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Ein Gesicht so schön und kalt

Ein Gesicht so schön und kalt

Titel: Ein Gesicht so schön und kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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mitten in Manhattan.
»Manche Frauen fühlen sich in ruhigen, kleinen, abgelegenen
Lokalen wohler, aber ich vermute, Sie gehen gern dahin, wo viel
los ist, wo man was zu sehen kriegt und sich selber sehen lassen
kann«, sagte er zu der schönen jungen Frau.
    Er hatte sie zu Hause abgeholt und dabei nicht die Tatsache
übersehen, daß sie sofort zum Gehen bereit war. Ihr Mantel lag
auf einem Stuhl in der kleinen Diele bereit, ihre Handtasche auf
dem Tisch daneben. Sie bot ihm keinen Aperitif an.
    Sie will nicht mit mir allein sein, war ihm durch den Kopf
gegangen.
Im Restaurant jedoch, umgeben von so vielen Menschen und
mit dem aufmerksamen Oberkellner stets in der Nähe,
entspannte sich Barbara sichtlich. »Es ist ganz anders hier als in
Albany«, sagte sie. »Es kommt mir immer noch so vor, als war
ich ein kleines Kind und hätte jeden Tag Geburtstag.«
Er war eine Weile ganz verblüfft über ihre Worte. Wie sehr
sie ihn doch an Suzanne erinnerten, die sich mit einem Kind
verglichen hatte, das ständig von einem Weihnachtsbaum und
lauter Geschenken umgeben ist, die nur darauf warteten,
aufgemacht zu werden. Von einem bezaubernden Kind jedoch
hatte Suzanne sich in eine undankbare Erwachsene verändert.
Ich habe doch so wenig von ihr verlangt, dachte er. Sollte ein
Künstler nicht das Recht haben, sich an seiner Schöpfung zu
erfreuen? Warum sollte sein Werk an den lüsternen Abschaum
der Menschheit vergeudet werden, während der Schöpfer kaum
einen Blick darauf werfen darf?
Ihm wurde warm ums Herz, als er bemerkte, daß hier in
einem Raum voller attraktiver, eleganter Frauen heimliche
Blicke auf Barbara ruhten. Er wies sie darauf hin.
Sie schüttelte leicht den Kopf, so als wolle sie diese
Beobachtung abtun.
»Es stimmt aber«, blieb Smith hartnäckig. Seine Augen
wurden kalt. »Halten Sie das nicht für selbstverständlich,
Suzanne. Damit würden Sie mich beleidigen.«
Später erst, als das ruhige Mahl vorbei war und er sie zu ihrer
Wohnung zurückgebracht hatte, dachte er plötzlich darüber
nach, ob er sie Suzanne genannt hatte. Und falls ja, wie oft ihm
wohl dieser Lapsus unterlaufen war?
Er seufzte, schloß die Augen und lehnte sich zurück. Während
sich das Taxi nach Süden schob, sinnierte Charles Smith, wie
leicht es doch gewesen war, an Suzannes Haus vorbeizufahren,
wenn er danach gierte, einen Blick auf sie zu werfen. Falls sie
nicht gerade beim Golfspielen war, saß sie stets vor dem
Fernseher und machte sich nie die Mühe, die Vorhänge vor die
großen Aussichtsfenster in ihrem Salon zu ziehen.
Dann sah er, wie sie sich in ihren Lieblingssessel kuschelte,
oder mußte gelegentlich mit ansehen, wie sie Seite an Seite mit
Skip Reardon auf dem Sofa saß, wie die beiden sich an der
Schulter berührten und die Beine auf dem Beistelltisch
ausstreckten, in dieser zwanglosen Intimität, an der er nicht
teilhaben durfte.
Barbara war nicht verheiratet. Soweit er wußte, gab es keinen
Mann in ihrem Leben. Heute abend hatte er sie aufgefordert, ihn
mit Charles anzureden. Ihm fiel das Armband wieder ein, das
Suzanne zum Zeitpunkt ihres Todes getragen hatte. Sollte er es
Barbara schenken? Würde sie ihn dadurch liebgewinnen?
Er hatte Suzanne eine Reihe von Schmuckstücken geschenkt.
Kostbaren Schmuck. Doch dann hatte sie angefangen, auch von
anderen Männern Schmuck als Geschenk anzunehmen und von
ihm zu verlangen, daß er für sie log.
Smith spürte, wie das Wohlbehagen von seinem
Zusammensein mit Barbara verging. Einen Augenblick später
wurde ihm bewußt, daß die ungeduldige Stimme des Taxifahrers
schon zum zweitenmal ertönte: »He, Sie, Mister, pennen Sie
eigentlich? Sie sind da.«

60
    Geoff blieb nicht mehr lange nach Kerrys Telefongespräch
mit Kinellen. »Bob ist derselben Meinung wie ich«, berichtete
sie ihm, während sie an ihrem Kaffee nippte.
»Keine anderen Vorschläge?«
    »Nein, natürlich nicht. So ungefähr sein übliches ›Du machst
das schon, Kerry. Mir ist alles recht, was du beschließt.‹«
Sie stellte ihre Tasse ab. »Ich bin nicht fair. Bob schien
ernsthaft besorgt, und ich weiß nicht, was er sonst noch
vorschlagen könnte.«
Sie saßen in der Küche. Sie hatte in der Annahme, sie würden
mit ihrem Kaffee ins Wohnzimmer gehen, schon das
Deckenlicht ausgeknipst. Als einzige Lichtquelle erhellte jetzt
eine schwache Wandleuchte den Raum.
Geoff betrachtete das bedrückte Gesicht am anderen Ende des
Tisches und wurde sich der leisen

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