Ein Gesicht so schön und kalt
Segensworte beendet hatte, fügte seine
Mutter noch hinzu: »Und wir sind so dankbar dafür, Marian und
Don und ihre Zwillinge hier bei uns zu haben.«
»Mutter, wir leben doch schließlich nicht am Nordpol«, warf
Marian mit einem Zwinkern zu Geoff ein. »Boston liegt
ungefähr dreieinhalb Stunden von hier weg.«
»Wenn es nach deiner Mutter ginge, lebte die ganze Familie
Haus an Haus«, bemerkte sein Vater mit einem belustigten
Lächeln. »Und ihr wärt alle hier an Ort und Stelle unter ihrem
wachsamen Auge versammelt.«
»Ihr könnt mich ruhig alle auslachen«, sagte seine Mutter,
»aber ich liebe es einfach, meine ganze Familie beieinander zu
haben. Es ist wunderbar, daß drei von euch Mädchen schon mit
einer eigenen Familie dastehen und Vickey einen festen Freund
hat, der so nett ist wie Kevin.«
Geoff sah, wie sie das junge Paar anstrahlte.
»Wenn ich jetzt bloß noch unsern einzigen Sohn dazu kriegen
könnte, sich das richtige Mädchen zu angeln…« Ihre Stimme
verlor sich, während alle mit einem nachsichtigen Lächeln zu
Geoff hinüberblickten.
Geoff zog eine Grimasse, lächelte dann ebenfalls und hielt
sich dabei vor Augen, daß seine Mutter, wenn sie nicht gerade
auf diesem Lieblingsthema herumritt, eine sehr interessante Frau
war, die zwanzig Jahre lang an der Drew University Literatur
des Mittelalters unterrichtet hatte. Ja, er war sogar wegen ihrer
großen Bewunderung für Chaucer Geoffrey getauft worden.
Zwischen zwei Gängen des Dinners huschte
Geoff ins
Arbeitszimmer zurück und rief Kerry an. Sein Herz schlug
schneller, als er merkte, daß sie offenbar glücklich darüber war,
von ihm zu hören.
»Kerry, können Sie Skip morgen besuchen? Seine Mutter und
Beth lassen bestimmt alles stehen und liegen, um dazusein,
wenn Sie kommen.«
»Ich möchte gern, Geoff, aber ich weiß nicht, ob ich kann. Es
würde mich total nervös machen, Robin hierzulassen, auch
wenn sie bei Cassie bleibt. Die Kinder sind ständig draußen, und
es ist gleich bei einer Ecke, die leicht zugänglich ist.«
Geoff merkte erst an seinen eigenen Worten, daß er die
Lösung schon parat hatte. »Dann weiß ich was Besseres. Ich
hole Sie beide ab, und wir können Robin hier bei meiner Familie
lassen, solange wir weg sind. Meine Schwester und ihr Mann
sind mit ihren Kindern da. Und ihretwegen werden auch die
anderen Enkel vorbeischauen. Robin hat also jede Menge
Gesellschaft, und falls Ihnen das nicht genügt - mein Schwager
ist Captain bei der Staatspolizei von Massachusetts. Glauben Sie
mir, hier ist sie in Sicherheit.«
Samstag, 4. November
70
Jason Arnott lag fast die ganze Nacht über schlaflos da und
versuchte verzweifelt, sich zu einer Entscheidung darüber
durchzuringen, wie er nun auf den Anruf der Staatsanwältin
Kerry McGrath reagieren sollte, selbst wenn sie sich ihrer
eleganten Formulierung zufolge nur in »inoffizieller« Funktion
an ihn wandte.
Um sieben Uhr morgens stand sein Entschluß endlich fest. Er
würde sie zurückrufen und in einem höflichen, aber
distanzierten Ton davon in Kenntnis setzen, er sei unter der
Voraussetzung, daß es nicht zu lange dauere, mit Vergnügen zu
einem Treffen bereit. Als Entschuldigung würde er eine direkt
bevorstehende Geschäftsreise vorschützen.
In die Catskills, nahm sich Jason vor. Ich verstecke mich
einfach in meinem Haus. Dort findet mich niemand. In der
Zwischenzeit legt sich dann der ganze Staub wieder. Aber ich
darf nicht den Eindruck erwecken, als hätte ich irgendeinen
Grund zur Beunruhigung.
Da er sich nun entschieden hatte, schlief er endlich fest ein, ja
er fiel sogar in die Art von Tiefschlaf, wie er ihn immer nach
einem erfolgreichen Fischzug genoß, wenn er wußte, die Gefahr
war vorüber.
Nachdem er um halb zehn aufgewacht war, rief er als erstes
Kerry McGrath an. Sie nahm schon beim ersten Läuten den
Hörer ab. Er war erleichtert, aus ihrer Stimme Dankbarkeit
herauszuhören, die ihm aufrichtig erschien.
»Mr. Arnott, ich bin wirklich froh, daß Sie anrufen, und ich
versichere Ihnen, es ist ganz inoffiziell«, erklärte sie. »Ihr Name
ist in dem Zusammenhang aufgetaucht, daß Sie damals vor
langer Zeit ein Freund Suzanne Reardons waren und sie auch
bei der Anschaffung von Antiquitäten beraten haben. In dem
Fall hat sich was Neues ergeben, und ich wäre ausgesprochen
dankbar für eine Gelegenheit, mit Ihnen darüber zu reden, wie
Sie die Beziehung zwischen Suzanne und ihrem Vater, Dr.
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