly Bowles’ ursprüngliche Aussage
drinstehen. Schaun wir mal, wie der Vergleich mit dem ausfällt,
was sie dir jetzt gleich erzählt.«
Er betrachtete Robin, die als Hexe verkleidet war. »Das ist ja
mal ein Kostüm, Rob!«
»Es gab entweder das hier oder daß ich als Leiche gehe«,
klärte ihn Robin auf.
Kerry merkte erst, daß sie zusammengezuckt war, als sie
Palumbos verständnisvollen Blick wahrnahm.
»Ich mach mich besser auf den Weg«, sagte sie rasch.
Während der zwanzig Minuten Fahrt nach Alpine wurde
Kerry bewußt, daß sie sehr angespannt war. Es war ihr
schließlich noch gelungen, Robin zu einem kurzen Bericht über
das Ereignis am Morgen zu bewegen. Inzwischen versuchte
Robin, die ganze Angelegenheit herunterzuspielen. Kerry hätte
gern geglaubt, daß Robin den Vorfall übertrieben hatte. Sie
wünschte, sie könnte den Schluß ziehen, jemand hätte nur
angehalten, um eine Adresse zu überprüfen, und dann begriffen,
daß er sich in der Straße geirrt hatte. Doch Kerry wußte, daß
ihre Tochter sich weder in den Vorfall hineingesteigert noch ihn
sich eingebildet hätte.
Es war ersichtlich für Kerry, daß Dolly Bowles schon nach ihr
Ausschau gehalten hatte. Kaum hatte sie den Wagen in der
Auffahrt des massiven Hauses im Tudor-Stil geparkt, wurde
schon die Haustür aufgerissen.
Dolly war eine kleine Frau mit spärlichem grauem Haar und
einem schmalen, wißbegierigen Gesicht. Sie sprach bereits
darauf los, als Kerry bei ihr anlangte. »… genau wie auf dem
Bild in The Record. Ich fand es so schade, daß ich gerade
Kinder hüten mußte und deshalb nicht zu dem Prozeß von
diesem furchtbaren Mann gehen konnte, der seine Chefin
umgebracht hat.«
Sie führte Kerry in eine höhlenartige Eingangshalle und wies
auf ein kleines Empfangszimmer zur Linken. »Gehn wir doch
hier rein. Das Wohnzimmer da ist für meinen Geschmack zu
groß. Ich sag’ immer zu meiner Tochter, daß meine Stimme dort
ein Echo hat, aber sie liebt das Zimmer, weil es großartig für
Partys ist. Dorothy schmeißt schrecklich gern Partys. Das heißt,
wenn sie daheim sind. Jetzt, wo Lou nicht mehr arbeitet,
kommen sie überhaupt nicht zur Ruhe; sie sind mal hier, mal
dort, fahren hierhin und dorthin. Warum sie sich rund um die
Uhr eine Haushälterin leisten, kapier’ ich nicht. Ich finde ja,
warum nicht jemand einmal die Woche kommen lassen?
Können doch das Geld sparen. Aber natürlich, ich bin ja nicht
gern über Nacht allein, und ich schätze mal, das hat was damit
zu tun. Andererseits…»
Lieber Himmel, dachte Kerry, sie ist eine liebe Person, aber
für so was bin ich schlicht nicht in der Stimmung. Sie wählte
einen Stuhl mit gerader Lehne, während es sich Mrs. Bowles auf
der Chintzbezogenen Couch bequem machte. »Mrs. Bowles, ich
möchte nicht zuviel Ihrer Zeit beanspruchen, und ich habe
jemanden, der auf meine Tochter aufpaßt. Also kann ich nicht
zu lange bleiben…«
»Sie haben eine Tochter. Wie nett. Wie alt ist sie?«
»Zehn. Mrs. Bowles, was ich gern erfahren würde -«
»Sie sehen nicht alt genug dazu aus, eine zehnjährige Tochter
zu haben.«
»Danke. Ich kann Ihnen versichern, ich fühle mich alt genug
dazu.« Kerry kam sich vor, als wäre sie mit dem Auto in einem
Graben gelandet und hätte kaum eine Aussicht, je wieder
herauszukommen, »Mrs. Bowles, lassen Sie uns von dem Abend
reden, an dem Suzanne Reardon umkam.«
Fünfzehn Minuten später, nachdem sie alles über Dollys
Babysitting-Job im Haus gegenüber von den Reardons gehört
hatte und davon, wie Michael, der kleine Junge, auf den sie
damals aufpaßte, sich mit ernsthaften Entwicklungsstörungen
herumschlug - nach einer Viertelstunde also gelang es Kerry, ein
Körnchen wichtiger Information herauszuschälen.
»Sie sagen also, daß Sie bestimmt wissen, daß der Wagen,
den Sie vor dem Haus der Reardons stehen sahen, keinem der
Gäste gehörte, die bei der Nachbarparty waren. Weshalb sind
Sie sich dessen so sicher?«
»Weil ich selber mit den Leuten geredet habe. Sie hatten drei
andere Paare zu Besuch. Sie haben
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