Ein Gespür für Mord - Detective Daryl Simmons 1. Fall
Tropenluft wehte nun sieben Monate lang nur noch trockener Wüstenwind in die Kimberleys, wo er für kalte Nächte und heiße, strahlend blaue Tage sorgte.
Der ideale Zeitpunkt für den Viehauftrieb. Die Tiere hatten in den vergangenen Wochen und Monaten genügend Fett angesetzt, um auf den Märkten Höchstpreise zu erzielen. Außerdem würde das Land unter der sengenden Sonne nun langsam verdorren und nicht mehr genug Nahrung für so viele Tiere bieten. Erst wenn die Winde wieder drehten, sich die ersten Monsunwolken zusammenballten und Wärmegewitter den Busch entzündeten, würden die Affenbrotbäume ihre Knospen öffnen, und es würde erneut eine Zeit des Überflusses für Pflanzen und Tiere beginnen.
Daryl brachte sein Gepäck in die Unterkunft, die fünf Männern als Schlafraum diente. Das Quartier war einfach, aber sauber. Es bestätigte seinen ersten Eindruck von der Station, die offensichtlich gut geführt wurde. Nachdem er ausgepackt hatte, machte er sich auf den Weg zum Hauptgebäude.
Das Wohnhaus lag gut hundertfünfzig Meter von den übrigen Farmgebäuden entfernt am Ufer des Carson Rivers. Es war im Kolonialstil erbaut und ringsum mit einer breiten, gedeckten Veranda versehen. Auf drei Seiten wurde es von einer künstlich bewässerten, saftig grünen Rasenfläche umschlossen, die wiederum durch einen brusthohen Zaun eingefasst war. Der rückwärtige Hausteil reichte bis zum felsigen, zehn Meter senkrecht abfallenden Flussufer. Nah am Haus standen drei stattliche Eisenholz- und ein mindestens zwanzig Meter hoher Blutholzbaum. Zusammen bildeten sie einen dichten Blätterbaldachin, der das Haus fast ganz überdeckte, wodurch es in der Landschaft kaum auffiel.
Daryl stieg die Stufen zum Eingang hinauf und klopfte.
Ein siebzehn-, vielleicht achtzehnjähriges Mischlingsmädchen öffnete die Tür. Die junge Frau war ausgesprochen hübsch und hatte, wie viele australische Mischlinge, die schmale Nase vom weißen, die breiten, vollen Lippen vom schwarzen Elternteil geerbt. Groß und schlank stand sie vor ihm, mit glatter, ebenholzfarbener Haut und langem schwarzem Haar, das selbst im Schatten seinen seidigen Glanz behielt.
»Hallo, mein Name ist Daryl Simmons.« Er lächelte entwaffnend und streckte ihr die Hand entgegen.
Einen Augenblick zögerte sie. Dann schüttelte sie ihm die Hand und erwiderte die Begrüßung. »Ich bin Meena«, sagte sie leise. Ihre großen dunklen Augen betrachteten ihn argwöhnisch.
»Ich bin der neue fliegende Stockman, Mr. Barrow erwartet mich.«
»O ja, richtig. Er erwähnte, dass Sie heute ankommen. Ich werde ihm sagen, dass Sie da sind.«
Bevor Daryl noch etwas erwidern konnte, machte sie auf dem Absatz kehrt und eilte davon.
Die Erleichterung in der Stimme des Mädchens war Daryl nicht entgangen. Es bestand kein Zweifel. Die Sache wurde immer interessanter.
Martin Barrow war ein gut aussehender, stattlicher Mann um die sechzig und wie Daryl eher von mittlerer Größe. Schwarze, an den Schläfen ergraute Haare umrahmten sein schmales Gesicht. Er führte Daryl durch das einfach eingerichtete Wohnzimmer auf die rückwärtige Veranda. »Bitte nehmen Sie Platz, Detective. Ich freue mich, dass Sie gekommen sind.«
Daryl nahm in einem bequemen Korbsessel Platz, von dem er einen fantastischen Blick auf die ruhigen, olivgrünen Fluten des Carson Rivers sowie auf die an der gegenüberliegenden Uferseite aufragende, locker bewaldete Hügelkette hatte.
»Zunächst möchte ich Sie bitten, mich nicht mit Detective anzusprechen«, eröffnete er das Gespräch. »Es würde meine Arbeit erschweren, wenn nicht sogar unmöglich machen, wenn jemand erfährt, weshalb ich hier bin.«
»Natürlich, das leuchtet ein.«
»Behandeln Sie mich nach außen wie einen Ihrer Leute. Allerdings brauche ich den nötigen Spielraum, damit ich meine Ermittlungen anstellen kann.«
Barrow nickte. »Kein Problem. Ehrlich gesagt war ich nicht sicher, ob Sie der Sache überhaupt nachgehen würden.«
Daryl zog fragend die Brauen hoch. »Ich dachte, Chief Garratt hätte das so mit Ihnen besprochen?«
»Nicht direkt. Paul sagte lediglich, dass es in Perth irgendwelche Probleme gäbe und Sie froh seien, wenn Sie ein paar Wochen von allem wegkämen. Außerdem seien Sie ein ganz ordentlicher Hubschrauberpilot und würden bestimmt gern für Buttler einspringen. Bei der Gelegenheit könnten Sie sich ja auch gleich ein wenig umsehen und ermitteln, ob an Buttlers Verschwinden etwas nicht stimmt.«
Daryl musste
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